Deutsche Elf
Klinsmann ist trotz seines juvenilen Habitus kein Hänfling, sondern ein Haudegen
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| Sonntag, 15. August 2004Thorsten Jungholt & Udo Muras (WamS 15.8.) bescheinigen dem neuen Bundestrainer Konsequenz: „Nicht nur in der Torwartfrage machte Klinsmann in den ersten 18 Tagen seiner Amtszeit deutlich, dass sein sorgsam gepflegtes Image als „everybodys darling“ nichts als schöner Schein ist. Der 40-Jährige vermag seine Interessen intern knallhart durchzusetzen. Die altgedienten Mitarbeiter des DFB merkten schnell: Klinsmann ist trotz seines juvenilen Habitus – die Schnürsenkel seiner Sneakers trägt er gern offen, sein Hemd über der Hose – kein Hänfling, sondern ein Haudegen. Sechs Jahre lebte der gebürtige Göppinger in Kalifornien, dort lernte er die Geschäftsmänner Mick Hoban und Warren Mersereau kennen, gerissene Manager, die führende Positionen bei Weltkonzernen wie Adidas, Nike und Umbro innehatten. Klinsmann stieg in ihre Firma Soccer Solutions ein und schaute sich ab, wie man ein Unternehmen führt. Diese Erkenntnisse wendet er nun auf den DFB an. Zunächst besetzte er Schlüsselpositionen mit Vertrauten: So wurde Teammanager Bernd Pfaff nach 46 Jahren im Verband ohne nähere Erläuterungen entsorgt und durch Klinsmanns Spezis Flavio Battisti sowie Oliver Bierhoff ersetzt. Altgediente DFB-Funktionäre verfolgen Klinsmanns Wirken skeptisch, Generalsekretär Horst R. Schmidt ließ bereits Unverständnis durchklingen: „Ich habe 30 Jahre mit Bernd Pfaff in Freundschaft und Fairness zusammengearbeitet.“ Und Pfaff ist nicht das einzige Klinsmann-Opfer. U-21-Trainer Uli Stielike wurde zum Übungsleiter für die jüngeren Jahrgänge degradiert, Klinsmanns ehemaliger Mitspieler in der Nationalelf, Dieter Eilts, zum Nachfolger befördert. Der ehemalige Völler-Assistent Michael Skibbe wurde aussortiert. Auch Franz Beckenbauers Wunschkandidat für den Co-Trainer Posten, Holger Osieck, verhinderte Klinsmann, dem DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder offenbar uneingeschränkte Machtfülle einräumte. „Wir basteln an einem Stab, in dem wir uns wohl fühlen“, begründete Klinsmann seine Personalrochade, die den Eindruck erweckt, dass weniger die Qualifikation der neuen Mitarbeiter im Vordergrund steht, als vielmehr der Grad ihrer Treue zum neuen Boss. Loyalität wird auch von den Nationalspielern erwartet. Unter der Woche telefonierte Klinsmann mit den nicht für das Österreich-Spiel berücksichtigten Routiniers Dietmar Hamann und Fredi Bobic. Der Bundestrainer teilte ihnen mit, dass ihre Leistungen bei der Europameisterschaft in Portugal zu schwach waren. Dennoch seien sie keineswegs abgeschrieben, durch gute Auftritte bei ihren Vereinen könnten sie sich wieder in den Kader spielen – unter einer Voraussetzung: Beleidigte Äußerungen in der Öffentlichkeit oder gar Rücktrittsdrohungen sollten sie sich verkneifen.“