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Bundesliga

Immer tiefer in die wirtschaftliche Todesspirale

Oliver Fritsch | Donnerstag, 16. September 2004 Kommentare deaktiviert für Immer tiefer in die wirtschaftliche Todesspirale

Rudi Assauer entlässt Jupp Heynckes, und Martin Hägele (NZZ 16.9.) haut auf den Tisch: „Vielleicht muss man von Glück reden, dass Assauer im letzten Jahr nicht Felix Magath bekommen hat, der damals vor Heynckes erste Wahl gewesen war. Unter Magath hätte es noch früher geknallt zwischen den schwererziehbaren und divenhaften Charakteren, die sich AufSchalke versammelt haben, um mit grossen Sprüchen und Starallüren endlich mal wieder Deutscher Meister zu werden. Um diesen Typen endlich einmal die nötige Berufsauffassung und Disziplin zu vermitteln, war Heynckes verpflichtet worden. Nun ist er an einem Auftrag gescheitert, der Assauer vorbehalten war. Als schwächstes Glied in dieser Gesellschaft erging es Heynckes ähnlich wie zahlreichen Pädagogen in diesem Land, die sich von dreisten und arroganten Eltern vorwerfen lassen müssen, sie brächten ihren Kindern nichts Gescheites und erst recht kein Benehmen bei. Für die Kinderstube und die Betriebsatmosphäre im Gelsenkirchener Traditionsverein ist „Mister Schalke“ zuständig. Er hat ein Personal zusammengekauft, unter dem nie eine vernünftige Hierarchie entstand – mit keinem seiner Chefs kam dieser verlotterte Haufen von Legionären klar. Erfolg im Fussball, das lehrt das Beispiel von Schalke aufs Neue, kann man sich nicht kaufen (…) Das Schlimme an der Schalker Misere ist die Tatsache, dass diese Politik mit teuer eingekauften Professionals den Klub immer tiefer in seine wirtschaftliche Todesspirale hineinzieht. Bis zum grossen Crash – denn Schalke 04 ist mit über 100 Millionen Euro verschuldet. Bis zum nächsten Krach also, vielleicht erwischt’s dann Assauer – den Vater des königsblauen Grössenwahns.“

Christoph Biermann (SZ 16.9.) fügt hinzu: „„Big Boss“ heißt die Fernsehsendung mit Reiner Calmund, und demnächst wird er allein dort entscheiden, welcher Kandidat als nächster aus seiner Show fliegt. Big Boss ist Rudi Assauer beim FC Schalke 04, er braucht keine Fernsehsendung. Denn der Manager weiß auch so, wer als nächster fliegt: der Trainer. Zwar hält es Assauer angeblich für eine persönliche Niederlage, einen Coach rauszuwerfen, aber Jupp Heynckes“ Abschied bedeutet den vierten Trainerwechsel auf Schalke in den vergangenen zwei Jahren. (…) Dass die seltsame Glücklosigkeit bei der Besetzung des Schalker Trainerjobs wieder eine Fortsetzung gefunden hat, ist kein Zufall. Sie passt zur Personalpolitik der vergangenen Jahre, in denen Schalke 04 Millionen und Abermillionen für Spieler ausgegeben hat, deren Qualität die Mannschaft nicht weitergebracht hat. Zugleich wurde deren Potenzial notorisch überschätzt, die Arbeit der Trainer an diesen Erwartungen gemessen – bis dann die Stunde des Big Boss kam. Aber vielleicht findet sich demnächst auch für Rudi Assauer mal ein schönes Fernsehformat, wo er Leute rauswerfen kann, ohne gleich einen ganzen Fußballklub durcheinander zu bringen.“

Heynckes, ein Fußballehrer der alten Schule, konnte Lehrinhalte nicht zeitgemäß vermitteln

Roland Zorn (FAZ 16.9.) hingegen kann die Trennungsgründe nachempfinden: „Nach der Scheidung „auf“ Schalke können alle Beteiligten aufatmen: die Spieler, weil sie ihren Trainer schon lange nicht mehr verstanden; Jupp Heynckes, weil er zu diesem ganz besonders volkstümlichen Klub von vornherein nicht paßte. Was Manager Rudi Assauer im Juni 2003 schmiedete, erwies sich als Mesalliance. Dies beiderseits anzuerkennen fiel nach einem Jahr ohne Aufschwung und Aufbruchstimmung nicht mehr allzuschwer. Heynckes, ein Fußballehrer der alten Schule, konnte seine Lehrinhalte nicht mehr zeitgemäß vermitteln; die Spieler respektierten die fachliche Autorität ihres Trainers nur in Maßen, weil Heynckes nichts an sich hat, was junge Leute auch mal begeistern könnte. Der Mönchengladbacher gehört zu jenen Fußballfuhrmännern, die ein bißchen zu oft den Blick zurück auf die vermeintlich heile Welt von gestern oder vorgestern richten. (…) Die Scheidung „auf“ Schalke war die richtige Konsequenz zwischen Partnern, die sich nicht mehr viel zu sagen hatten. Für Heynckes könnte Schalke der letzte Anlauf gewesen sein, sich noch einmal in der Bundesliga heimisch zu fühlen. Die Zeiten haben sich geändert, Heynckes aber nicht. Die Show geht weiter, der Pädagoge zieht sich resigniert zurück. Neue Schüler zu finden, die lernwillig zuhören, wird für Jupp Heynckes in Zukunft nicht leichter.“

Richard Leipold (FAZ 16.9.) konkretisiert: “Wie es heißt, haben verschiedene Spieler in letzter Zeit des öfteren Kritik an Art und Arbeit des Trainers geübt. Manche Profis hätten „auf gewisse Veränderungen gehofft“, sagt Teammanager Andreas Müller. Heynckes steht in dem Ruf, zuviel über seine Vergangenheit bei großen Vereinen wie Real Madrid oder Bayern München zu reden, bestimmte, vor allem ihm ergebene junge Profis zu bevorzugen und die Aufstellung häufig zu ändern.“

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