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Bundesliga

Duelle mit offenem Visier in vollen Arenen

Oliver Fritsch | Freitag, 6. August 2004 Kommentare deaktiviert für Duelle mit offenem Visier in vollen Arenen

Heute geht’s endlich los! Die FAZ er wartet „Duelle mit offenem Visier in vollen Arenen“ – die Finanzen der Liga scheinen zu stimmen – Berichte aus Bremen, Hamburg und über die Aufsteiger Bielefeld, Nürnberg und Mainz u.v.m.

Duelle mit offenem Visier in vollen Arenen

Endlich geht’s los! Frisch ans Werk, Roland Zorn (FAZ 6.8.)! „Angriffsfußball statt Verteidigungsstrategien: Mit neuem Schwung gehen die Klubs der Deutschen liebstes Fußballabenteuer aufs neue an. Trendsetter wollen wie alle Jahre wieder die Münchner Bayern sein, die sich in der vergangenen Saison von den forschen Bremern die Butter von der Brez‘n nehmen ließen. Werder hat vorweggenommen, was der neue Bayern-Coach Felix Magath nun noch besser machen will: mit stürmischem Spaß am Spiel den Hunger auf Titel zu stillen. Es herrscht so etwas wie eine wiederentdeckte Jugendlichkeit und lange vermißte Neugier selbst unter alteingesessenen Profis. Magaths stürmisches Mittelfeld mit dem anscheinend regenerierten Sebastian Deisler als große deutsche Fußballhoffnung vorneweg will der Konkurrenz Beine machen; Werder setzt auf eine Fortsetzung seiner stürmischen Liebeserklärung an den Tempofußball der Neuzeit; die Stuttgarter Rasselbande des VfB dürstet nach einem ersten Reifezeugnis; die Schalker könnten dank Ailton endlich Tore, Tore, Tore schießen, und selbst die Neulinge machen sich Mut, weil sie mit intensivem Pressing wie die Mainzer und die Bielefelder das Establishment unter Druck setzen wollen. Das Publikum darf sich zwei Jahre vor der Weltmeisterschaft in zwölf neuen oder runderneuerten Stadien auf eine Saison freuen, die allen internationalen Rückschlägen zum Trotz von hohen Erwartungen begleitet wird (…) Duelle mit offenem Visier in vollen Arenen – eine niegelnagelneue in Mönchengladbach ist dazugekommen –, die Perspektive ist sommerfrisch hell.“

Martin Hägele (NZZ 6.8.) rückt zurecht: „Der Boom geht freilich nicht mit gestiegener sportlicher Qualität einher, sondern hat mit eigenen Gesetzmässigkeiten zu tun. Die Deutschen glauben einfach nicht, dass ihre Nationalmannschaft an der EM in Portugal mehr oder weniger ausser Konkurrenz mitgespielt hat. Je länger die Liga Pause macht, desto schneller ist das Elend des vergangenen Turniers vergessen. Es muss, ja es wird alles besser werden heuer. So dachten sie bis vor ein paar Tagen in Wolfsburg, Dortmund oder Hamburg, ehe der selbst eingeredete Höhenflug vom gewaltigen Kater abgelöst wurde. Dass drei der vier Bundesligateams im UI-Cup ausgeschieden sind, dem Nachsitzer-Wettbewerb für ambitionierte Klubs, die sich im Uefa-Cup messen und bei diesem Geschäft etwas verdienen wollten, bestätigt die mangelnde Qualität. Nur der FC Schalke 04 kann sich für die nächste kontinentale Klasse noch qualifizieren – ist sogar verdammt zu einem solchen Aufstieg, weil der laut Geschäftsbericht mit 103 Millionen Euro verschuldete Traditionsklub nur dank zusätzlichen internationalen Einnahmen finanziell halbwegs über die Runden kommt. In Europas schönster Arena müssen Erfolge her, mit den Transfers der Stars Ailton, Bordon und Kristajic ist Schalkes Manager Assauer allerhöchstes Risiko gegangen. Und wenn es in neun Monaten weder mit dem ersten Schalker Meistertitel in der Bundesliga-Ära noch dem direkten Zugang zur Champions League klappen sollte, dann hätte sich in Gelsenkirchen exakt jenes Kapitel wiederholt, das Erzrivale Borussia Dortmund eine Autoviertelstunde weiter in den vergangenen zwei Jahren geschrieben hat: der Absturz eines ambitionierten, ganz auf Europa ausgerichteten Spitzenklubs, der in der Bundesliga nur noch mitmachen darf, weil die Bilanzprüfer der DFL beim Lizenzierungsverfahren beide Augen zugedrückt haben. Das Luxusleben auf Pump wäre auf jeden Fall vorbei. (…) Jürgen Klinsmann kann nun zu Recht – und mit breiter öffentlicher Zustimmung – auch die Bundesligaklubs in die Verantwortung nehmen. Allein mit der Frage: Was tut ihr für das Nationalteam? Diese Frage könnte, sollte, müsste etwas bewegen im Land.“

Im Ausland finden sich Tycoone, die sich statt einer neuen Jacht einen Fußballclub leisten

Die Finanzen der Liga scheinen zu stimmen. Jan Christian Müller (FR 6.8.) fasst zusammen: “Lediglich die englische Premier League weist laut DFL deutlich bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen aus als die Bundesliga. In England setzen die Clubs rund 600 Millionen Euro mehr um als in Deutschland. Dort zahlt sowohl das Fernsehen (781 gegenüber 365 Millionen Euro) mehr als doppelt so viel als auch der Stadionbesucher (39 statt 19 Euro im Schnitt pro Ticket). „Die Engländer sind sehr viel stärker bereit, für Eintritt und Fernsehen viel Geld auszugeben“, analysiert der DFL-Finanzchef Christian Müller. Das führt dazu, dass etwa Manchester United 114 Millionen Euro für die Spielergehälter ausgeben kann, nahezu doppelt so viel wie der Branchenführer Bayern München. Außerdem, so Müller, werde der englische, spanische und italienische Markt durch das Engagement einzelner Unternehmer geprägt. „Im Ausland finden sich Tycoone, die sich statt einer neuen Jacht einen Fußballclub leisten. Das haben wir in Deutschland nicht.“ (…) Besonders die nach der Kirch-Krise, durch die der ersten und zweiten Liga insgesamt 306 Millionen Euro verloren gingen, moderatere Personalpolitik hob Müller hervor. Der Anteil der Profi-Gehälter an den Gesamteinnahmen in der Bundesliga ist nach eine aktuellen Analyse der Finanzfachleute von Deloitte und Touche auf 44 Prozent gesunken.“

Roland Zorn (FAZ 6.8.) fügt hinzu: „Selbst Wilfried Straub, der nicht zu den ständigen Besuchern der Bundesliga-Stadien gehört, fasziniert die Magie des taufrischen Augenblicks. „Jetzt ist Anpfiff“, hat der Vorsitzende der Geschäftsführung der DFL gesagt, „und dem haben sich alle unterzuordnen.“ Der 65 Jahre alte Hesse sieht dem Start in die 42. Saison gelassen entgegen. „Wir haben“, hob der Altmeister des Understatements hervor, „gar keinen so schlechten Job gemacht.“ In der Tat ist die Erste und Zweite Bundesliga nach den turbulenten Jahren des Fernsehgelderbooms und dem anschließenden Crash des Fernsehpartners Kirch Media längst auf den Pfad der Konsolidierung eingeschwenkt. Wirtschaftlich liege sie, so Straub, auf Platz zwei oder drei in Europa, sportlich dagegen zur Zeit nur auf Rang fünf. Die Bilanz für das Geschäftsjahr 2002/03 – die Zahlen der zurückliegenden Saison liegen erst im Spätherbst vor –, ist nicht unerfreulich, und das ist der Liga soeben auch von der international renommierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte & Touche attestiert worden. (…) Straub bedauerte im übrigen, daß es fünf Tage vorher bei der Ligavollversammlung in Berlin zu Friktionen bei den Vorstandswahlen gekommen sei. Inzwischen bewegen sich die in Berlin noch gegeneinander antretenden führenden Repräsentanten der ersten wie der zweiten Liga, heißen sie Wolfgang Holzhäuser oder Andreas Rettig, wieder aufeinander zu. Was ab sofort zählt, ist die gemeinsame Sache Profifußball. Neuen Streit darüber wird es früh genug geben – geführt von Männern, die gemeinsam der Bundesliga insgesamt verpflichtet sind.“

Viele wünschen sich, dass endlich längerfristig das kluge System die Macht des Geldes bricht

Benno Schirrmeister (taz 6.8.) traut Thomas Schaaf und Werder Bremen auch diese Saison viel zu: „Das Telefon schrillt, aber der Kollege vom Fachblatt winkt ab. „Wir gehen noch nicht ran.“ Irgendwie ist der Terminplan ins Rutschen gekommen. Das kicker-Fantelefon ist offiziell ab 13 Uhr besetzt, Gesprächspartner ist Werder-Trainer Thomas Schaaf. Jetzt ist es jedenfalls genau 12.53 Uhr. Bleiben noch sieben Minuten für die taz. Sieben Minuten für ein Interview? In Bremen ist der Trainer der Star, spätestens seit Torjäger Ailton weg ist. Ach die PR-Abteilung des Vereins hat das längst bemerkt: Auf den Plakaten, die Mitglieder werben sollen, prangt Schaafs markanter Kopf, er blickt geradeaus und zeigt in Uncle-Sam-Manier auf den Betrachter: „Ich will dich!“ (…) Seit Thomas Schaaf die Mannschaft übernommen hat, ist an der Weser die Fußballwelt entschieden intakt: 1999 war das. Zuvor war Felix Magath hier mit seinem Kasernenhof-Stil gescheitert. Disziplin? Doch, die halte auch er „für sehr wichtig im Fußball“, sagt der Werder-Coach. Aber Schaaf legt auch Wert darauf, dass sie „nicht willkürlich“ sein dürfe, sondern auf „klaren Regeln basieren“ müsse, „an die sich jeder halten kann“. Das genau ist der Unterschied zwischen einer Diktatur und einer aufgeklärten Monarchie. Vielleicht ist Bremen deshalb so etwas wie der Hoffnungsschimmer der Fußballlandschaft: Viele wünschen sich, dass die Erfolge mehr waren als ein erfreulicher Betriebsunfall. Dass hier endlich einmal längerfristig das kluge System die Macht des Geldes bricht.“

Die schönen Konzepte finden auf dem Platz noch nicht ihr Spiegelbild

Der Hamburger SV ist immer einer der interessantesten Vereine – vor der Saison. Jörg Marwedel (SZ 6.8.) berichtet: „Dietmar Beiersdorfer ist ein Mann mit Sinn für Details. Dieser Tage hat der Sportchef den Profis des Hamburger SV das tausend Quadratmeter große neue Trainingszentrum in den Katakomben der AOL-Arena übergeben. Die großzügige Umkleide ist in hellem, freundlichen Holz gehalten, und die Spinde der einzelnen Spieler sind nicht zufällig unverschließbar. „Ohne Vertrauen“, sagt Beiersdorfer, „funktioniert ein Team nicht.“ Er hat sich Anregungen wie diese aus der Beletage des europäischen Fußballs geholt, beim FC Arsenal. Die HSV-Profis trainieren jetzt nicht mehr vor den Toren der Stadt in Ochsenzoll, sondern auf zwei neuen, feinen Rasenplätzen gleich neben dem Stadion. Auch das ist, wie Vorstandschef Bernd Hoffmann glaubt, ein riesiger Fortschritt für die interne Kommunikation. Nun könne er „mal aus der Geschäftsstelle runtergehen und mit einem Spieler sprechen, ohne dass das gleich ein offizieller Termin ist wie früher“. Zuletzt hat Hoffmann auf kurzem Dienstweg den Dialog mit Sergej Barbarez gesucht, der, sichtlich enttäuscht, dass Trainer Klaus Toppmöller nicht ihn zum Kapitän bestimmte, aus dem Mannschaftsrat austrat. Der HSV-Vorstand macht also einen ziemlich professionellen Job beim Umbau des Klubs, der möglichst bald wieder auf Europas Bühne mitspielen will. Dumm ist nur: Die schönen Konzepte finden auf dem Platz noch nicht ihr Spiegelbild. Ausgerechnet vor dem Auftakt gegen FC Bayern München ist die Aufbruchstimmung, die Hoffmann nach der Verpflichtung von Daniel van Buyten, 26, Emile Mpenza, 26, und Benny Lauth, 23, für insgesamt zehn Millionen Euro sogar in den oft skeptischen Hamburger Medien registriert hatte, fast schon dahin. 35 000 Fans wurden am Mittwochabend Zeugen, wie der HSV gegen den spielstarken spanischen Provinzklub FC Villarreal wie im Hinspiel nach einer kläglichen Vorstellung 0:1 verlor und aus dem UI-Cup ausschied. Der Frust saß so tief, dass die Menschen sich bald in ihre Lieblingsablenkung flüchteten und den scheidenden Kultmasseur Hermann Rieger als „besten Mann“ feierten.“

Bielefelder Paternoster

In Bielefeld ist Trainer Uwe Rappolder der Star, Elke Rutschmann (FTD 6.8.): „Es gab Zeiten, da war Bielefelds Trainer Uwe Rapolder sich selbst und anderen ein Rätsel. Einerseits zählte der smarte Coach zu den Schöngeistern seiner Zunft und veröffentlichte 1997 im Feuilleton der „Frankfurter Rundschau“ ein Essay unter dem Titel „Die Maßlosigkeit im Glück“. Am Beispiel des Niedergangs des AC Mailand reflektierte der Wirtschaftswissenschaftler Fußball als Kristallisationspunkt von Macht- und Erfolgsstrategien. In seiner Zeit beim Schweizer Erstligisten FC St. Gallen hielt er Vorträge für Manager an der dortigen, renommierten Hochschule. Andererseits scheiterte der gebürtige Heilbronner bei seinen Engagements in Mannheim und Ahlen, weil er mit seiner schroffen Art oft tiefe Gräben zwischen sich und die Spieler zog. „Ich war immer sehr akribisch in taktischen Belangen, aber bei der Kommunikation mit den Spielern habe ich nicht so auf die Details geachtet“, räumt Rapolder ein. Die Wirkung seiner Sprüche hatte er unterschätzt, mit seiner Ironie die Leute vor den Kopf gestoßen. „Ich musste immer wieder beweisen, dass ich allein das Sagen habe.“ Der Egotrip endete 2002 in der Arbeitslosigkeit. 15 Monate war der 45-Jährige, der beim SC Freiburg und Tennis Borussia Berlin als Profi spielte, raus aus dem Geschäft. „Ich wollte schon ins Ausland, nach Japan oder China, dann kam das Angebot von Bielefeld“, berichtet Rapolder. Weil Uwe Rapolder aber nicht nur kluge Sachen sagt, sondern auch Punkte gewinnen kann und sogar die gewohnt nörgelnden Zuschauer in Bielefeld überzeugte, spielt die Arminia im Sommer wieder in der Bundesliga. Wieder einmal. Der Bielefelder Paternoster. Immer wieder geht es rauf und runter. Nur die Alm ist offiziell abgeschafft. Das Stadion heißt jetzt SchücoArena. Als Fußballfachmann war Rapolder auch früher unumstritten. Der Viererketten-Fan führte schon bei Waldhof Mannheim das 4-4-2-System bis in den Jugendbereich ein. Auf Eigeninteressen von Profis nimmt er keine Rücksicht. Er verlangt Qualitäten wie Loyalität und Solidarität. Rapolders Vorbilder sind Roy Hodgson und Arrigo Sacchi – Trainer, die individuelle Fähigkeiten den taktischen Interessen unterordnen.“

Die Sturheit habe ich ein bisschen abgelegt

Andreas Kröner (FTD 6.8.) drückt den Nürnbergern und Trainer Wolfgang Wolf einen Daumen: „Dass die Nürnberger trotz zahlreicher Verpflichtungen ihren Sparkurs fortsetzen konnten, hat der fränkische Traditionsklub auch einem allgemeinen Trend zu verdanken: Nur noch bei zwanzig Prozent der rund 250 Transfers aller Erstligisten wurden in diesem Sommer Ablösesummen bezahlt. In Zeiten gesunkener TV-Einnahmen, einem zusammengebrochenen Transfermarkt und Sparzwang bei fast allen Bundesligisten wechseln Fußballprofis in der Regel gratis ihren Arbeitsplatz. Davon profitieren gerade finanzschwache Vereine wie der FCN, den rund 4 Mio. Euro Schulden plagen und der außerdem jeden vierten Euro aus Sponsoren- und Fernsehgeldern an seinen Vermarkter „Sportfive“ überweisen muss. „Wir haben einen schmalen Geldbeutel und können uns weitgehend nur ablösefreie Spieler leisten“, sagt Wolf. Mit dieser Taktik hat der Fußballlehrer, der 2003 vier Spieltage vor Saisonschluss für Klaus Augenthaler nach Nürnberg gekommen war und nach dem Abstieg zunächst als Trainer und Manager fungiert hatte, eine hoffnungsvolle Mannschaft aufgebaut. Mit Ausnahme von Jacek Krynowek (er ging nach Leverkusen) wurden alle Leistungsträger gehalten und der Kader durch bundesligaerfahrene Akteure wie Thomas Hajto (Schalke), Markus Daun (Bremen) oder Markus Schroth (1860) verstärkt. So will Wolf die Fahrstuhlmannschaft aus Nürnberg, die in den letzten zehn Jahren vier mal ab- und wieder aufstieg, in der höchsten deutschen Spielklasse etablieren. Dazu sollen auch professionellere Strukturen beitragen: Wolfs Bruder Arno ist Chefscout, von Hertha BSC Berlin wechselten Martin Bader als Manager und Matthias Huber als Geschäftsführer an den Valznerweiher. Wichtige Entscheidungen werden regelmäßig in der Dreierrunde aus Trainer, Manager und Klub-Präsident diskutiert. Auch Wolf selbst hat sich in der neuen Arbeitsatmosphäre verändert. Während er in seiner fünfjährigen Amtszeit beim VfL Wolfsburg wegen seiner als stur und verbissen empfundenen Art zeitweise Probleme hatte, ist er in Franken lockerer geworden. „Man lernt im Trainergeschäft immer dazu. Die Sturheit habe ich ein bisschen abgelegt“, bekennt er.“

Andere Fußballkultur

Daniel Meuren (FTD 6.8.) beschreibt das Biotop Mainz: „Der Klassenerhalt wäre beinahe ein Wunder. Trainer Klopp entgegnet diesen Skeptikern offensiv: „Wenn sich ein Team verstärken will, muss das nicht zwangsläufig mit großen Namen geschehen.“ Und: „Wir sind allein dadurch deutlich besser geworden, dass sich meine Spieler jetzt als Erstliga-Spieler fühlen und sich das alles selbst erarbeitet haben.“ Mainz 05 und sein Trainer wollen zeigen, was mannschaftliche Geschlossenheit bewirken kann. „Wir wollen ganz Deutschland zeigen, wie geil das ist, in der Bundesliga zu spielen. Wir werden die leidenschaftlichste und kampfstärkste Mannschaft seit langem sein. Dann können wir den ein oder anderen spielerisch viel stärkeren Gegner ärgern.“ Optimistisch gehen die Mainzer auch deshalb in die Eliteklasse, weil sie in der zweiten Liga mit spielstarken Gegnern bestens zurechtkamen, während defensiv agierende Abstiegskandidaten meist gegen die 05er punkteten. In der Bundesliga dürften die Gegner, so die Mainzer Hoffnung, stets offensiv gegen den Aufsteiger agieren, was ihrem lauffreudigen Spiel entgegenkommt. Dann können sie ihr „Spiel gegen den Ball“, wie Klopp das Pressing seiner Elf nennt, praktizieren. Wenigstens in dieser Disziplin wollen die Mainzer „die Besten in Deutschland“ werden. Die Besten in der Auslastung des Stadions sind die Mainzer schon jetzt. Der Run auf die Karten für das 20 500 Zuschauer fassende Stadion war kurz, aber heftig. Tausende standen am einzigen Verkaufstag im Mai stundenlang umsonst für eine Dauerkarte an. Die Fastnachtshochburg schwelgt in Fußballeuphorie. Das faire und selbstironische Publikum und der Klub wirken wie eine Familie, die selbst eine chancenlose erste Bundesligasaison gut gelaunt durchstehen und dennoch für Farbtupfer sorgen würde. Verantwortlich für diese Atmosphäre ist auch die eigenwillig gestaltete Führungsetage des Vereins. Der sportliche Bereich wird geleitet von Christian Heidel, der einen ausgezeichneten Ruf im Kreis seiner Managerkollegen genießt, aber keinen Euro verdient. Nicht einmal Tankquittungen stellt der 39 Jahre alte Geschäftsführer eines Autohauses seinem Lieblingsverein, dessen Heimspiele er seit dem siebten Lebensjahr besucht, in Rechnung. Stattdessen entwickelte Heidel ein Gespür dafür, wie wichtig die Fans sind. Statt in teure Spieler investierte man in Stehränge oder Fanaktionen wie billige Sonderzüge zu Auswärtsspielen. So haben die Mainzer eine Fußballkultur aufgebaut, die das zweimalige Scheitern am jeweils letzten Spieltag in den Jahren 2002 und 2003 verkraften und gar für Sympathiezugewinne nutzen konnte.“

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