Bundesliga
Bruch zwischen Trainer und Klubführung
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| Dienstag, 17. August 2004„Nun ist nichts mehr übrig geblieben von der Hamburger Aufbruchstimmung“ (NZZ) – alle lieben Jürgen Klopp und sein Werk: „Der FSV Mainz 05 entlarvt die Erstklassigkeit als sagenhaft aufgeblasenes Kasperletheater“ (SpOn)
Der Hamburger SV verliert in Mainz, seine Zuversicht und seinen Teamgeist, berichtet Marko Schumacher (NZZ 17.8.): „Nun ist nichts mehr übrig geblieben von der Aufbruchstimmung, die vor dem Saisonstart geherrscht hatte, als spektakuläre Neuzugänge in Hamburg anheuerten und eine veritable Euphorie entfachten. Vom Einzug in die Champions League war damals die Rede. Die Ursachenforschung läuft, da die Stimmung nach der Niederlage in Mainz gekippt ist. Im noblen Klub aus dem Norden versucht jeder so gut es geht, seine Haut zu retten. Die Verantwortungsträger stehen jedenfalls allesamt massiv in der Kritik, bei den Fans ebenso wie in den Medien. Dem Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer wird bereits vorgeworfen, sich bei der Zusammenstellung der neuen Mannschaft vertan zu haben. Rund 10 Millionen Euro hatte er im Sommer investiert, um die Nationalspieler Emile Mpenza, Benjamin Lauth und Daniel van Buyten an die Alster zu lotsen. „Wir brauchen mehr Qualität als Quantität“, gab Beiersdorfer als Parole aus und verkleinerte konsequent das Kader. Nicht eingeplant hatte er, dass prompt einige Verletzungen folgten und die Personaldecke deshalb mittlerweile viel dünner ist, als sie sein dürfte. Dem Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann wiederum, einem Hobbyfussballer, nehmen Trainer und Anhang übel, dass er den Captain und zentralen Defensivspieler Tomas Ujfalusi nach Italien ziehen liess. 7,5 Millionen Euro legte die Fiorentina für den tschechischen Nationalspieler auf den Tisch. In der Innenverteidigung des HSV allerdings herrscht seitdem ein munteres Durcheinander. Einen Ersatzmann hatten Hoffmann und Beiersdorfer nicht in der Hinterhand, die Hierarchie in der Mannschaft wurde entscheidend geschwächt. Der Transfer Ujfalusis gegen Toppmöllers Willen offenbarte den Bruch zwischen Trainer und Klubführung.“
Der FSV Mainz 05 entlarvt die Erstklassigkeit als sagenhaft aufgeblasenes Kasperletheater
Jürgen Klopp hat viele euphorische Anhänger; auch Steffen Gerth (SpOn) singt eine Ode: „Eine Lizenz hat er bis heute nicht. Aber ein abgeschlossenes Hochschulstudium als Diplom-Sportlehrer und so viel Originalität und intellektuellen Esprit, wie der Bundeshilfstrainer und Sakkoträger Jogi Löw niemals besitzen wird. Mit Klopp wurde aus den biederen rheinhessischen Zweitligastatisten ein Fußballverein, dessen Einzug in die erste Bundesliga eigentlich von allen anderen 17 Vereinen sofort rückgängig gemacht werden müsste. Denn der FSV Mainz 05 entlarvt diese ganze Erstklassigkeit als sagenhaft aufgeblasenes Kasperletheater (…) Klopp hat vor dem alles entscheidenden Zweitligaspiel in der vorigen Saison zwei Buchstaben an die Kabinentür geschrieben. Ein „J“ und ein „A“. JA! Und als sie dann aufgestiegen waren, hat Klopp dieses Ja in sämtliche Mikrofone gebrüllt, die man ihm unter die Nase gehalten hatte. „Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa.“ Er versteht es, die Komplexität des Hochleistungssports zu verbinden mit der einfachen Motivationssprache von Spitzenathleten. Wenn Klopp nämlich sagt: „Wir sind geil auf diese Liga“, dann entspricht es eben genau dem Gefühl, das seine Profis empfinden. Und wie es Menschen der Stadt empfinden, seitdem ihre Mannschaft plötzlich mitspielen mit den großen Clubs dieses Landes. Für ihn sei dieses Spiel einfach ein sagenhaftes Erlebnis – schnell und geil. „Ich spiele Fußball, seit ich fünf Jahre bin, er bietet die Möglichkeit zu gewinnen, sich zu messen, er ist Wettkampf. Fußball ist eine Chance, sich völlig auszuleben. Aber auch eine Chance, Menschen zu unterhalten. Letztlich ist die Unterhaltung der Menschen die einzige Daseinsberechtigung für den professionellen Fußball.“ Für so eine Einstellung sollte man Klopp dankbar sein. Sie verdrängt zwar nicht solche freudlosen Fanatiker wie Oliver Kahn, für den Fußball spielen eine Art Kampfauftrag bedeutet und so wichtig ist wie die Arbeit eines Feuerwehrmanns oder Piloten. Aber sie belegt, dass man mit viel Liebe zum Sport etwas Wunderbares schaffen kann. Denn in Mainz rennen die Menschen ins Stadion, weil sie Lust haben auf 90 Minuten Rasanz ohne diese professionelle Gehabe und Kalkül.“