Bundesliga
Niebaum dürfte nun nicht mehr zu halten sein
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| Donnerstag, 14. Oktober 2004Die Süddeutsche Zeitung veröffentlicht heute das Fax, dessen Existenz und Inhalt die Dortmunder Führung geleugnet hat – Freddie Röckenhaus (SZ 14.10.) berichtet: „Die Luft wird für Gerd Niebaum immer dünner. Mit aller Macht hatte sich der Jurist am Montag und Dienstag gegen Berichte der SZ gewehrt, er habe in einem „3-Punkte-Papier“ dem Dortmunder Großaktionär Florian Homm unter anderem seine Demission aus dem Amt „spätestens im Rahmen der Neuwahl des Präsidiums des BVB im Jahre 2006″ schriftlich zugesichert. „Hier wird versucht, mit gezielten Falschinformationen die Republik in Atem zu halten,“ wetterte Niebaum etwa in der Westfälischen Rundschau und anderen Medien. Die SZ veröffentlicht deshalb heute zum Beweis die Vereinbarung, die der Redaktion im Original vorliegt, in Ablichtung. Sie ist nicht nur von Niebaum und Mit-Geschäftsführer Michael Meier sowie dem Aktionär Homm unterschrieben, sondern auch mit einem längeren handschriftlichen Vermerk Niebaums am rechten unteren Rand versehen. Niebaum schreibt dort als Ergänzung zum vorgefertigten Text: „Vorgenannte Vereinbarungen haben keine Gültigkeit, sofern der Anteil der von FM gehaltenen Anteile auf unter 12 Prozent vom Kapital der Gesellschaft sinkt.“ FM ist die Firma des umstrittenen Investors Florian Homm, der mit einem finanziellen Großengagement die soeben durchgeführte Kapitalerhöhung offenbar im letzten Moment gerettet hat. (…) Niebaum dürfte für die hellhörig gewordenen Gremien des Klubs nun nicht mehr zu halten sein.“
Will Borussia einem Präsidenten vertrauen, der nicht die Wahrheit sagt?
Niebaum sei nicht mehr der richtige für das Dortmunder Spitzenamt, findet Klaus Hoeltzenbein (SZ 14.10.): „Gerd Niebaum hat gelogen. Und diese Lüge ist kein Kavaliersdelikt, in dem Schriftstück mit dem Kampfinvestor und Hauptaktionär Florian Homm wird seine und die Zukunft des Vereins geregelt. Exemplarisch zeigt sich in der Lüge der Stil des Borussen-Managements in der Behandlung des seit Monaten laufenden und selbst verursachten Schuldenskandals. Freiwillig zugegeben wurde nichts, Dementis, Drohungen und juristische Winkelzüge verfolgten jene, die die bitteren Nachrichten Fakt auf Fakt zum Fanvolk brachten. Dieses hat – falls Niebaum stur im Amt beharrt – am 14. November auf der Mitgliederversammlung der Borussia die Wahl. Will es einem Präsidenten vertrauen, der nicht die Wahrheit sagt?“
System der Abhängigkeiten und des Duckmäusertums
Niebaums Sicherungssystem scheint zu bröckeln, lesen wir von Freddie Röckenhaus (SZ/Seite 3 – 14.10.): „Spätestens seit 1997, so berichten Männer wie Werner Wirsing (ehemaliger Schatzmeister), trat der blanke Größenwahn an die Stelle von mutigem Unternehmertum. Mit dem Schulden-Fiasko als vorläufigem Schlusspunkt. „Ich fürchte, selbst mein Bleistift und mein Kuli sind geleast“, sagt eine BVB-Geschäftsstellenkraft. Aber namentlich zitiert werden will niemand in dem berühmten Fußballklub und seinem Umfeld. Aus Angst vor Dr. Gott. Denn Gerd Niebaum, der von Zeitungen schon 1997 als „Sonnenkönig“ beschrieben wurde, hat in 18 Jahren seiner Regentschaft ein System der Abhängigkeiten und des Duckmäusertums aufgebaut, das in vielen Zügen auch an die endlose Regierungszeit des Helmut Kohl erinnert. Vorstandskollegen, wie einst Werner Wirsing, die sich dem selbstherrlichen Umgang des Patriarchen Niebaum mit den Vereinsgeldern nur andeutungsweise in den Weg stellen wollten, wurden immer wieder aus dem Weg gemobbt. So bevölkert im 19. Niebaum-Jahr eine Population von Niebaum-Jüngern die diversen Vereinsgremien. Doch auf der Ebene, die darunter liegt, hat sich der Widerstand breit gemacht. Seit Monaten sickert eine Insider-Information nach der anderen aus der Klubzentrale. Nein, sagt ein BVB-Kenner, Niebaums Reich sei nicht vergleichbar mit dem eines Sonnenkönigs. Es erinnere eher an Rumänien unter Ceausescu. Immer wieder wurde mit trickreichen „Sondereffekten“ und feinem Bilanz-Make-up der Eindruck erweckt, als seien die mörderisch hohen Transfersummen und Spielergehälter verkraftbar. Im November 2003, kurz nachdem die BVB-Chefs die teure Mannschaft in einer Notsitzung angebettelt hatten, auf 20 Prozent ihrer Gehälter wenigstens bis Saisonende zu verzichten, stellte sich Präsident Niebaum vor sein Wahlvolk von BVB-Mitgliedern und verkündete: „Wir sind in allen Geschäftsfeldern gut aufgestellt.“ Niebaum wurde mit der SED-tauglichen Mehrheit von 99,1 Prozent im Amt bestätigt. Schon damals flüsterten sich besser informierte BVB-Mitglieder noch bei der Versammlung zu, es habe selten eine Rede gegeben, die das Prädikat „Wahlbetrug“ mehr verdiene als diese. Aufgestanden allerdings ist keiner.“