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Deutsche Elf

Zeit der Veränderungen

Oliver Fritsch | Freitag, 3. September 2004 Kommentare deaktiviert für Zeit der Veränderungen

Jürgen Klinsmann hat einen weiteren Stein umgedreht – Michael Kölmel (FTD 3.9.): „Noch vor seiner Ankunft aus Kalifornien war bekannt geworden, dass der Teilzeit-Amerikaner drei Fachleute auf dem Gebiet der Leistungsdiagnostik aus Übersee mitbringen würde. Das habe „Deutschland nicht nötig“, konnte Klinsmann lesen. Mit der „Kalifornien-Combo“ schieße er „erneut über das Ziel hinaus“, hieß es. Professor Kindermann werde dadurch beim DFB ebenso beschnitten wie zuvor Nationalelf-Organisator Bernd Pfaff. Die DFB-Auswahl benötige eine eigene Datenbank, ging Klinsmann indirekt auf die Spitzen ein. Mark Verstegen, der als Fitnesscoach der Los Angeles Galaxy die Sprint-, Sprung- und Schnellkrafttests durchführt, sei ein absoluter Fachmann. Immer werde darüber geklagt, dass man „nicht über den Tellerrand blicke“, doch wenn das passiere, sei es auch nicht recht. „So etwas kann bei dem einen oder anderen neuen Reiz setzen“, so Klinsmann. Dabei machte er zugleich deutlich, dass die Zeit der Veränderungen längst nicht abgeschlossen sei. Ein Sportpsychologe sei „ein wichtiger Baustein für die WM 2006“, weil der „mentale Bereich im Hochleistungssport immer wichtiger wird“. Auch der „Austausch mit Trainern anderer Sportarten“ werde bald beginnen. „Es ist wichtig, dass wir uns öffnen“, sagte er bestimmt – aber „alles zu seiner Zeit“. Man kann also weiter nicht von einer Palastrevolte beim DFB sprechen, die manche gefordert und andere befürchtet hatten. Aber Klinsmann setzt den Kurs der Veränderungen stetig fort. „Ich stelle doch nichts in Frage, um Gottes Willen“, sagte er, doch genau das macht er. So versteht er seine Aufgabe als Erneuerer.“

Michael Rosentritt & Stéphanie Souron (Tsp 3.9.) ergänzen: „Deutschland zählt in der Leistungsdiagnostik zu den führenden Nationen, auch Tests der Koordinationsfähigkeit sind nichts Neues. Trotzdem hat Klinsmann jetzt Spezialisten aus Amerika in den Kreis der Nationalmannschaft eingeführt. Bisher wurden bei den leistungsdiagnostischen Tests der Nationalmannschaft nur die Sprintfähigkeit und die Ausdauerleistungsfähigkeit getestet. Zur Ermittlung ihrer Sprintleistung mussten sich die Spieler dem so genannten 5-x 30-m-Test stellen. Bei diesem Test wird eine 30-m-Strecke auf der Laufbahn abgesteckt, die Spieler starten ohne Kommando: Mit Hilfe einer Lichtschranke am Start wird die Stoppuhr ausgelöst. Zwischenzeiten werden nach fünf, zehn und dreißig Metern genommen. Es geht um die Ermittlung von Antrittsschnelligkeit, Beschleunigungsfähigkeit und Grundschnelligkeit der Spieler. Auch die Laktatwerte der Spieler werden bei allen Bundesligisten regelmäßig ermittelt. Aus ihnen kann nicht nur der Ist-Zustand der Spieler abgeleitet werden, es können auch Empfehlungen für das Training herausgelesen werden.“

Kommunikationskultur

Christoph Biermann (11 Freunde) wünscht Klinsmann und Löw einen guten Draht zu den Bundesliga-Vertretern: „In der Machowelt des Fußballs gilt es als Schwäche, Fragen zu stellen, Erkundigungen einzuholen oder sonst wie den Eindruck entstehen zu lassen, etwas nicht immer schon gewusst zu haben. Auch manch lauter Streit in der Liga hat damit zu tun, dass Manager oder Trainer zwar gerne übereinander aber nicht so gern miteinander reden. Lieber plustert man sich auf, haut donnernd auf den Tisch oder kloppt einen Spruch raus, als Unstimmigkeiten mit einem kurzen Telefonat zu klären. Dass Klinsmann und Löw angekündigt haben, verstärkt das Gespräch mit den Vereinstrainern über Leistungsfähigkeit und Form der Kandidaten für die Nationalmannschaft zu suchen, ist ein deutlicher Bruch mit dieser Haltung. Daher ist es vorstellbar, dass ihnen das als Zeichen mangelnder Stärke ausgelegt wird, wenn es sportliche Rückschläge gibt. Richtig ist dieser Weg trotzdem. (…) Doch selbst wenn eine mustergültige Kommunikationskultur entstehen sollte, wird diese allein die vielen Probleme der Nationalmannschaft nicht lösen, sondern bestenfalls die Chancen der Problemlösung verbessern.“

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