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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Interview

Am meisten Mut macht mir, dass die Spieler unser Vorhaben so gut aufnehmen

Oliver Fritsch | Mittwoch, 8. September 2004 Kommentare deaktiviert für Am meisten Mut macht mir, dass die Spieler unser Vorhaben so gut aufnehmen

Armin Lehmann & Michael Rosentritt (Tsp 8.9.) fragen Oliver Bierhoff nach seinem Umgang mit Kritik und seiner Arbeit

Tsp: Wie sieht es aus, wenn Sie sich so richtig ärgern?
OB: Ich ärgere mich eher still, andere zeigen eben mehr Emotionen. Michael Schumacher ist auch sehr kontrolliert. Es ist in jedem Fall eine Charakterfrage. Ich bin sehr bodenständig, ruhig und gelassen. (…) Jetzt fällt mir ein, über was ich mich zuletzt geärgert habe.
Tsp: Nur zu…
OB: Über die Reaktionen in den Medien auf die amerikanischen Fitnesstrainer. Seit Jahren heißt es doch: Der deutsche Fußball igelt sich ein, man muss mal nach draußen schauen, es muss sich etwas verändern. Und dann macht man was und wird dafür kritisiert, als wäre das der Weltuntergang.
Tsp: Mussten Sie nicht mit Kritik rechnen?
OB: Ich habe, bevor ich diesen Job angetreten habe, mit Kritik gerechnet, aber nicht bei solchen Selbstverständlichkeiten. Aber ich ärgere mich auch nicht länger darüber. Wir, Jürgen Klinsmann, Joachim Löw und ich, tun etwas, weil wir davon überzeugt sind. Der Rest ist nicht in unserer Hand.
Tsp: Sie haben schon oft gesagt, wie schwer es ist, in Deutschland etwas anders zu machen. Neue Leute würden immer skeptisch betrachtet, erfolgreichen Leuten oft der Erfolg geneidet. Wie werden Sie damit umgehen, wenn es richtig ernst wird?
OB: Wir wissen, dass viele Dinge, die wir noch planen, kritisch hinterfragt werden. Ich weiß nicht, ob es noch einen Job gibt, wo einem so viele Menschen sagen, wie man diesen Job zu machen hat. Aber da sind wir drei innerlich sehr gefestigt. Wenn wir von unserer Sache überzeugt sind, dann ziehen wir das knallhart durch. Am Ende muss jeder für das geradestehen, woran er glaubt.
Tsp: (…) In Ihrer Karriere wurden Sie respektiert, aber nie geliebt.
OB: Was heißt nicht geliebt? Meine Sympathiewerte sind immer noch höher als die der meisten anderen Fußballer. Verstehen Sie mich nicht falsch, natürlich war ich nie ein Mann des Volkes wie Rudi Völler. Aber die Menschen auf der Straße begegnen mir sehr positiv. Als Sportler wurde ich in Deutschland oft in Frage gestellt, als Mensch nie.
Tsp: Worauf führen Sie das zurück?
OB: Die Menschen haben ein Gespür dafür, ob etwas aufgesetzt ist oder nicht. Ich glaube nicht daran, dass man Leute über einen langen Zeitraum hintergehen kann. Und so begegne ich auch den Menschen – mit Respekt und Freundlichkeit.
Tsp: Was macht Sie so sicher, dass Ihre Reformen nicht stecken bleiben wie andere in Deutschland?
OB: Am meisten Mut macht mir, dass die Spieler unser Vorhaben so gut aufnehmen. Sie sind interessiert, mit Lust dabei, sie fragen. Die Reaktion der Mannschaft wird sich auf dem Rasen zeigen.

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