Interview
Interview mit dem indirekten freistoss von der taz
Kommentare deaktiviert für Interview mit dem indirekten freistoss von der taz
| Samstag, 17. Juli 2004Die taz (16.7.) fragt mich nach dem Was, Wie und Warum der EM-Berichterstattung
taz: Sie haben die Berichterstattung der deutschen Tageszeitungen über die Fußballeuropameisterschaft untersucht. Gibt es neue Trends?
OF: Es fällt Sportjournalisten immer schwerer, überhaupt an Informationen ranzukommen. Sie sind stattdessen auf die Verlautbarungen der Mannschaften und Delegationen angewiesen. Anders als in der Vergangenheit gelingt es heute kaum noch, das Innenleben der Nationalmannschaft darzustellen. Und Interviews, in denen wirklich etwas Essenzielles gesagt wird, gab es diesmal gar nicht.
taz: Die Berichterstattung nimmt in der Qualität ab, aber im Umfang dennoch zu?
OF: Ja, und nicht nur in erweiterten Sportteilen. Auffällig ist vielmehr, dass auch andere Ressorts auf den Zug aufspringen. Im Feuilleton, aber auch zum Beispiel im Wissenschaftsressort lesen wir plötzlich etwas über Fußball.
taz: Wird dadurch etwas anderes über die Europameisterschaft vermittelt?
OF: Nein, Null-Informationen bleiben Null-Informationen. Egal an welcher Stelle in der Zeitung man sie druckt. Eher ist eine andere Herangehensweise an den Gegenstand festzustellen, gewissermaßen eine Feuilletonisierung der Fußballberichterstattung. Und diese schlägt interessanterweise sogar in die Sportteile zurück.
taz: Haben Sie ein Beispiel?
OF: Die Geschichte von Luis Figo: seine Auswechslung gegen England. Darum wurde eine Art männliche Seifenoper inszeniert – und zwar in allen Zeitungen. Das war von den portugiesischen Offiziellen durchaus gewollt: Hier gab es auf einmal Informationen: nämlich dass Figo nicht schmollte, sondern während des Elfmeterschießens im Whirlpool gesessen habe und mit einer religiösen Figur in der Hand mitgefiebert habe. Hier wurden offenkundig gezielt Klischeevorstellungen angesprochen. Aber niemand hat das kritisiert: Wenn man schon nicht an echte Information hinter den Kulissen herankommt, dann nimmt man eben die Seifenoper.