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Interview

Als Manager kannst du nie abschalten

Oliver Fritsch | Montag, 11. Oktober 2004 Kommentare deaktiviert für Als Manager kannst du nie abschalten

Oliver Bierhoff (FR): „als Manager kannst du nie abschalten“ – Michael Skibbe (FR): „es wird oft über Dinge geschrieben, die die Journalisten nicht beurteilen können“ – Timo Hildebrand (FAS): „ich kann Jens Lehmann sehr gut verstehen, daß er spielen will“

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Als Manager kannst du nie abschalten

Oliver Bierhoff im Interview mit Frank Hellmann (FR 9.10.)
FR: Sie sind am Tag der Arbeit geboren. Was arbeiten Sie derzeit eigentlich?
OB: Irgendwann höre ich auf, diese Frage zu beantworten. Es ist eine große Herausforderung, die Spaß macht und im Detail viele Anforderungen hat, die oft schwer zu vermitteln sind. Als Spieler hatte ich den Alltag ähnlich dem eines Angestellten: morgens aufschließen, abends abschließen, abschalten. Als Manager kannst du nie abschalten. Ich mache alles, was den nicht-sportlichen Bereich betrifft.
FR: Was denn alles?
OB: Als es um meine Job-Beschreibung ging, wurde mir vom DFB ja zunächst ein reine Repräsentationsaufgabe angetragen. Das habe ich abgelehnt. Ich mache zwar repräsentative Aufgaben, aber ich will anschieben, ich will etwas bewegen. Beispielsweise mache ich bald mit Horst Lichtner (Marketingdirektor des DFB, FR) eine Road-Show bei den Sponsoren. Und wenn ich dafür eine Präsentation vorbereiten muss, mache ich das selbst. Ich pflege Kontakte zu den Medien, zu den Clubs und Spielern. Ich kümmere mich um Nominierungen, Hotel- und Zimmerauswahl. Aber ich habe auch Dinge eingeführt, die es vorher nicht gab. Etwa eine Players-Lounge für die Spieler.
FR: Eine Players-Lounge?
OB: Ja. Mit einem schönen großen Fernseher, einer Playstation, es gibt Karaoke, Stereo-Anlage. Das ist eine Art Aufenthaltsraum, damit die Spieler sich da treffen können und nicht immer auf dem Zimmer hocken. (…)
FR: Ihr Reformeifer bleibt in einem verkrusteten Verband nicht ohne Folgen. Beim DFB soll der eine oder andere die Faust in der Tasche ballen.
OB: Das stimmt. Aber wo ist der, der die Faust in der Tasche ballt, für den Erfolg der Mannschaft wichtig? Der DFB ist nicht nur die Nationalmannschaft, aber die holt fast alles an Geldern herein. Aber ob wir jetzt einen deutschen oder amerikanischen Fitnesscoach haben, das belastet doch den kleinen Verein und auch den großen Landesverband nicht. Und auch keinen in der Rechtsabteilung des DFB. Wir wollen keinen Streit haben, aber wenn die sich an uns stoßen, kann ich das nicht verhindern.

Es wird oft über Dinge geschrieben, die die Journalisten nicht beurteilen können

FR-Interview (11.10.) mit Michael Skibbe
FR: Herr Skibbe, Spieler Ihrer U 20 haben Sie nach dem 2:0 gegen Österreich gelobt. Sie ließen mutig nach vorne spielen. Ist das die Konsequenz aus der Schlappe bei der EM?
MS: Ich wusste gar nicht, dass mich meine Spieler gelobt haben. Ich glaube aber auch nicht, dass ich von den Spielern der A-Nationalmannschaft getadelt worden bin. Wir haben im Rahmen unserer Möglichkeiten auch immer versucht, nach vorne zu spielen. Ich habe gerade die statistische Auswertung der Uefa erhalten: Nur eine einzige Mannschaft hat bei der EM in der Vorrunde mehr klare Torchancen herausgespielt als wir.
FR: Sie sind vielleicht von Ihren Spielern nicht getadelt worden, dafür umso mehr von den Medien. War das berechtigte Kritik?
MS: Es wird oft über Dinge geschrieben, die die Journalisten nicht beurteilen können. Deshalb lese ich nicht viel.
FR: Jetzt wollen sie uns nicht weis machen, dass Sie während der EM die Sportseiten der Zeitungen nicht gelesen haben…
MS: Ich musste mich natürlich mit der Darstellung meiner Person in Bild beschäftigen.
FR: Sie wurden als „Völlers Fehler-Flüsterer“ bezeichnet.
MS: Das war natürlich völlig unsachlich. Wahrscheinlich hat man sich nicht getraut, Rudi zu attackieren. Da war es vielleicht einfacher, das schwächere Glied in der Kette zu attackieren. Das war eine Unverschämtheit.
FR: Sie haben sich, mit Verlaub, aber auch unglücklich dargestellt, als Sie etwa vor dem dann 1:2 verloren gegangenen Spiel gegen Tschechien sagten: „Wir müssen gewinnen und wir werden gewinnen.“
MS: Wenn der Trainer einer Mannschaft im Vorfeld eines so wichtigen Spiels als Bedenkenträger auftritt, ist er sicherlich der falsche Mann. Ich bin nach wie vor überzeugt, dass es richtig war, sich mit breiter Brust in der Öffentlichkeit darzustellen.
FR: Sind Sie in der Nacht von Almancil ebenso überrascht worden vom Rücktritt Völlers wie der Rest der Delegation?
MS: Wir hatten uns nach dem 1:5 in Rumänien und dem 0:2 kurz vor der EM gegen Ungarn abgesprochen, dass bei einem frühen Ausscheiden die Hypothek, die wir bis zur WM mitgenommen hätten, einfach zu groß gewesen wäre. Jürgen Klinsmann kann jetzt sagen: Ich nehme erstmal die jungen Leute und ich spiel erstmal vor allem nach vorne. Das finde ich richtig so, aber das wäre Rudi und mir so nicht möglich gewesen.
FR: Warum nicht?
MS: Weil man uns dann vorgeworfen hätte, dass wir es nicht schon bei der EM genauso gemacht haben. (…)
FR: Herr Skibbe, Sie waren ganz oben als Bundestrainer. Nach Völlers Rücktritt hat es geschlagene zwei Monate gedauert, bis der DFB und Sie sich auf eine weitere Zusammenarbeit geeinigt haben. Fühlten Sie sich im Stich gelassen?
MS: Alle Kräfte im DFB waren auf die Trainersuche konzentriert. Dabei ist man dann fast zwei Monate lang von einer Enttäuschung in die andere gelaufen. Dass da anderes zurückstehen musste, habe ich zwar verstanden, aber es wäre wünschenswert gewesen, dass man sich um die kümmert, die im eigenen Haus verfügbar sind. Das hat das Präsidium versäumt. Da wurde mit dem leitenden Personal, auch mit Uli Stielike, nicht so umgegangen, wie ich es vom DFB eigentlich erwartet hätte. Wir haben dabei blöd ausgesehen.

Ich kann Jens Lehmann sehr gut verstehen, daß er spielen will

Timo Hildebrand im Interview mit Michael Horeni (FAS 10.10.)
FAS: Kann man sich von einem Großmeister der Torleute im Training etwas abschauen?
TH: Ich kann von beiden, von Oliver Kahn und Jens Lehmann, tatsächlich noch etwas lernen. Beide kommen aus einer anderen Torwartgeneration als ich. Beide sind fast zehn Jahre älter. Sie haben viel mehr Erfahrung. Wenn ich sie im Training sehr genau und bewußt beobachte, kann ich mir abschauen, wie sie sich in bestimmten Situationen auf dem Platz verhalten. Ich meine jetzt nicht, wie sie rechts oder links in die Ecken nach einem Ball springen, sondern vor allem, wie sie eine Abwehr dirigieren.
FAS: Seit Monaten wird immer wieder über das Duell Kahn gegen Lehmann diskutiert – und das wird sich bis zur WM 2006 kaum ändern. Wie nehmen Sie als dritter Mann die Auseinandersetzung wahr?
TH: Ich kann Jens Lehmann sehr gut verstehen, daß er spielen will. Beide sind ja in einem Alter, und sie sind seit vielen Jahren Konkurrenten in der Nationalmannschaft – und Kahn ist immer vor ihm. Jens hat jetzt fast 50 Spiele mit Arsenal nicht verloren. Er macht dort einen sehr guten Job – und trotzdem ist er in der Nationalmannschaft nur die Nummer zwei. Daß er nie aufgibt, ist ihm hoch anzurechnen. (…)
FAS: Sie sagten einmal, Sie wollten ohne Berater in der Bundesliga auskommen. Jetzt haben Sie einen – warum geht es nicht ohne?
TH: Ein Spieler sollte nicht mit seinem Verein verhandeln. Da schwirren einem Sachen im Kopf rum, die nicht gut sind. Außerdem sollte das auch ein Profi machen. Dabei geht es gar nicht nur ums Geld. Die Höhe des Gehalts ist bei uns, die wir gut verdienen, ein Maßstab für die Wertschätzung und den Rang eines Spielers in einer Mannschaft.
FAS: Der VfB Stuttgart scheint in dieser Saison besser denn je.
TH: Ja, wir haben uns tatsächlich noch einmal weiterentwickelt. Vielleicht kam der Trainerwechsel von Felix Magath zu Matthias Sammer genau zum richtigen Zeitpunkt. Da ist noch einmal frischer Wind reingekommen, und einige Spieler blühen auf.

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