Ascheplatz
Wenn nicht alles täuscht, sind die Tage Gerd Niebaums gezählt
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| Montag, 11. Oktober 2004Neues aus Dortmund – Freddie Röckenhaus (SZ 11.10.): „Wenn nicht alles täuscht, sind die Tage des Präsidenten Gerd Niebaum gezählt. Nach eigenen Angaben hat der neue BVB-Großaktionär Florian Homm mit einem rund 20 Millionen Euro schweren Engagement die Kapitalerhöhung des börsennotierten Fußball-Unternehmens erst am Freitag, kurz vor der Bilanzpressekonferenz des BVB, fast im Alleingang gerettet. Als Bedingung für seinen rettenden Einstieg hat sich der Fondsmanager und Neckermann-Erbe Homm von den beiden Geschäftsführern Gerd Niebaum und Michael Meier offenbar eine „Drei-Punkte-Erklärung“ gegenzeichnen lassen, die der SZ vorliegt. Gemäß dieser Erklärung verpflichtet sich Niebaum, „spätestens im Rahmen der Neuwahl des Präsidiums des BVB im Jahre 2006″ sein Amt „zur Verfügung zu stellen“. Im gleichen Abschnitt heißt es, dass „die Gesellschaft schnellstmöglich einen externen dritten Geschäftsführer für die Bereiche Finanzen und Controlling suchen und einstellen“ wird. Mit dieser Maßnahme sollen alle Bereiche der Geschäftsführung, die im weitesten Sinne mit Geld und Finanzen zu tun haben, Meier und Niebaum aus den Händen genommen werden. Das kommt einer Entmachtung Niebaums gleich. Die langjährigen BVB-Chefs hatten in ihrer Jahresbilanz einen Saisonverlust von unfassbaren 67,7 Millionen Euro präsentiert, sowie Verbindlichkeiten von 118,8 Millionen und „sonstige finanzielle Verpflichtungen“ (überwiegend aus Leasing-Geschäften) von 363 Millionen Euro. BVB-Manager Michael Meier sagte der SZ am Sonntag zu dem Vorgang: „Ich dementiere das nicht. Ich gebe keinen weiteren Kommentar ab.“ Homm erklärte der SZ am Samstag: „Es ist noch nicht ausreichend klar geworden, dass am Freitag der große Verein Borussia Dortmund gerettet worden ist.“ Diese Aussage bedeutet, dass die Liquiditätsprobleme des BVB noch in dieser Woche eskaliert wären. Ohne die Kapitalerhöhung hätte gar die Gefahr einer Insolvenz gedroht, wie das Nachrichtenmagazin Focus in seiner heutigen Ausgabe schreibt.“
Die Chance auf den Turnaround liegt auf dem Fußballplatz
Vielleicht geht’s ja in Dortmund doch noch gut – Richard Leipold (FAS 10.10.): “Es steht schlecht um die Borussia, so schlecht wie noch nie. Mit seinem Urvertrauen in sportliches und wirtschaftliches Wachstum hat Niebaum, der vor achtzehn Jahren als Sanierer antrat und zunächst Erfolg hatte, den Klub erst zum Börsenpionier des deutschen Fußballs gemacht und nun zum größten Verlustbringer der Bundesliga. Ein Jahresfehlbetrag von knapp 68 Millionen Euro, ein gefährlich negativer Cash-flow von gut 22 Millionen Euro und schließlich Verbindlichkeiten von fast 120 Millionen Euro sind die herausragenden unter vielen bedenklichen Kennzahlen, die Niebaum und sein kaufmännischer Kompagnon Michael Meier auf der Bilanzpressekonferenz vermeldet haben. (…) Der BVB steht vor einem Teufelskreis. Er muß die Personalkosten drastisch senken. Andererseits muß der BVB den Kunden, auf den billigen wie teuren Plätzen, attraktiven Fußball bieten, um sie bei Laune zu halten. In der Zuschauergunst steht der Klub in Europa trotz gegenwärtig mittelmäßiger Leistungen an der Spitze. „Fürs erste wird bei den Zuschauern ein Solidarisierungsschub einsetzen“, vermutet der Finanzanalyst Alexander Langhorst. Auf Dauer werde das Publikum nur treu bleiben, wenn die Mannschaft erfolgreicher Fußball spiele. Der Primat des sportlichen Erfolges setzt weiteren Einsparungen bei den Personalkosten enge Grenzen. Was ist zu tun? „Der BVB muß auf Zeit spielen und hoffen, daß trotz des Sparprogramms bald die Qualifikation für den Europapokal gelingt“, sagt Langhorst. Die Dortmunder Mannschaft muß ihre stillen Reserven abrufen, wenn sie denn welche hat. Die Chance auf den Turnaround liegt auf dem Fußballplatz. Aber wie lange noch?“