DFB-Pokal
Bremendusel und Dortmunder Ökonomie
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| Montag, 23. August 2004die erste DFB-Pokal-Runde im Pressespiegel: „Die Regionalliga ist längst zu einer dritten Profiliga geworden“ (FAZ) – „Wie lang ist noch Platz für Toppmöller in Hamburg?“ (SZ) – „der Dusel beginnt sich bei Werder Bremen immer wohler zu fühlen“ (SZ) – „Dortmunder Ökonomie und Technik siegten über das große Lübecker Herz“ (SZ) u.v.m.
Roland Zorn (FAZ 23.8.) fasst die erste DFB-Pokal-Runde zusammen: „Die Regionalliga, das Auffangbecken für ehemalige Bundesliga-Klubs, ist längst zu einer dritten Profiliga geworden, in der jene Klubs, die das Geld und den Ehrgeiz von Aufsteigern in spe besitzen, ihre Angestellten am Ball wie Berufsspieler bezahlen. Insofern konnten sich die Kicker des SC Paderborn nur wundern, daß ihnen so mancher Reporter nach dem 4:2-Erfolg über den Hamburger SV mit der Optik von gestern begegnete. Tatsächlich hatte dieser überraschende, aber keineswegs sensationelle Pokalsieg nur noch wenig mit dem Triumph gemein, den einst der VfB Eppingen über den HSV feierte. Dasselbe galt tags darauf für den glücklichen Sieg per Elfmeterschießen, den die Amateure des FC Bayern München über die Bundesligaprofis von Borussia Mönchengladbach feierten. Die Davids, die vordem einen eingebildeten Bundesliga-Goliath aufs Kreuz gelegt hatten – ob aus Sandhausen, Vestenbergsgreuth oder Weinheim –, sind heute nicht mehr in Sicht. Vor allem, weil die auf der Suche nach jedem Euro seriöser in den Pokalwettbewerb startenden Erstligavereine diese in ihrem frühen Stadium ländlich anmutende Konkurrenz ernster als früher nehmen.“
FC Paderborn-Hamburger SV 4:2
Wie lang ist noch Platz für Toppmöller?
Die SZ (23.8.) über dicke Luft in Hamburg: „Die Stimmung in Hamburg ist aber wieder mal reichlich giftig. Die nach Paderborn mitgereisten Fans mochten der Mannschaft nicht verzeihen, dass sie das Spiel nach der Führung noch aus der Hand gegeben hatte. Als die Profis nach dem Schlusspfiff zur Fankurve gingen, wurden sie beschimpft und bespuckt. Immerhin: Am nächsten Morgen war die Stimmung friedlicher. Rund 100 Anhänger verbrachten den Vormittag am Trainingsgelände und beließen es bei milden Protesten. Für Toppmöller ist die Lage jedoch ernst, und er weiß das auch. „Das ist die schwierigste Situation, seitdem ich Trainer bin“, erklärte er, „aber von Aufgeben kann nicht die Rede sein. Ich bin Löwe“ – als Kämpfer geboren, wie er glaubhaft machen und durch seinen Werdegang beweisen möchte. „Ich habe mich als kleiner Spieler bis in die Nationalelf gekämpft, und als kleiner Trainer von Salmrohr bis in die Bundesliga.“ Aber wie lang ist dort noch Platz für ihn?“
SSV Jahn Regensburg-Werder Bremen 0:2
Der Dusel beginnt sich bei Werder Bremen immer wohler zu fühlen
Elisabeth Schlammerl (FAZ 23.8.) gratuliert Mario Basler, dem Trainer der Geschlagenen: „Gefeiert wurden die Verlierer: Die Sieger spürten, daß übertriebene Jubelgesten nicht angebracht waren, zu glanzlos, zu wenig souverän sind sie in die zweite Runde des DFB-Pokalwettbewerbs eingezogen. Die Bremer haben mittlerweile nicht nur die Position als Nummer eins in Deutschland vom FC Bayern übernommen, sondern sind dabei, dem Starensemble aus München auch in anderen Bereichen Konkurrenz zu machen. Der Dusel zum Beispiel, den der Rekordmeister stets exklusiv für sich reklamierte hat, beginnt sich nun offenbar auch bei Werder Bremen immer wohler zu fühlen. (…) Schlitzohrig genug ist Basler, um sich der kleinen Trainertricks zu bedienen, die den Profi auszeichnen. Tagelang hatte Basler verkündet, er werde ein Abwehrbollwerk gegen seinen ehemaligen Klub aufbieten, notfalls „mit zehn defensiven Spielern das Tor vernageln“ – und dann hat der Regensburger Trainer mit einer offensiven Aufstellung den Gegner wohl ein wenig überrascht.“
VfB Lübeck-Borussia Dortmund 0:1
Ökonomie und Technik siegten über das große Herz
Jörg Marwedel (SZ 23.8.): „Geschafft hatten es die Borussia-Profis mit einem unterkühlten Vortrag, Ökonomie und Technik siegten über das große Herz der Lübecker. Routiniert hatten die Dortmunder den Ball hin- und hergeschoben, phlegmatisch ließen sie zu, dass sich ihre Gegner in der zweiten Halbzeit zum Pokal-Revival aufrafften – in Erinnerung an ihren Siegeszug bis ins Halbfinale der vergangenen Saison.“
TSV Völpke-Bayern München 0:6
Javier Cáceres (SZ 23.8.) sieht einen lässigen Sieger: „Oliver Kahn, Bayerns Torwart, erst behelligt wurde, als er – 50 Meter vor den gemeinsam trottenden Kameraden – auslief und dabei einen Schweif pubertierender Cheerleader hinter sich her zog. Eine Würdigung des Erfolges in der ostdeutschen Provinz versagte sich Kahn; er zog mit einer Mimik davon, die es mit den herabsetzenden Western-Gesichtern des Robert Mitchum aufnehmen konnte. Anders hingegen Bayern-Manager Uli Hoeneß, der die Leistung so lange rühmte, bis er bei der dann doch überraschenden Auskunft angelangt war, das Zuschauen habe in der zweiten Halbzeit sogar „richtig Spaß gemacht“.“