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Interview

Alle haben Schiss vor dem großen Franz Beckenbauer

Oliver Fritsch | Freitag, 6. August 2004 Kommentare deaktiviert für Alle haben Schiss vor dem großen Franz Beckenbauer

Markus Hesselmann & Armin Lehmann (Tsp 6.8.) fragen Rudi Assauer nach Ziel und mehr

Tsp: Wenn Jupp Heynckes mal wieder auf das Thema Meisterschaft angesprochen wird, stehen Sie daneben und verziehen mürrisch das Gesicht. Warum gehen Sie nicht offensiv mit Ihren Ansprüchen um?
RA: Wenn man angreift, muss man die Klappe halten und nicht alles rausposaunen. Ich habe keine Lust, hinterher als Depp dazustehen. Außerdem setze ich unnütz andere im Verein unter Druck. Für uns gilt als Saisonziel Platz fünf, ein Platz im Uefa-Cup.
Tsp: Sie sprachen schon von Schalke als der dritten Kraft in Deutschland. Jetzt wollen Sie nur noch fünfte Kraft sein? Reicht es Ihnen, nur für ein tolles Stadion in die Schalker Geschichte einzugehen?
RA: Ein neues Stadion kann eine Meisterschaft nicht ersetzen.
Tsp: Für dieses große Ziel haben sie das Risiko nochmals erhöht?
RA: Wir haben die Grundlagen gelegt, um angreifen zu können. Das ja. Aber das Risiko ist überschaubar. Schauen Sie sich doch hier um: Das Stadion und das ganze Umfeld gehört zu 80 Prozent uns. Das ist alles Schalke. Bei uns mussten Bund und Land nicht das Stadion finanzieren wie in Berlin. Und bei uns ist das Stadion immer voll, in der Hauptstadt schaffen die das ja noch nicht einmal zur Eröffnungsfeier.
Tsp: Herthas Manager Dieter Hoeneß sagt, die Arena auf Schalke sei künstlich laut und habe keinen Charme.
RA: Ach, der Dieter. Der war schon immer so. Als wir ihm den Victor Agali weggeschnappt hatten, rief er bei mir an und drohte. Der Dieter ist ein verquanteter Mensch, wie wir in Westfalen sagen, nicht so gerade heraus wie sein Bruder.
Tsp: Dafür haben Sie sich in die Hände eines Londoner Finanzmaklers begeben, sich über diesen eine Anleihe vermitteln lassen und Ihre Zuschauereinnahmen bis 2025 verpfändet. Sie verlagern das Schuldenproblem auf Ihre Nachfolger.
RA: Wo ist denn der Unterschied, ob ich mir über eine Bank oder eine Anleihe Geld besorge? Deutsche denken dabei zu konservativ und glauben, allein eine Bank stehe für Seriosität. Dabei leihen die mir auch kein Geld nur wegen meiner treuen Augen. Auch Banken wollen umfangreichste Sicherheiten. Im Übrigen war diese Anleihe für uns wesentlich günstiger als Bankkredite. Die konnten wir durch die Anleihe alle ablösen. Das überschüssige Geld haben wir nicht in die Mannschaft gesteckt. Ein gewisses Risiko müssen wir aber eingehen, wenn wir sportliche Ziele erreichen wollen. Das ist aber nicht weiter tragisch.
Tsp: Was wäre denn tragisch?
RA: Wenn du jetzt in den nächsten Jahren dreimal Zehnter wirst und fünfmal bist du Vierzehnter, fängt der Baum an zu brennen. Oder wenn du die Nähe zu deinen Fans verlierst, wenn du dich als Verein mit einem Zaun abschottest und die Fans drücken sich daran die Nasen platt.
Tsp: Sie reden von Borussia Dortmund.
RA: Dortmund oder auch andere.
Tsp: Die Trainersuche in der Nationalmannschaft haben Sie hart kritisiert, dabei haben Sie doch selbst unerfahrene Trainer wie Frank Neubarth geholt. Jürgen Klinsmann müsste Ihnen gefallen.
RA: Hören Sie doch auf. Wenn man es unbedingt so gewollt hätte, gut und schön. Aber die Trainersuche war doch Kasperletheater. Nur Löw hat bislang als Trainer gearbeitet. Was bitte befähigt denn die Herren Klinsmann und Bierhoff dazu, die Nationalelf zu führen? Was haben die als Trainer oder Manager vorzuweisen? Da hätte man richtig investieren und einen erfahrenen Mann holen müssen. Das kostet dann halt ein bisschen Geld. Bislang wirkt alles wie eine PR-Aktion.
Tsp: Was ist schief gelaufen?
RA: Die wissen beim DFB nicht wie das geht, einen Trainer zu verpflichten. Weil sie nicht im Tagesgeschäft des Fußballs sind, haben sie nicht das Wissen, wie man eine Mannschaft führt. Da sagt einer nach dem anderen ab, in aller Öffentlichkeit. Und alle haben Schiss vor dem großen Franz Beckenbauer, obwohl der jeden Tag einen neuen Namen genannt hat. Keiner traute sich ihm zu sagen: Jetzt halt dich mal bedeckt, Franz. Erst haben sie den Hitzfeld reingesungen, dann den, dann den. Und dann Lothar Matthäus! Das wäre das Nonplusultra gewesen. Wenn ich mir so etwas auf Schalke leisten würde, die würden mich kreuzigen.
Tsp: Sie hätten sich in die Trainersuche einmischen können.
RA: Mich hat der DFL-Präsident Hackmann angerufen und mich gebeten, Kontakt zu Morten Olsen aufzunehmen. Das habe ich getan. Aber da hatten die beim DFB schon längst einen anderen ausgeguckt.

Wir wollen uns überall beweisen und überall bestehen
Roland Zorn (FAZ 6.8.) interviewt Thomas Schaaf

FAZ: Was erwarten Sie sportlich von der Champions League?
TS: Wir sind im Topf vier, dem Topf der sogenannten kleinen Klubs, und wissen somit, daß, egal, was auf uns zukommt, es Kracher sein werden. Prinzipiell aber ist es egal, ob es der Posemuckelpokal ist oder die Champions League: Wir wollen uns überall beweisen und überall bestehen.
FAZ: Von der schweißtreibenden Vorbereitung der Bayern auf die neue Saison hat man reichlich gelesen. Dafür stand schon der Name Felix alias „Quälix“ Magath. Wie es im Bremer Trainingslager zuging, war nirgendwo ein großes Thema. Fühlen Sie sich als Meister der Normalität manchmal etwas übersehen?
TS: Wer unser Programm mitgemacht hat, weiß, was er getan hat. Wir haben gut gearbeitet, aber ich halte – ohne damit irgend jemand anderem etwas nachzusagen – nichts davon, die Spieler so kaputtzumachen, daß sie sich nicht mehr bewegen können. Wir waren im letzten Jahr nachweislich wissenschaftlicher Erkenntnisse und Analysen top in Sachen Fitness – und das über die ganze Saison. Es gab keine Mannschaft, die uns körperlich überlegen war. Ich hoffe, daß wir dieses Maß aufs neue finden. Allerdings ist es in diesem Jahr etwas schwieriger für uns, weil einige Spieler nach Europa- und Südamerikameisterschaft später als andere Profis in unser Training eingestiegen sind.
FAZ: Wie halten Sie den Gemeinschaftsgeist, der Werder in der vergangenen Saison ausgezeichnet hat, auf demselben Niveau wie bisher?
TS: Man muß immer dafür sorgen, daß die Spieler hungrig bleiben und die Freude daran behalten, etwas erreichen zu können. Dazu muß jedem klar sein, daß das Team stets an erster Stelle steht. Wenn aber der einzelne sagt, ich muß zuerst mal meine roten Schuhe zeigen, dann geht’s nicht. Im letzten Jahr haben wir sehr gut aufeinander aufgepaßt.
FAZ: Was kann Werder von dem Tempofußball lernen, der bei der Europameisterschaft gespielt wurde?
TS: Wenn der schnelle Spielfluß, die zügigen Kombinationen nicht nach Wunsch zu realisieren sind, sind individuelle Qualitäten gefragt. Die Fähigkeit, daß ein Spieler allein die Entscheidung herbeiführen kann. Wir haben solche Individualisten: Micoud oder Klasnic zum Beispiel.

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