Internationaler Fußball
Wohl dem, der ganz neu anfangen kann
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| Freitag, 10. September 2004Holland-Tschechien 2:0
„Mit Marco van Basten entdecken die Holländer nach den mißtrauischen Miesepetern van Gaal und Advocaat etwas Vergessenes wieder: den Wohlfühlfaktor Oranje“, schreibt Christian Eichler (FAZ 10.9.): „Seinen Vertrag hat van Basten bisher nicht erfüllt. In dem steht, wie die niederländische Nationalelf unter seiner Führung spielen soll: „dominant, voller Inititiative und angriffslustig“. Dominant, voller Initiative und angriffslustig spielten die Tschechen. Doch die Holländer haben 2:0 gewonnen. Und obwohl das nur „mit Hängen und Würgen“ gelang (De Volkskrant), jubelt das Land: „Traumstart Oranje“ (De Telegraaf). Das war unter van Bastens Vorgänger Dick Advocaat ganz anders. Der konnte nichts richtig machen; nicht mal, wenn er gewann. Van Basten kann nichts falsch machen. Vermutlich nicht mal, wenn er verliert. Es ist wie einst mit Beckenbauer und Vogts. Nur umgekehrt. Der, dem alles zufällt, der Aura und Autorität hat und auch noch das Glück, kommt hier nach dem glanzlosen Arbeiter. Noch eine Parallele zu Deutschland: zu Jürgen Klinsmann, selber Jahrgang wie van Basten (1964), am selben Tag ernannt, von derselben Aufbruchlaune begleitet. Zwei Anfänger, die gleich die Top-Jobs der Branche kriegen – Fußballregel 2004: Frische schlägt Erfahrung, Beliebtes schlägt Bewährtes. Wohl dem, der ganz neu anfangen kann.“
Die tschechische Mannschaft hätte die zarte Knospe der Orangenblüte zerquetschen können
Ulrich Hartmann (SZ 10.9.) ergänzt: „Marco van Basten einst bedeutender Nationalstürmer, als Trainer praktisch ohne Erfahrung, hätte in diesem ersten wichtigen Spiel unter seiner Regie wieder alle Sympathien verspielen können mit seiner offensiven Hurra-Philosophie, die dem Mythos nach auf einem Passus in seinem Vertrag beruht. Gegen Tschechien zeigen sich die Niederländer mit drei schnellen Stürmern und einer klapprigen Dreier-Abwehr bedingungslos vertragskonform und schienen geradewegs in ihr Verderben zu rennen, doch die Tschechen taten den so hoffnungsvoll im Neuaufbau befindlichen Gastgebern einen Gefallen: Sie nutzten ihre Möglichkeiten nicht. Die tschechische Mannschaft hätte die zarte Knospe der Orangenblüte zerquetschen können.“
Griechenland-Türkei 0:0
Gegenwind für Griechenland spürt Roland Zorn (FAZ 10.9.): „Die neue Konkurrenz begegnet diesem Champion mit unverhohlener Respektlosigkeit. Sie offenbart, daß Rehhagel und seinem Team zwar ein „Wunder“ geglückt sein mag, daß sich die Bewunderung jenseits von Griechenland jedoch in Grenzen hält. Schließlich hat in Portugal keine neue Wundermannschaft das Licht der Fußballwelt erblickt. Was dort wie von selbst zu gelingen schien – mit einer stabilen, ballsicheren Defensive lange ein 0:0 halten und dann frech gegen die eingebildeten Großen zuschlagen –, klappt im Moment nicht. Die Albaner und die Türken jedenfalls haben den Europameister durchschaut; andere Mannschaften wie die Ukraine und Dänemark stehen auch schon bereit, die bei der EM enteilten Griechen schleunigst wieder einzufangen.“