Internationaler Fußball
Willkommener Strohhalm – Italiens Finanzen
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| Donnerstag, 19. August 2004In Italien stimmen erneut die Finanzen nicht, und man sieht sich vor Gericht. In der FAZ (Wirtschaft 18.8.) lesen wir: „Die italienischen Fußballfans müssen schon wieder Verzögerungen beim Start der Ligaspiele befürchten. Ein Konkursgericht in Neapel hat dem italienischen Ligaverband verboten, mit den vom 12. September an geplanten Spielen der zweiten Liga zu beginnen. Ebenso wurde eine Reihe von Pokalspielen untersagt. Weil sich der Ligaverband den Wünschen des Konkursrichters widersetzte, den Fußballklub Neapel weiterhin in der zweiten Liga zu belassen, ermitteln nun die Staatsanwälte gegen die Verbandsspitze wegen der offenen Mißachtung der Gerichtsentscheidung. In Neapel zählt der lokale Fußballklub, offiziell die „Società Sportiva Calcio Napoli SpA“, seit den Zeiten des argentinischen Fußballstars Diego Maradona zu den wichtigsten Identifikationsobjekten. Doch die goldenen Zeiten, als Neapel beinahe die italienische Meisterschaft gewann, sind längst vorbei. (…) In Neapel hat sich dagegen weder ein starker Sanierer für den Klub gefunden noch ein übernahmewilliger Unternehmer mit den nötigen Millionen. Statt dessen versucht ein Spekulant mit Hilfe der Emotionen der Neapolitaner ein Geschäft aus dem Klub zu machen: Luciano Gaucci, Besitzer der Fußballklubs Perugia und Catania, hat sich bereits im vergangenen Jahr beim „Streik“ der Fußballklubs wegen eines Streits um Fernseheinnahmen als „enfant terrible“ der Profiligen erwiesen. Zudem bewies er Sinn für Geschäft und Spektakel, als er einen Sohn des libyschen Staatsführers Gaddafi als (wahrscheinlich kostenlosen) Spieler anheuerte, der regelmäßig zum Spielschluß für ein paar Minuten aufs Feld darf. In Neapel will Gaucci nun nicht den hochverschuldeten Klub kaufen, sondern nur dessen Geschäfte „pachten“. Dies ist im normalen Geschäftsleben erlaubt, entspricht aber nicht den Regeln von Fußballverband und Profiligen. Für den Konkursrichter des alten Fußballklubs stellt die „Verpachtung“ des Geschäftsbetriebs eine Möglichkeit dar, noch etwas vom Konkursvermögen zu retten, weshalb er nun durchsetzen will, daß Neapel in der zweiten Liga bleibt. Der Ligaverband für die erste und zweite Liga will dagegen keine Einmischung in die Interna des Fußballbetriebs und verweist auf seine Autonomie. Für Neapels Politiker ist auch ein umstrittener Unternehmer immer noch ein willkommener Strohhalm, an den man sich klammern kann, um doch noch eine Sonderbehandlung zu erreichen.“