Ball und Buchstabe
Als TV-Platzwart des deutschen Fußballs
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| Samstag, 14. August 2004Kritik an Waldemar Hartmann lässt Jörn Lauterbach (Welt/Medien 12.8.) Kollegen formulieren: „An der Figur Hartmann spiegeln sich die Widersprüche des modernen Fernseh-Sportjournalismus am deutlichsten wider. Besonders mit seinen Einsätzen als Nationalmannschafts-Reporter, bei denen er in oder direkt bei den Hotels der Kickerelite stationiert war, hat er sich seinen Spitznamen Duz-Waldi erworben – doch das ist nur das äußere Zeichen eines sehr viel tiefer liegenden Missverständnisses. Mit seiner Kumpelhaftigkeit versucht er, mehrere Ansprüche gleichzeitig zu befriedigen: Er will den aus Gebührengeldern teuer bezahlten Senderechten an Sportveranstaltungen zumindest nicht schaden, gleichzeitig versucht er, es sich mit Kundschaft 1, den befragten Sportlern, keinesfalls zu verderben, und Kundschaft 2, den Zuschauern, ein halbwegs unterhaltsam-informatives Angebot zu machen. Nicht selten verheddert er sich in diesem Gewirr der Ansprüche. Kein anderer Sportreporter hat seine Zwischenstellung dabei so häufig selbst thematisiert wie Hartmann selbst: „Das musst Du verstehen, ich muss hier als Journalist ja so kritisch fragen“, sagt er dann, und sein verschwitztes Gegenüber nickt verständnisvoll, um dann eher doch nichts zu sagen. Sollte er mit seinem ersten Verweis doch nicht die erhoffte Zustimmung erhalten haben, zieht er die Waldi-Steigerungsform: „Ich mache hier nur meine Arbeit, das wirst Du bestimmt verstehen“. Natürlich. Bei den eingefleischten Fußballfans findet der Bajuware dabei durchaus fruchtbaren Nährboden: geht er mit dem Mikrofon an den Südkurven dieses Landes vorbei, erschallt sein Spitzname aus tausend Kehlen. Seine Kollegen neiden ihm diese Popularität, die sich auch in zahlreichen kleinen und größeren Werbeverträgen niederschlägt; schlimmer für sie ist aber, dass sie in seiner Art des Auftretens die dunkle Seite ihres Berufsstandes vor Augen geführt bekommen. Der Mann ohne Distanz, der sich etwa bei der Feier der Nationalmannschaft nach dem WM-Vizeweltmeistertitel auf dem Balkon des Frankfurter Römers mit einem Weißbier in der Hand feiern ließ, als hätte er mit seinen handzahmen Plaudereien selbst zum Erfolg beigetragen. Als TV-Platzwart des deutschen Fußballs sozusagen. In dieser Funktion konnte er auch seinen größten Erfolg feiern: Als Teamchef Rudi Völler ihn als gemütlichen Couch-Sitzer und Weißbier-Trinker beschimpfte, nur weil zuvor Gerhard Delling und Günter Netzer einen neuen „absoluten Tiefpunkt“ in der Länderspielgeschichte ausgelotet hatten. Hartmann tat im Grunde nichts, außer in seiner Bierruhe zu verharren – und erntete dafür viel öffentlichen Beifall, über den die Kollegen wiederum nur ihre Köpfe schütteln konnten.“