Bundesliga
Hungrig auf den Ball wie ein verspielter Hund
Kommentare deaktiviert für Hungrig auf den Ball wie ein verspielter Hund
| Mittwoch, 4. August 2004Bayern München-Werder Bremen 3:2 (Liga-Cup-Finale)
Hungrig auf den Ball wie ein verspielter Hund
Daniel Meuren (FTD 4.8.) freut sich über die Leistung und Tore Sebastian Deislers: „Es ist ein ganz spezieller Moment, der zeigt, wie sehr das Fußball-Volk auf einen Heilsbringer wartet. Nicht der neue Bundestrainer Jürgen Klinsmann gibt den Fans Anlass zur Hoffnung. Sondern dieser 24 Jahre junge Mann: Deisler, der im Mainzer Bruchwegstadion 70 Minuten lang gezaubert, getrickst, geschossen, gepasst und gerackert hat. Doch jetzt liegt er am Boden und fasst sich mit schmerzverzerrtem Gesicht ans Knie. Ein ganzes Stadion verstummt. Alle Blicke sind auf diesen wunderbaren Fußballer gerichtet – oder besser: auf sein Knie. Nach einer halben Minute Behandlungszeit steht Deisler auf, lässt sich auswechseln und geht winkend vom Platz. Und alle sind erleichtert. „Natürlich habe ich bemerkt, wie die Zuschauer auf mich geschaut haben“, sagte Deisler nachher. „So was tut unheimlich gut.“ Es gibt genug Motive, um das Heil des 20fachen Nationalspieler zu zittern. Der junge Mann hat schließlich genug durchgemacht: Seine Knieverletzungen, die die Fortsetzung seiner Karriere schon vor zwei Jahren gefährdeten. In der vergangenen Saison ließ er sich wegen Depressionen in eine Klinik einweisen, weswegen er auch auf die Teilnahme an der Europameisterschaft verzichten musste. Doch die Fußballfans bangen natürlich auch aus egoistischen Gründen um die Gesundheit des Mittelfeldspielers. Mit Deisler, so die übereinstimmende Meinung, könnte die Nationalmannschaft nicht nur besser spielen, sondern vielleicht wenigstens Lettland schlagen. Und bei der WM in zwei Jahren im eigenen Land vielleicht sogar noch ganz andere Gegner. Deisler wirkte vom Anpfiff an so hungrig auf den Ball wie ein verspielter Hund und gab dem sonst sportlich so fragwürdigen Ligapokal alleine durch seine Leistung einen Sinn. Er forderte das Spielgerät und wusste auch etwas damit anzufangen. Viele seiner Aktionen lösten auf den Tribünen Bewunderung aus. Auch die Mitspieler spürten, dass ihnen die Jagd nach Titeln nach der erfolglosen vergangenen Spielzeit in diesem Jahr leichter fallen dürfte.“
Thomas Becker (taz 4.8.) fügt hinzu: „Für Michael Ballack war Heiligabend diesmal direkt nach den Sommerferien. Die waren zwar recht kurz, aber die Freude über sein unerwartetes Weihnachtsgeschenk wog das locker auf. Sie war nicht verpackt, die gute Gabe, sondern naturbelassen, wie Gott, Felix Magath und vor allem Konditionstrainer Werner Leuthard sie schufen. Sie war fast so groß wie Ballack selbst, hatte zwar viel weniger Haare auf dem Kopf, dafür aber zwei dermaßen geschickte, flinke Beine, wie sie der Michael nie zuvor neben sich erlebt hatte. Lachen konnte das Geschenk, dass es die pure, unverfälschte Freude war. Und dann dieser lustige Name: Wasti Fantasti. Wenn es nicht zu blöd aussähe, würde Ballack seinem Geschenk wohl am liebsten drei Mal täglich um den Hals fallen und ihn ordentlich abknutschen, seinen neuen Spielkameraden, den Deisler. Macht er aber nicht. Spielt lieber mit ihm Ball und den Gegner schwindlig. Das kann ja noch was werden mit den beiden! Okay, es ist Ligapokal, Vorbereitung, mehr nicht. Aber wahrscheinlich gab es in der achtjährigen Historie dieses Pseudo-Cups kurz vor Saisonbeginn keinen motivierteren Fußballer als Sebastian Deisler.“