Internationaler Fußball
Portugiesische Revolution jenseits von Bosporus und Ural
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| Dienstag, 20. Juli 2004Martin Hägele (NZZ 20.7.) berichtet den Auftakt der Asien-Meisterschaft: „Wenn es im internationalen Fussball derzeit einen Trend gibt, dann sind daran die Sensations-Europameister aus Griechenland schuld. Am Beispiel von „König Otto“ alias Rehakles und dessen tapferen Hellenen orientieren sich mittlerweile über ein halbes Dutzend Völker in Asien; die portugiesische Revolution ist über Bosporus und Ural hinweggeschwappt nach China, wo seit Samstag 16 Mannschaften ihre kontinentale Fussballmeisterschaft (Asian Cup) austragen. Zum ersten Mal nach dem in Europa gängigen Format und auch gleich nach den dort gerade herrschenden Regeln, wonach die Kleinen rotzfrech die Grossen aufmischen und über Jahre gewachsene Hierarchien auf den Kopf stellen. So musste die Auswahl des Gastgebers froh sein, dass das Eröffnungsspiel gegen Bahrain im nicht einmal halb gefüllten Workerstadion von Peking nicht verloren ging; und Trainer Arie Haan geriet nach dem Ausgleichstreffer zum 2:2 in der Schlussminute ähnlich hart in die Schlagzeilen der Kritiker, wie dies dem brasilianischen Weltmeistertrainer Scolari nach der verpatzten EM-Premiere gegen Griechenland passiert war. Den Holländer mit Hauptwohnsitz Stuttgart bringen die Attacken von Pekings Medien nicht aus dem Konzept. Denn Bahrain zählte von vornherein als schwerster Gruppengegner, zudem tun sich Gastgeberteams beim ersten Vorspielen immer schwer. Folgen hatte dagegen die 1:2-Niederlage Katars gegen Indonesien. Der Franzose Philippe Troussier kündigte an der Pressekonferenz nach dem Spiel seinen Rücktritt zum Turnierende an, möglicherweise kommt er mit diesem Schritt einer Entlassung zuvor. Die Vorstellungen des WM-Helden, der vor vier Jahren in Beirut Team Nippon zum Asienmeister und 2002 zum salonfähigen Gastgeber der Weltmesse gemacht hatte, und jene der ehrgeizigen und reichen Scheichs im Ölstaat passen schon länger nicht mehr richtig zusammen. Troussier war schon mit seinen dubiosen Einkaufs- und Einbürgerungsplänen gescheitert, nachdem die Fifa die allzu freizügige Naturalisierung von internationalen Stars gestoppt hatte. In Peking stand Troussier jedenfalls kein Torschützenkönig namens Ailton zur Verfügung, auch nicht die Brüder Dede von Borussia Dortmund oder sonst irgendwelche arabisierten brasilianischen Koryphäen; der eigenwillige Franzose konnte nur Kicker auf den Platz schicken, die in Katar geboren worden waren.“