indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Internationaler Fußball

Meister des hartherzigen Pragmatismus

Oliver Fritsch | Dienstag, 12. Oktober 2004 Kommentare deaktiviert für Meister des hartherzigen Pragmatismus

Italien verliert 0:1 in Slowenien, was bedeutet das für Marcello Lippi, Peter Hartmann (NZZ 12.10.)? „Vier Monate nach der blamablen Spuckattacke gegen die Dänen in Guimarães, die das Debakel Italiens an der EM einleitete, kehrte Francesco Totti in die Nationalmannschaft zurück, und Lippi erfand für ihn wieder das 4:2:3:1-System, mit dem Trapattoni gescheitert war, mit Totti als frei schwebendem Spielmacher. Aber der slowenische Coach Branko Oblak, in den siebziger Jahren in der jugoslawischen Vielvölkertruppe einer der auffallendsten Regisseure Europas, setzte Lippi mit einem einzigen Zug matt: Der 30-jährige Simon Seslar – seinen Namen hat Totti wahrscheinlich noch nie gehört, und über seinen Klub, „Cmc Publikum“, hätte er gelacht – nahm ihn in Manndeckung, hartnäckig, aber ohne Provokationsversuche. Totti war sichtlich befangen und konnte für Gilardino, den jungen Mittelstürmer, den Trapattoni noch verschmäht hatte, keine Lücken aufreissen. Vielleicht muss Lippi auf mittlere Sicht, also bis zur WM 2006, ohnehin eine Generation ausgebrannter, überschätzter Stars aussortieren, so wie diesmal Del Piero, Vieri und Pippo Inzaghi. (…) Der „schöne Marcello“ ist kein Diplomat und kein Sozialarbeiter, kein Guru und kein Handaufleger, sondern ein Meister des hartherzigen Pragmatismus mit dem unwiderlegbaren Palmarès von fünf Titeln mit Juventus. Roberto Baggio, der Poet unter den Fussballern, hasste ihn aufs Blut und klebte ihm in seinen Memoiren das Etikett des „hinterhältigsten“ und „grausamsten“ Menschenschinders der Branche auf. Auch Lippi hatte seine Schonzeit. Ab sofort – nach zwei Niederlagen in vier Spielen – wird er nun am Resultat gemessen.“

Liechtenstein spielt 2:2 gegen Portugal, wie hat es das geschafft, Andreas Lesch (FTD 12.10.)? “Liechtenstein belegt in der Weltrangliste Rang 151, auch weil es gegen ein Manko kämpft, das sich kaum bezwingen lässt: Das Land ist klein, es hat nicht einmal 34 000 Einwohner. Da ist die Zahl potenzieller Spieler begrenzt. Der 42-jährige Martin Andermatt, der einst beim SSV Ulm gelernt hat, wie man kleine Mannschaften größer macht, spürt das Tag für Tag. Längst nicht alle seiner Spieler sind Profis „Ich gehe hier wirklich an die Grundwurzeln eines Trainers“, sagt Andermatt. „Das Gefälle in der Mannschaft ist sehr groß, das ist unser Problem.“ Lösen lasse es sich nur „mit einem sauberen taktischen Konzept, einer sauberen Grundordnung und mit einem unglaublich großen Herzen“. Mit dieser Mischung haben die Liechtensteiner jetzt die Portugiesen genarrt.“

WM-Qualifikation in Südamerika NZZ

Kommentare

Comments are closed.

  • Quellen

  • Blogroll

  • Kategorien

  • Ballschrank

104 queries. 0,522 seconds.