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Internationaler Fußball

Scharmützel in China

Oliver Fritsch | Dienstag, 10. August 2004 Kommentare deaktiviert für Scharmützel in China

Champions-League-Qualifikation, gewinnen ausnahmsweise mal ein paar Kleine? Wäre schön (Tsp) – Scharmützel in China beim Finale der Asien-Meisterschaft

Das sind ja Verhältnisse wie früher, im alten Europapokal, in dem es keine Setzlisten gab

Champions-League-Qualifikation. Die Kleinen werden doch nicht auf die Idee kommen, gewinnen zu wollen, Helmut Schümann (Tsp 10.8.): „Ist das eine Planungssicherheit? Nicht auszudenken, wenn die Granden der Champions League schon in der Qualifikation ausscheiden. Was etwa, wenn der FC Liverpool scheitert? Soll dann etwa der Grazer AK in der obersten europäischen Klasse Geld scheffeln dürfen? Ösis? Und auch noch im Arnold-Schwarzenegger-Stadion? (Vorab: Für diesen Unfall der Geschichte sind Formulierungen wie „die Muskeln spielen lassen“, schon jetzt auf den Index zu setzen). Eigentlich sollten solche Widrigkeiten des Sportes doch ausgeschlossen werden. Eigens dafür hatten die Planer doch den Begriff Champion aufgeweicht und ausgedehnt auf die Tabellenzweiten, also die Verlierer, der nationalen Meisterschaften. Aber dass nun eine ganze Phalanx der größten, besten, schönsten, reichsten, wichtigsten, unbesiegbarsten Klubs Europas nicht mal diese kümmerliche Voraussetzung erfüllten in der abgelaufenen Saison, damit hatten sie nicht gerechnet. Das sind ja Verhältnisse wie früher, im ganz alten Europapokal, in dem es keine Setzlisten gab, aber die Stars gegen MTK Vörös Lobogo, Stade Düdelingen oder Petrolul Ploesti anzutreten hatten. Sind wir wieder so weit? So ohne Geldgarantie? Wäre ja wunderbar.“

Jetzt hat man die Kontrolle über die Geister verloren, die man gerufen hatte

Rund um das Finale der Asien-Meisterschaft zwischen Gastgeber China und Japan (1:3) hat es Feindseligkeiten und Scharmützel gegeben. Zhou Derong (FAZ/Feuilleton 10.8.) berichtet: „Seit 1995 hat Peking mit dem Feuer des Patriotismus gespielt. Jetzt hat man die Kontrolle über die Geister verloren, die man gerufen hatte. Noch will man in Peking nicht wahrhaben, daß dies alles auf die massive „patriotische“ Erziehung zurückgeht. Die staatlichen Zeitungen wurden zwar angewiesen, sich hitziger Kommentare zum verlorenen Spiel zu enthalten. Statt dessen liest man überall Lob für die friedfertigen Fans. Im Staatsfernsehen, wo am Samstag abend bei der Live-Übertragung kein einziges Bild von den 65 000 Zuschauern zu sehen und keine einzige Stimme von ihnen zu hören war, zeigte man erst gestern einige fröhliche Szenen. Aber die Nachricht, daß einige Hundert Chinesen nach dem Spiel ihre Nationalhymne vor der japanischen Botschaft und anderen japanischen Einrichtungen abzusingen versuchten und daß der Wagen der Botschaft angegriffen wurde, sucht man vergebens. (…) Diesmal hatte der Asiatische Fußballverband angeordnet, jedes Spiel über einen kleinen Monitor zu überwachen, um Fehler des Schiedsrichters sofort korrigieren zu können. Doch die CCTV-Live-Übertragung wurde um dreißig Sekunden verzögert. Als die Spielszene in Zeitlupe zweimal wiederholt wurde, war mehr als eine Minute vorüber. Unten auf dem Rasen spielte man inzwischen wieder Fußball. Yi Deng schloß seinen Kommentar mit den Worten: „Nun wissen wir es endlich: Wir leben hinter einem eisernen Vorhang. Selbst ein Fußballspiel wird zensiert. Wir sehen nur, was das Staatsfernsehen uns zeigen will, und nicht, was tatsächlich geschehen ist. Das Finale haben wir aus keinem anderen Grund verloren als wegen des Eisernen Vorhangs.““

Ein Video der BBC zu den Ausschreitungen in China

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