Bundesliga
Imperium VfB
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| Samstag, 25. September 2004„Schwäbisches Imperium VfB“ (FAZ) – ist Rudi Assauer „noch der richtige Dino, um Schalke 04 fit für die Zukunft zu machen?“ (FR) – „einst verwandelte sich unter den Fingern von BVB-Präsident Gerd Niebaum alles zu Gold, nun droht ihm sein Lebenswerk zu entgleiten“ (FR) / BVB-Aktionär Florian Homm könnte das Dortmunder Management unter Druck setzen (SpOn) / „schon wieder ein Wolfsburger im Fernsehen“ (FAZ) u.v.m.
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Imperium VfB
Peter Heß (FAZ 25.9.) schildert das Vorhaben des VfB Stuttgart, sein Image zu stärken: „Am Freitag stellte der schwäbische Verein für Bewegungsspiele als erster Klub der Bundesliga einen Imagefilm vor. Nicht so einen kurzatmig produzierten Videoclip für das Stadion-TV, sondern einen richtigen Werbetrailer für das Vorprogramm in den großen Kinosälen – 2:15 Minuten lang, hergestellt von der Daimler-Chrysler TV Media GmbH, die sonst die Mercedes-Modelle ins rechte Bild rückt. „Wir wollen jede Chance nutzen, unseren Geschäftspartnern zu zeigen, daß wir keine graue Maus sind, sondern ein beachteter und bewunderter Verein“, sagt Erwin Staudt, der Präsident des VfB. (…) Der VfB soll auf Dauer ein Spitzenverein in Deutschland sein und sich auch auf dem europäischen Markt in der Spitzengruppe bewegen. Als wirtschaftliche Basis für die Expansionspläne ist die Heimatregion vorgesehen, sprich der mittlere Neckarraum. 2,6 Millionen Menschen leben hier, tragen 70 Milliarden Euro zum deutschen Inlandsprodukt bei, etwa soviel wie ganz Belgien erwirtschaftet. Ein wunderbares Areal, um Sponsoren und Fans zu finden. Und seit die „Jungen Wilden“ des VfB vor einem Jahr die Champions League aufmischten, rennen das Management und das Marketing offene Türen ein. Zum ersten Mal besteht eine Einheit zwischen Stadt, Land und VfB. Diese Stimmung will der VfB nutzen und sein Imperium ausbauen. (…) Dabei hilft es, daß Mannschaft und Trainer nicht nur viele Spiele gewinnen, sondern besonders sympathisch daherkommen. Im Gegensatz zum FC Bayern polarisiert der VfB Stuttgart nicht, er integriert.“
Noch der richtige Dino, um Schalke 04 fit für die Zukunft zu machen?
Jan Christian Müller (FR 25.9.) zweifelt an Rudi Assauer: „Beim Zielschießen vom Sechzehner an die Latte war noch kein Profi besser als er. Das kann er gut. Aber ist der „letzte Klassenkämpfer der Bundesliga“ (Spiegel) noch der richtige Dino, um Schalke 04 fit für die Zukunft zu machen? Damals, im Frühjahr 1993, war er der Richtige. Der ewige Betreuer Charly Neumann hat den „schönen Rudi“ in der Not nach Sylt chauffiert zum damaligen Präsidenten, Kurklinikbesitzer und Finanzjongleur Günter Eichberg, der ihn in der Not um Hilfe bat. Assauer machte sich an die Aufräumarbeiten, entschuldete den Club, trieb eine wichtige Satzungsänderung voran, die keine Präsidentenwahlen in bierseliger Stimmung mehr zuließ, und zimmerte gemeinsam mit dem Holländer Huub Stevens eine europäische Spitzenmannschaft. „Bis 1997 hat er alles richtig gemacht“, sagt Olivier Krutschinski vom Schalke Supportersclub. Da wurden die Euro-Fighter Uefa-Cup-Sieger, vier Jahre später klaute der FC Bayern Assauer in letzter Minute die Meisterschale. Der Macho schämte sich danach seiner Tränen nicht. Er war derart unumstritten, dass er sich das leisten konnte. Das ist jetzt anders geworden. „Die jahrelange Allmacht eines Rudi Assauer wird den Verein vor die Wand fahren lassen“, findet Tobi von den Ultras Gelsenkirchen und steht damit nicht allein. Seit der verpassten Meisterschaft ist ziemlich viel schief gegangen in Gelsenkirchen-Buer. Trotz Assauer. Oder gerade wegen ihm.“
Blühende Landschaften
Daniel Theweleit (SpOn 24.9.) auch: „Ein wenig erinnert Rudi Assauer an Helmut Kohl. Wie der einstige Bundeskanzler reagiert der Manager von Schalke 04 schon Mal ruppig, wenn er mit kritischen Fragen konfrontiert wird: „Sie sind ja noch viel zu jung und haben keine Ahnung von diesen Dingen“, heißt es dann gern. Auch die Kunst des Aussitzens gehört zum Repertoire beider Autoritäten; viel falsch haben Assauer und Kohl selbstverständlich nie gemacht, schließlich hat jeder sein Reich verschönert. Oder besser: vergrößert. Und das bleibt ja wohl die größte Leistung eines jeden Herrschers. Einen Hang zur Selbstherrlichkeit haben Manager und Altkanzler; beide wirken nach Jahren der Machtfülle bisweilen ein wenig entrückt, im eigenen Empfinden frei von der Pflicht, das Volk über Details zu informieren. Und so weiß man wenig über die finanzielle Situation der Königsblauen. Nur die Summe von 102 Millionen Euro Schulden ist hinlänglich bekannt, und wenn Assauer vollmundig verkündet, das sei alles halb so schlimm, denn die Arena AufSchalke könne „innerhalb eines Tages für ein Vielfaches des Anschaffungspreises“ von 182 Millionen Euro verkauft werden, dann klingt das für Immobilienexperten wie Kohls Rede von den „blühenden Landschaften“.“
Sehr lesenswert! „Einst verwandelte sich unter den Fingern von BVB-Präsident Gerd Niebaum alles zu Gold, nun droht ihm sein Lebenswerk zu entgleiten“, warnt Wolfgang Hettfleisch (FR 25.9.): „Für das, was Niebaum mit der Borussia erreicht hat, kriegt man normalerweise ein Denkmal. Es gibt noch eine zweite Geschichte über den Prädikats-Juristen Gerd Niebaum. Es ist die Geschichte vom westfälischen Midas, unter dessen Fingern alles zu Gold wurde und der im Rausch des Erfolgs das kaufmännische Einmaleins vergaß. Der eine Transfer-Praxis forciert hat, die sich auch als Anleitung zum ökonomischen Selbstmord im Profifußball lesen lässt. Der die Zeichen der Zeit nicht erkannte, als die Erlöse einbrachen, während die Kosten davongaloppierten. Und der sich der finanziellen Erosion der schwarz-gelben Fußballfirma, die am Kursverlauf der Aktie ebenso abzulesen ist wie am just angekündigten Verlust von 67 Millionen Euro im aktuellen Geschäftsjahr, mit immer halsbrecherischeren Manövern und einer Taktik des Verschleierns und Verharmlosens entgegenstemmt. (…) Es steht nicht gut um die Aussichten auf ein Denkmal für Niebaum, der vor Jahresfrist fast einstimmig für drei weitere Jahre im Amt bestätigt worden war. König Midas‘ Gabe, alles in Gold zu verwandeln, erwies sich übrigens als Fluch, von dem er sich mit göttlicher Hilfe reinwusch. Aus Schaden klug wurde er nicht. Als er in einem Wettstreit Pans Gedudel mit der Hirtenflöte den Vorzug vor Apollons himmlischen Weisen auf der Leier gab, rächte sich der Gott. Fortan schlang sich Midas einen Turban um den Kopf – um seine Eselsohren zu verbergen.“
Sollte das Management den BVB nicht erfolgreich auf eine solidere finanzielle Basis stellen, wird es durch fähigere Personen ersetzt werden müssen
Was sagt Dortmunds Führung zu den Warnungen der Öffentlichkeit vor Florian Homm, dem neuen Groß-Aktionär, Jörg Schmitt & Michael Wulzinger (SpOn 25.9.)? Und was sagt Homm über seinen Plan? „Beim BVB ist man bislang völlig arglos. Nein, mit dem neuen Großaktionär habe man noch keinen Kontakt aufgenommen. Nein, man wisse auch nicht, was Herr Homm mit seinem Aktienpaket vorhabe. Weder von dessen legendär schlechtem Ruf noch von dessen aggressivem Geschäftsgebaren lässt sich die Club-Führung irritieren. „Wieso soll Homm diesmal nicht eine langfristige Strategie fahren?“, sagt Manager Michael Meier. „Ich kann doch nicht bei jedem neuen Investor einen Charaktertest machen.“ Ohnehin könne der frisch eingestiegene Shareholder bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, die der BVB nun mal sei, „keinen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben“. Wenn sich Meier da nicht täuscht. Homm, der seit Juli intensiv seinen Scoop vorbereitete, will sich keinesfalls mit der Rolle eines passiven Salonaktionärs zufrieden geben: „Ich bin ein Straight Shooter.“ Er sei eingestiegen, um das aus seiner Sicht unterbewertete Unternehmen „mittelfristig“ nach vorn zu bringen – um jeden Preis. Da schert ihn auch wenig, dass er mit seinen Anteilen formal keinen Durchgriff auf das operative Geschäft beim BVB hat. Homm hat schon oft genug bewiesen, dass er weiß, wie man ein Management unter Druck setzt. „Wenn die Sanierung des Clubs sich nicht schon in den nächsten Halbjahreszahlen niederschlägt, können wir sehr unbequem werden.“ Ein auf Englisch verfasstes internes Strategiepapier seiner FM Fund liest sich wie eine Kampfansage an die BVB-Führung. Gnadenlos watscht Homm die Vereinspolitik ab: „schwacher finanzieller Auftritt, schwacher Management-Auftritt, zuletzt schwache sportliche Leistungen (…) Um es klar zu sagen: Sollte das Management den BVB nicht erfolgreich auf eine solidere finanzielle Basis stellen, wird es durch fähigere Personen ersetzt werden müssen “.“
Schon wieder ein Wolfsburger im Fernsehen
Wo ist die Kamera, wo ist die Kamera? Frank Heike (FAZ 25.9.): „“Wir könnten im Moment in jede Talkshow“, sagt Kurt Rippholz zur Begrüßung. Der Pressechef der VfL Wolfsburg-Fußball GmbH ist ein bekennender Lobbyist. Fast nichts könnte für ihn schöner sein, als seinen Arbeitgeber in den Medien unterzubringen. Daß es dabei manchmal scheppert auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten, mußte Rippholz, einst Finanz-Pressesprecher bei Volkswagen, am vergangenen Samstag in Rostock erfahren: Das ZDF wollte Thomas Brdaric fürs Sportstudio, nach dessen blasser Leistung dann aber doch lieber den Torschützen Pablo Thiam. Brdaric ärgerte sich furchtbar über die Ausbootung und ließ das vor allem Rippholz spüren. Später saß also Thiam als zweiter Wolfsburger nach Roy Präger vor vielen Jahren auf dem Interviewhocker bei Poschmann. Nun hat Rippholz arrangiert, daß Brdaric das Pokal-Achtelfinale in der ARD auslosen darf. Ein Trostpflaster für den Beleidigten. Oder: schon wieder ein Wolfsburger im Fernsehen. (…) Der VfL Wolfsburg ist Erster. Bei VW jubelt man über die unverhoffte Publizität, wo doch der neue GTI dieser Tage vorgestellt wird. Und in der Stadt, diesem Synonym für Provinz, hält ein neuer Geist Einzug: ein Geist, der nicht mit Stefan Effenberg, nicht mit der neuen Arena, nicht mit Jürgen Röber durch Ostniedersachsen gewabert ist. Dafür brauchte der VfL erst einen bodenständigen Mann wie Erik Gerets.“
Passt solch ein Typ nicht zum HSV?
Der erste Trainer ist bereits entlassen, wer wird der nächste sein, Heinz-Wilhelm Bertram (BLZ 25.9.)? „Ein solcher Rausschmiss [gemeint ist Heynckes] wirkt auf alle Kollegen in instabiler Lage lähmend. Es ist wie ein Glockengeläut zur Beerdigung. Man überdenkt die eigene Situation. Und muss sich, wie Klaus Toppmöller, selbst Mut machen: „Ich arbeite von morgens früh bis tief in der Nacht. Und ich sage mir immer: Irgendwann wirst du für diesen Kampf belohnt.“ Belohnt wurde Toppmöller aber erst einmal damit, dass ihm die Vereinsführung mit Almami Moreira kurzerhand einen Spieler vor die Nase setzte, „den ich vorher gar nicht gekannt habe“. Andere hätten das klaglos in sich hineingefressen. Nicht so Toppmöller. Der tat sein maßloses Erstaunen zum Erwerb des Portugiesen öffentlich kund: „Wie soll ich die Verantwortung für einen Spieler übernehmen, den nicht ich verpflichtet habe?“ Da sei er kompromisslos „offen, ehrlich und direkt. Genau diese Werte aber sind unserer Gesellschaft weggebrochen. Ehrlichkeit zählt immer weniger, und da sind wir auf einem ganz bedenklichen Weg.“ Für ihn, Toppmöller, zähle jedoch Geradlinigkeit. Bestärkt werde er immer wieder von Fremden, die ihn in einem Restaurant oder beim Frisör spontan ansprechen würden. „Die sagen: Bleiben Sie bei Ihrer Linie. Ziehen Sie das durch, auch wenn Sie anecken.“ Passt solch ein Typ nicht zum HSV?“
Hallo, wir sind auch noch da
In Freiburg müsste wieder mal was passieren – Christoph Biermann (SZ 25.9.): „Es bedarf normalerweise einiger Verrenkungen, um Gemeinsamkeiten zwischen dem FC Bayern und dem SC Freiburg zu finden. Ob Tradition und Erfolge, Ausstrahlung und Image, die beiden Klubs sind zumeist am entgegen gesetzten Ende des Spektrums angesiedelt. Uli Hoeneß jedoch hat eine Übereinstimmung zwischen den kuschelig Kleinen aus dem Breisgau und seinem Branchenführer gefunden. „Hier spielen die beiden einzigen schuldenfreien Klubs der Liga gegeneinander“ (…) Ein Punktgewinn bei den Bayern ist immer schön, den Freiburgern würde er derzeit besonders gut passen. „Das wäre das Zeichen: Hallo, wir sind auch noch da“, sagt Andreas Bornemann [Manager]. Nun ist sein Klub zweifellos schon länger da, aber irgendwie ist das zuletzt etwas untergegangen. „Für uns ist es ein überragendes Ergebnis, wenn wir in der letzten Saison nie auf einem Abstiegsplatz gestanden haben“, sagt Bornemann, „aber für einige reicht das als Prickeln wohl nicht.“ So ist der SC nicht nur aus dem Fokus des überregionalen Interesses gerutscht, in Freiburg begleitet ihn ein leichtes Murren. „Vielleicht liegt das auch am Menschenschlag hier, denn außerhalb werden wir positiver gesehen“, sagt Bornemann. Zweifellos kann der SC Freiburg mit Sympathiewerten aufwarten, von denen andere Bundesligisten nur träumen. Bei einer Umfrage zur Jahresmitte landete der Klub auf Platz eins, als erhoben wurde, wem die Befragten neben ihrem Lieblingsklub die meisten Sympathien entgegen bringen. Zu einem in der Tendenz ähnlichen Ergebnis kommt eine Untersuchung der Universität Mannheim, die gerade erschienen ist. Dort wurde aus den Faktoren Bekanntheit und Image die so genannte Markenstärke der Bundesligaklubs ermittelt. Freiburg liegt hier hinter dem FC Bayern, Schalke und Dortmund auf einem sensationellen vierten Platz.“