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Bundesliga

Auf einer einjährigen Feiertour?

Oliver Fritsch | Dienstag, 10. August 2004 Kommentare deaktiviert für Auf einer einjährigen Feiertour?

Nicht viel los in Bielefeld – Matthias Sammer, „ein gerechter Vorgesetzter“ (SZ) setzt zwei Stuttgarter Stars auf die Bank / Mainz will es beim nächsten mal besser machen u.v.m.

Arminia Bielefeld-Borussia Mönchengladbach 0:0

Roland Zorn (FAZ 10.8.) gähnt: „Das paßte nicht. Den „Scheibenwischer“ an einem auch in Bielefeld heißen, sonnigen, staubtrockenen Sommersonntag zu bedienen. Und das auch noch in Richtung des für die Steuerung des Spielflusses Verantwortlichen. Also konnte Fifa-Schiedsrichter Herbert Fandel gar nicht anders, als den verwarnten brasilianischen Pantomimen Marcelo Pletsch schon nach 36 Minuten per Gelb-Roter Karte aus dem Verkehr zu ziehen. Zum Glück für Borussia Mönchengladbach wußte Bundesliga-Rückkehrer DSC Arminia Bielefeld mit dem personellen Vorteil aber auch gar nichts anzufangen, und so blieb das Duell zwischen dem siebenmaligen Rekordaufsteiger und dem fünfmaligen Meister torlos und ereignislos. Außer Pletschs kleinem Ausraster war nichts los (…) Die Bielefelder kontrollierten und dominierten das Spiel, doch gegen die konzentrierte Gladbacher Defensive kamen sie nicht an.“

VfB Stuttgart-FSV Mainz 05 4:2

Auf einer einjährigen Feiertour?

Tobias Schächter (taz 10.8.) schüttelt mit dem Kopf: „Am Ende, als alles schon gesagt war, wollte der Mann vom Boulevard dann doch noch etwas ganz Wichtiges wissen. Wem er denn sein Tor gewidmet habe, immerhin das erste in der Bundesliga-Geschichte des FSV Mainz 05. Christoph Babatz, der, angefeuert von einem mehrtausendstimmigen „Bum Bum Babatz“-Chor, einen Freistoß aus 25 Metern zum 1:2 in die Maschen des Stuttgarter Tores gedroschen hatte, konnte mit der Frage nichts anfangen. „Was willst du denn hören?“, fragte er den Reporter, „wir haben verloren, da mache ich mir doch keine Gedanken, wem ich mein Tor widme.“ Fast 100 Jahre mussten die Freunde des FSV Mainz 05 warten, ehe die Spieler ihres Klubs erstmals den Rasen eines Erstligastadions zu einem Pflichtspiel betreten durften. Zweimal in letzter Sekunde am Aufstieg gescheitert waren die Mannen um Trainer Jürgen Klopp, ehe sie den Sprung nach oben doch noch schafften. Die Leistung zur Premiere in der neuen Welt konnte allerdings die Zweifel nicht beseitigen, dass der Erstligaaufenthalt nur eine Episode bedeuten könnte in der Historie des Kleinstklubs aus der Landeshauptstadt. Und vielleicht fallen manchen Reportern deshalb so dämliche Fragen ein, weil sie den Mainzern unterstellen, sie befänden sich eh nur auf einer einjährigen Feiertour durch die Stadien der Republik, um die ihnen zugeflogenen bundesweiten Sympathien zu genießen. Wer das glaubt, unterschätzt die Professionalität und das Erfolgsstreben der Mainzer-Macher.“

Ein gerechter Vorgesetzter

Martin Hägele (SZ 10.8.) bewundert Matthias Sammers Mut: „In der Halbzeitpause schaute Erwin Staudt aus seiner Präsidenten-Loge ins weite Rund und war glücklich. 45 000 offenbar zufriedene Menschen machten mit bei der Welle, auch die 10 000 aus Mainz angereisten Besucher – obwohl ihre Helden nach den ersten 45 Minuten Mainzer Bundesliga-Geschichte bereits Lehrgeld bezahlt hatten und 0:2 zurücklagen. Auf dem neuen Rasen des Daimler-Stadions jonglierten sieben Stuttgarter Profis mit dem Ball, beim beliebten Kreisspiel Fünf gegen Zwei. In der Mitte der Formation: Philipp Lahm und Kevin Kuranyi, die sich normalerweise zu diesem Zeitpunkt in der Kabine ein frisches Trikot anziehen sollten. „Das war schon immer mein Traum“, schwärmte da der Vorstandsvorsitzende des VfB Stuttgart, „zwei Nationalspieler auf unserer Ersatzbank.“ Solchen Luxus kann sich hierzulande eigentlich nur der FC Bayern leisten oder ein Trainer, der als unantastbar gilt. Eine Rolle, die Matthias Sammer noch nicht zugeschrieben wurde, allerdings hat der jüngste Cheftrainer der Bundesliga bereits beim ersten ernsten Anlass den Beweis geliefert, dass er ein gerechter Vorgesetzter ist. Und er akkurat jenen Kurs hält, den sein Vorgänger Felix Magath einst eingeschlagen hat, als der den VfB vom Skandalklub zum Vorzeigebetrieb ummodelte. Neben Lahm, dem jüngsten Fußball-Liebling der Nation auch noch Teenager-Idol Kuranyi dem Premieren-Publikum vorzuenthalten, hätten nicht viele Trainer gewagt. Sammer tat’s, und musste sich nicht einmal rechtfertigen hinterher. (…) Jürgen Klopp zog ein tröstliches Fazit: „Alles soweit im Lack“, behauptete er, „die ersten zwei haben wir in der Tabelle schon hinter uns gelassen.“ Schön, dass es sich dabei um Größen wie den Hamburger SV oder den 1. FC Kaiserslautern handelt. Richtig beurteilen lassen wollen sich die sympathischen Mainzer erst nach dem zweiten Spieltag. „Wir können das besser, und wir werden das auch besser machen“, sagte Klopp und setzte fröhlich hinzu: „Beim Spitzenreiter kann man verlieren.““

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