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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Deutsche Elf

Wir wollen einfach mal einen neuen Weg gehen

Oliver Fritsch | Samstag, 4. September 2004 Kommentare deaktiviert für Wir wollen einfach mal einen neuen Weg gehen

Was gibt’s neues von Jürgen Klinsmann? Und wie reagieren die anderen, Jan Christian Müller (FR 4.9.)? “Aus den Clubs ist zarte Kritik – Dieter Hoeneß warnt vor einer „Amerikanisierung des DFB“ –, aber auch Unterstützung – Thomas Schaaf findet „neue Wege“ gut – zu hören. Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff hat fürs Lamentieren kein Verständnis. Es sei in der Wirtschaft üblich, so der diplomierte Betriebswirt, „dass man sich Rat von außen holt“. Damit werde die medizinische Abteilung des DFB keineswegs vor den Kopf gestoßen, „es heißt doch, wir in Deutschland igeln uns zu sehr ein. Wir wollen einfach mal einen neuen Weg gehen“. Klinsmann erhofft sich durch den Einsatz des Spezialisten-Trios auch, dass „neue Reize“ gesetzt werden, was nach der am Ende bleiernen Ära Völler und dem ewig Gleichen in Training und Tagesablauf womöglich keine ganz schlechte Idee sein könnte. Auch den Plan, sich psychologische Hilfe von außen zu holen, verfolgen Klinsmann, sein Co-Trainer Joachim Löw und Bierhoff weiter. (…) Alsbald wollen die neuen Verantwortlichen für die Nationalmannschaft ihren Auserwählten sogar Hilfe aus eigenen Landen zukommen lassen: Laut FR-Informationen sollen ein Hockeyspieler, ein Bahnradfahrer und ein Kanute den Fußball-Profis anhand eigener Lebenserfahrung in persönlichen Vorträgen deutlich machen, wie man trotz kleiner finanzieller Gegenleistung große sportliche Leistung vollbringen kann.“

Die Hilfe eines Psychologen?! Wie kann sie aussehen, Stefan Hermanns (Tsp 4.9.)? „In keiner anderen Sportart ist die Skepsis gegen Psychologen so groß wie im Fußball. „Da gibt es immer noch die Vorbehalte, dass wir irgendwelche Leute auf die Couch legen, um Psychoanalyse mit ihnen zu machen“, sagt Werner Mickler, der für die sportpsychologische Ausbildung beim Trainerlehrgang des DFB zuständig ist. Neu ist das alles gar nicht. Ulrich Kuhl hat schon 1981 mit dem damaligen Zweitligisten Eintracht Trier zusammengearbeitet. Er wurde engagiert, weil die Mannschaft offensichtlich ihre Stärke nicht ausschöpfen konnte. Als Ursache erkannte Kuhl, dass die Spieler Angst hatten, Fehler zu machen, und daher übervorsichtig spielten. Der Sportpsychologe empfahl dem Trainer, risikoreicher spielen zu lassen. Das hört sich banal an, in der Praxis aber durfte kein Spieler ausgewechselt werden, nur weil er einen Fehler gemacht hatte. Und es war ausdrücklich untersagt, auf missglückte Aktionen eines Mitspielers mit negativen Äußerungen zu reagieren. Als Kuhl in Trier anfing, war die Mannschaft 14., zwischenzeitlich, nach acht Siegen aus zehn Spielen, lag sie auf Platz drei. „Auch mit der Unterstützung eines Psychologen kann ein Trainer aus schlechten Spielern keine gute Mannschaft machen“, sagt Kuhl. Aber mit Hilfe eines Psychologen können Sportler ihr Leistungspotenzial besser ausschöpfen.“
Er darf es nicht übertreiben mit seinen Ideen

Andreas Lesch (BLZ 4.9.) fasst zusammen: „Es ist schon alles ein bisschen schräg: Erst hat der DFB nach Rudi Völlers Rücktritt den Nichtreformer Ottmar Hitzfeld als Bundestrainer umgarnt und dann den Rückwärtsreformer Otto Rehhagel – bekommen aber hat er Klinsmann, einen Mann, der für manche Geschmäcker ein bisschen zu radikal reformiert. Es ist ein schmaler Grat, auf dem der Neuling da wandelt. Er weiß, dass er vieles verändern muss, dass vieles fest gefahren war; das Vorrundenaus bei der Euro 2004 war dafür nur der jüngste Beweis. Er sollte aber auch wissen, dass er es nicht übertreiben darf mit seinen Ideen. Denn schon jetzt mehren sich kritische Stimmen – auch, weil manche Entscheidungen Klinsmanns den Eindruck erwecken, sie seien wenig mehr als ein Symbol, ein Zeichen der Stärke des Neuen.“

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