Internationaler Fußball
Napoli muss gerettet werden
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| Donnerstag, 26. August 2004Sehr lesenswert! Für den verschuldeten SSC Neapel findet sich bestimmt eine italienische Lösung. Birgit Schönau (SZ 26.8.) berichtet: „Man schrieb den 2. August 2004, als der SSC Neapel mausetot erschien – als Europas prominenteste Fußball-Leiche. Eine von vielen, aber wer hat schon Monza eine Träne nachgeweint, Cosenza oder Ancona Calcio? In der Provinz nehmen die Fans das Verschwinden ihrer Lieblingsmannschaften hin, als handele es sich um so unausweichliche Katastrophen wie die Pest oder das Po-Hochwasser. Sie haben keine Lobby, und sie bilden keine Partei. Aber der SSC Neapel hat sechs Millionen Tifosi hinter sich. Sie sitzen im norwegischen Bodo und im australischen Canberra und in Little Italy, New York. Eben überall auf der Welt, wo es eine Pizzeria gibt, die „Bella Napoli“ heißt oder „O“ Vesuvio“. Vor allem aber in Neapel selbst, wo sie zuletzt das Stadion San Paolo mit seinen 80 000 Plätzen zwar nicht mehr ganz ausfüllten, jetzt aber entschlossen sind, den Verein zu verteidigen, als spiele man gegen die Erzfeinde Milan, Hellas Verona und Juventus Turin gleichzeitig. Jeden Tag bringt die Lokalzeitung Il Mattino eine ganze Seite mit Liebeserklärungen für den moribunden Fußballklub. Aus Kuba schniefte der unvermeidliche Maradona: „Es ist, als ob man einen nahen Verwandten verlöre.“ (…) Napoli muss gerettet werden. Die Bürgermeisterin hat sich eingeschaltet und Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi. Und nun wird noch mal verhandelt. Pleite ja, aber wie pleite? Angeschlagen ja, aber deshalb noch lange nicht k.o. Vertreter der Stadt, des Fußballverbandes, der Konkursverwalter und die Richter bemühen sich in der Gerichtsburg Castelcapuano um eine Lösung. Unter goldüberzogenen Kassettendecken, wo sich einst die Paten der Camorra aus den Fängen des Gesetzes zu winden suchten, geht es jetzt um die Fragen: Zweite oder dritte Liga, unter welchem Namen, mit welchem Patron? Rein rechtlich müsste der bankrotte Verein in der Amateurliga neu anfangen, aber dann dürften seine Gläubiger, allen voran der Staat, ihr Geld vergessen. Selbst die vierte Liga, wo vor Jahren der AC Florenz nach seinem Konkurs antreten musste, wird vom Fußballverband Federcalcio ausgeschlossen. Man fürchtet die Reaktion der Piazza – wegen seiner gewalttätigen Fans, die bei einem Derby im vergangenen Jahr einen jungen Mann töteten, hatte der SSC Neapel fünf Spieltage lang nicht im eigenen Stadion spielen können.“
Irak spielt um olympisches Bronze. Jürgen Ahäuser (FR 26.8.) erinnert an die Vorbereitung des Teams und die politische Reichweite: „Bernd Stange hat die Iraker aus Not „durch die Welt gezerrt.“ Von Australien über Japan, Südkorea bis nach England schleppte er das Team, immer auf der Flucht vor den mörderischen Zuständen in der Heimat. In England geriet der Träumer vom unpolitischen Sport auf politisch vermintes Gelände. Ins Land des Feindes und Besatzers fuhren die irakischen Fußballer mit viel Bauchgrimmen. Als Reaktion auf einen sehr „emotionalen“ Brief an Tony Blair und George Bush, in dem Stange monierte, doch nicht jede Woche eine Milliarde Dollar für den Krieg auszugeben und stattdessen lieber den sport- und insbesondere fußballverrückten Leuten im Irak eine Freude zu machen, schickte der englische Premier 5000 Bälle und Hemden. Damit nicht genug: Es kam auch eine Einladung zu einem Trainingslager. Ein PR-Fallstrick, über den der politisch unerfahrene Trainer stolperte. Stange schüttelte auf einem Bild dem britischen Außenminister Jack Straw die Hand. Dazu im Hintergrund die Mannschaft, von der sich aber sechs Spieler weigerten, mitzuposieren. „Das hat meine Arbeit, die ich wegen der Sicherheitslage gelegentlich auch von Amman aus dirigierte, nicht leichter gemacht.“ Viele Spieler haben dann auch geäußert, sie hätten die Reise nach England lieber nicht angetreten. Von George W. Bush hat Bernd Stange keine Antwort bekommen. Doch zum Entsetzen des Fußball-Lehrers vereinnahmt der amerikanische Präsident die Olympia-Erfolge für seinen Wahlkampf. In einem Werbespot, so ist dem Deutschen zugetragen worden, soll er sogar zu sehen sein. „Dagegen verwahre ich mich und die irakischen Spieler erst recht.““