Champions League
Kein sportliches Relaunching der Königlichen
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| Donnerstag, 16. September 2004Bayer Leverkusen-Real Madrid 3:0
Vom Sieger angetan, vom Verlierer enttäuscht ist Martin Hägele (NZZ 16.9.): „Eine halbe Stunde war gespielt, da baute sich Jose Antonio Camacho an der Aussenlinie auf; beide Arme hatte er ausgebreitet, und er bewegte sie in grossen Kreisen nach vorne – so als wolle er seiner Mannschaft Luft zufächeln. Luft oder Mut? Denn was 25 000 Zuschauer bis dahin erlebt hatten, war weder das sportliche Relaunching der „Königlichen“ nach dem katastrophalen Finale der vergangenen Saison noch das neu disziplinierte Real, das die Verteidigerlegende versprochen hatte, als sie zum zweiten Mal als Coach in ihrem Stammklub angeheuert wurde. Auch das teuerste Ball-Ensemble der Welt braucht ein Konzept, Tempo und das nötige Feuer, wenn es die Fans mit seinem Spiel faszinieren will – und von all diesen Eigenschaften besass die finanziell abgespeckte Bayer-Auswahl weitaus mehr als die Elf mit den grossen Namen. Vielleicht sollte man die Fussball-Abteilung des Weltkonzerns nun in Brasilien Leverkusen umtaufen, so schnell und phantasievoll gingen diese Leute mit dem Ball um.“
morgen mehr über dieses Spiel und den Bayern-Sieg in Tel Aviv
Inter Mailand-Werder Bremen 2:0
Sven Bremer (FTD 16.9.) erkennt die Überlegenheit des Siegers an: „Die Ausbeute von Werders Spielerfrauen war weitaus höher ausgefallen als die ihrer Männer. Während die Werder-Profis mit leeren Händen zurückkehrten, hatten ihre Lebensgefährtinnen die eine oder andere Plastiktüte nicht ganz unbekannter Modemacher im Gepäck. In Sachen Mode ist Mailand eine der Top-Adressen in Europa, in Sachen Fußball will das Inter-Starensemble es auch wieder sein. Möglich, dass Inter es bald wieder ist. Der Werder Bremen scheint davon noch etwas entfernt zu sein. (…) Darf es beim Deutschen Meister nicht etwas mehr sein? Inter Mailand ist trotz seiner großen Namen – Adriano, Edgar Davids, Christian Vieri – keine Übermannschaft, die Italiener sind nach nur einem Spiel in der Serie A noch nicht im Rhythmus. Und dennoch war es offensichtlich, dass die Bremer in den entscheidenden Situationen das Tempo der Italiener nicht mitgehen konnten. Dass Mailands schnelle Kombinationen und die Ballstafetten mit dem finalen Steilpass in die Spitze die wackeren Bremer überforderten. Genau dieser Kritik war zuletzt auch die deutsche Nationalmannschaft ausgesetzt. Und genau wie das DFB-Team musste auch Werder erkennen, dass individuelle Fehler auf höchster internationaler Ebene noch schneller bestraft werden als in der Bundesliga.“
Leidenschaft und Lust, Hingabe und Herzblut, Willenskraft und Engagement
Oder lag’s am Schiedsrichter, Hans Trens (FAZ 16.9.)? „Mit einem Blick über die Schulter verfolgte Thomas Schaaf den Abgang des Mannes, der aus seiner Sicht zum unerwünschten Hauptdarsteller dieses Dramas in der Fußball-Oper von Mailand avanciert war. „Da ist er gerade vorbeigehuscht“, sagte der Bremer Trainer und schaute auf Lubos Michel, den international renommierten Schiedsrichter aus der Slowakei. Worte, aus denen sowohl Ironie als auch Empörung herausklangen über den 23. Mann. Ihm galten die Klagen der Norddeutschen nach dem vom Resultat her mißratenen Start in die Champions League. 0:2 bei Inter Mailand, das hätte nicht sein müssen. Der Slowake war alles andere als ein „deutscher Michel“ an diesem regennassen Abend im Giuseppe-Meazza-Stadion und erst recht kein Freund Werders. (…) „Wir haben uns gut präsentiert“, hob Klaus Allofs hervor, nach der Niederlage bei Borussia Mönchengladbach noch ein heftiger Kritiker der neuen Bremer Lässigkeit. Diesmal aber, so Allofs, hätten die Gescholtenen die eingeforderten Tugenden eindrucksvoll bewiesen. Leidenschaft und Lust, Hingabe und Herzblut, Willenskraft und Engagement – Qualitäten, die das Werder-Kollektiv im bisher „besten Saisonspiel“, wie Allofs und Schaaf unisono sagten, zurückeroberte.“