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Ball und Buchstabe

Ein Zirkus verträgt nur selten zwei Clowns

Oliver Fritsch | Freitag, 1. Oktober 2004 Kommentare deaktiviert für Ein Zirkus verträgt nur selten zwei Clowns

Petar Radenkovic, „der Mann, der den Torhütern die Freiheit gab“ (FAZ), wird 70 Jahre – in Leverkusen redet man nach der Niederlage wie in der Politik (taz)

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Ein Zirkus verträgt nur selten zwei Clowns

Ulrich Kaiser (FAZ 1.10.) gratuliert Petar Radenkovic zum 70., „dem Mann, der den Torhütern die Freiheit gab“: „Die Partnerschaft zwischen Max Merkel [of: Trainer bei 1860 München] und Radenkovic schlug jedes Wochenende Funken, wenn dieser Torwart sich weit außerhalb des eigenen Strafraums ins Getümmel stürzte – und die Gegner darauf lauerten, den Ball fünfzig Meter weit ins leere Tor treten zu können. Es hat wohl nie einen Torhüter gegeben, der so umstritten war – aber auch kaum einen, der besser war. Er wurde mit den Sechzigern deutscher Meister und erreichte das Europacup-Finale. Er hörte erst auf, als er zum ältesten Spieler der Liga wurde – da war er 35 Jahre alt. Die ewigen Reibereien mit Merkel hatten zwei logische Gründe: zunächst einmal die eigenwillige Auffassung von Radenkovic über das effektvolle Torwartspiel – und dann waren beide wohl die ersten, die erkannt hatten, daß die Zukunft dieses Spiels auch mit der Show zu tun hatte – aber ein Zirkus verträgt nur selten zwei Clowns. Radenkovic war für diese Geschäfte und auch für eine Stadt wie München wie gemacht. Die Werbung bemühte sich um ihn, er war Dressman, er gründete sein eigenes PR-Unternehmen, er betrieb erfolgreichen Im- und Exporthandel mit seiner alten Heimat, natürlich folgte ein Ausflug in die Gastronomie; eine Schallplatte („Bin i Radi, bin i König“) wurde zu einem sensationellen Popularitätserfolg und verschaffte ihm den geläufigen Markennamen Radi.“

Fußball ist endgültig in der Mediendemokratie angekommen

Bayer Leverkusen hat in Kiew wohl mit größeren Verlusten gerechnet – Christoph Schurian (taz NRW 1.10.): “Leverkusen verlegt sich wie Landespolitiker nach ernüchternden Kommunalwahlzahlen auf kernige Erfolgsparolen. „Bei diesem Spiel stelle ich den Spielverlauf über das Ergebnis, die Mannschaft war nicht wieder zu erkennen. Das war richtig gut“, schönschwätzt die Blamage Bayer-Manager Wolfgang Holzhäuser. Ist Holzhäuser etwa in der SPD? Und auch Trainer Klaus Augenthaler, noch weniger im Verdacht ein Polit-Roter zu sein, pickt sich Rosinen aus dem Schlamassel: „Wir haben gezeigt, dass wir mithalten können.“ Wahrscheinlich ist der Fußball endgültig in der Mediendemokratie angekommen – in der Wahlergebnisse wie Kaffeesatz auseinander gefummelt werden, um sich bloß nicht dreckig zu machen. Dazu werden sinnverneinende Kernsätze gebildet, die sich George Orwell nicht besser ausgedacht haben könnte. Der Grund für diese Hirnverrenkungen liegt auf der Hand: Wer einmal verliert, gilt als angeschlagen in der nächsten Entscheidung. Und was Politiker nur alle Jubeljahre verbal zurecht biegen müssen, gehört zum Wochengeschäft der Fußballprofis. Bei den mündlichen Absonderungen geht es nicht nur ums Starkreden, sie sind Teil eines Strategiespiels aus der psychologischen Trickkiste.“

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