WM 2006
Je länger man es betrachtet, desto besser wird es
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| Donnerstag, 30. September 2004Das WM-Poster ist gewählt, und die Journalisten fassen sich an den Kopf – Reiner Calmund wird Big Boss der WM in NRW (taz) – VIP-Tickets
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Je länger man es betrachtet, desto besser wird es
Bernd Matthies (Tsp 1.10.) belächelt das WM-Poster: „Der WM-Ballhimmel sieht ungefähr so aus, als hätte André Heller, der größte anzunehmende Poet und Kulturchef der WM, gleich selbst Hand angelegt. Ganz oben, so stellen wir uns das vor, sitzen Helmut Rahn und Sepp Herberger mit silbernen Töppen auf der Reservewolke und pusten, huch! ein paar aus Sechsecken zusammengesetzte Seifenblasen ins Universum, während die lebenden Spieler drunten in glitzernder Kluft ins Stadion schweben… Nur, dass eben weiter unten auf dem Plakat die kichernden Logo-Kullerchen die Stimmung schmeißen, weil es so aussieht, als würden sie sich schier beölen über das pathetische Symbol hoch droben. Der Kaiser Franz, wer sonst, hat die richtige Bewertung gefunden: „Je länger man es betrachtet, desto besser wird es.“ Stimmt. Leider sind es nur noch 616 Tage bis zum Anpfiff.“
Was soll ich sagen
Bernd Dörries (SZ 1.10.) würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen – wenn sie nicht schon dort wären: „Es gab auch WM-Poster, die von relevanten Künstlern gestaltet wurden: Miro malte für Spanien 1982, Alberto Burri für Italien 1990. Die einzige, die bei der Enthüllung des Posters lächelte, war eine junge Hostess, die genau dafür bezahlt wird. Das deutsche WM-Poster 2006 also: Himmel und Sterne, die in ihrer Anordnung einen Fußball ergeben. Der Vizepräsident des WM-Organisationskomitees, Wolfgang Niersbach, bat um erste Reaktionen: „Was soll ich sagen“, kam von Lennart Johansson, dem Präsidenten der Uefa. Aber gut. Der Schöpfer des Plakats, Gregor Blach von der Berliner Agentur We-Do, versuchte nun zu erklären, was außer Himmel und Sternen auf dem Bild zu sehen sei: Weltumspannende Leidenschaft, umgedrehte Perspektive, alle Menschen gleich, entstanden aus einem Brainstorming und so . . . Zumindest eines spricht für das Poster: In Hinblick auf das WM-Logo, das bereits seit einiger Zeit existiert, ist es eine konsequente Entscheidung. Die beiden passen zueinander. Die Reaktionen auf das Logo reichten damals von „Ecstasy-Pillen“ bis „WM in Entenhausen“.“
Ästhetischer Schuss ins Knie
In der FTD (1.10.) lesen wir: „Massengeschmack hat halt oft mehr mit Masse als mit Geschmack zu tun, und als ästhetischer Schuss ins Knie hat sich die Idee erwiesen, vor allem die Leser der Bild-Zeitung für die Abstimmung zu mobilisieren.“
Martin Teigeler (taz NRW 1.10.) meldet: „Reiner Calmund wird „Big Boss“ der WM in NRW. Der Rheinländer wird zum 1. Januar 2005 Beauftragter für die WM 2006 in Nordrhein-Westfalen. „Das ist geplant“, bestätigt ein Sprecher der Düsseldorfer Staatskanzlei knapp. Ansonsten: „Kein Kommentar.“ Nach taz-Informationen bekommt Calmund für den Job wohl keine üppige Entlohnung. „Über Geld ist bisher nicht gesprochen worden“, ist aus der Landesregierung zu hören. Denkbar sei eine Aufwandsentschädigung für Spesen. Calmund – der seit den 1970er Jahren als Geschäftsführer für den Leverkusener Werksclub tätig war – soll im Auftrag der Landesregierung für die WM-Spielorte Gelsenkirchen, Dortmund und Köln werben. Auf Touristik-Messen, internationalen Kongressen und in den Medien soll er für die 16 WM-Spiele im größten Bundesland werben.“
Näher ans Stadion kommt mit seinem Wagen nur der Bundeskanzler
André Görke (Tsp 1.10.) spielt mit dem Gedanken, VIP-Tickets zu kaufen: „Jetzt kann jeder die VIP-Tickets der WM kaufen. Oder besser: fast jeder. Die billigste Karte kostet nämlich 5650 Euro. Mit Summen wie dieser jongliert Peter Csanadi ganz selbstverständlich. Der Ungar arbeitet für die Schweizer Agentur International Sport Entertainment (ISE) als Mediendirektor. Sein Unternehmen hat die Rechte an den VIP-Karten für 180 Millionen Euro erworben. „First come, first serve“, sagt Csanadi. Das Unternehmen ist im Besitz von 345 000 Tickets; rund 7000 davon sind Logenplätze in den zwölf Stadien, der Rest so genannte Business-Seats. „Wir haben sehr gute Plätze im Angebot“, sagt Csanadi, „aber wir haben noch bessere.“ Für 5650 Euro kann man nicht nur ein, sondern alle fünf Spiele in einer Stadt gucken – allerdings nur die weniger wichtigen wie die in Hannover, Nürnberg oder Kaiserslautern. Wer alle Spiele in Berlin und somit auch das WM-Finale sehen will, bucht das Kartenpaket „Elite“. Das kostet dann bis zu 13 200 Euro. Für einen gepolsterten Sitzplatz mit Armlehne auf der Haupttribüne. Catering und Parkplatz inklusive. Die Karten für den einfachen Fan sind erst ab 1. Februar 2005 erhältlich. (…) Die billigste Loge ist ab heute für 99 000 Euro erhältlich; die teuerste für 210 000 Euro. Darin finden zwischen 12 und 15 Personen Platz, es gibt ein großes Buffet, persönliche Betreuer, moderne Videowände und exakt vier Parkscheine. Csanadi sagt: „Näher ans Stadion kommt mit seinem Wagen nur der Bundeskanzler.““