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Internationaler Fußball

Irgendwann wird erwartet, dass seine persönliche Entwicklung der sportlichen nahe kommt

Oliver Fritsch | Donnerstag, 14. Oktober 2004 Kommentare deaktiviert für Irgendwann wird erwartet, dass seine persönliche Entwicklung der sportlichen nahe kommt

Passt der Liverpooler Wayne Rooney in die Glitzerwelt Manchester Uniteds? Maik Großekathöfer (Spiegel 11.10.) beschreibt Rooneys Regeneration nach den Spiel: „Gegen 18.30 Uhr, so haben es Reporter beobachtet, trifft er in der Prohibition Bar ein. Rio Ferdinand, der Abwehrrecke und Nationalmannschaftskollege, begleitet ihn. Es wird ein sehr englischer Fußballer-Abend. Er endet gegen 0.45 Uhr. Doch was in Deutschland zu einer Grundsatzdebatte über Arbeitsethik und Freizeitgestaltung millionenschwerer Profis geführt hätte, taugt beim englischen Publikum allenfalls für einen respektvollen Witz in der Frühstückspause. Spätestens seit Rooney bei der EM in drei Spielen vier Tore schoss, ist er der Stolz des Fußball-Mutterlandes. Die Massen lieben ihn, gerade weil er nicht den Modefimmel eines David Beckham besitzt und nicht so klosterschülerbrav daherkommt wie Michael Owen. Rooney verkörpert den Urtyp britischer Fußballkultur. Er trägt eine Metzger-Frisur, hat abstehende Ohren und einen Stiernacken. Er personifiziert das Märchen vom Aufstieg des armen Straßenkickers. (…) Everton-Fans verzeihen Rooney den Abgang nicht. Sie fühlen sich von ihrem Liebling verraten. Wenn sie nun bei Heimspielen singen „Steht auf, wenn ihr Rooney hasst“, bleibt kaum einer sitzen. Auf der Rückseite der Tribüne wird er – weiß auf blau – als „Judas“ beschimpft. An eine Hauswand unweit des Stadions hat jemand „W Rooney soll sterben“ geschmiert. Und wer auf der M62 von Liverpool Richtung Manchester fährt, kann in fetten Buchstaben lesen: „Rooney equals scrooffs with dough“ – Rooney tauscht seine Wurzeln gegen Moneten. Vor Gems Youth Centre in der Gillmoss Lane, wo Rooney früher Tischtennis gespielt hat, ist die Stimmung nicht besser: „Der Bastard hätte zu jedem Club gehen können“, mault ein Teenager, „zu Chelsea oder ins Ausland – nur nicht zu United.“ Manchester liegt 50 Kilometer von Liverpool entfernt, und United ist all das, was der FC Everton nicht ist: Die Aktien des Clubs werden an der Börse gehandelt, ManU hat einen eigenen Fernsehsender und Siegertrophäen massenhaft. Doch genau das könnte zum Problem werden. Der Champions-League-Sieger von 1999 ist eine Hochleistungsmaschine, ein weltweit operierendes Unternehmen, gespickt mit internationalen Stars wie Ruud van Nistelrooy und Cristiano Ronaldo. Irgendwann wird von Rooney erwartet, dass seine persönliche Entwicklung der sportlichen nahe kommt.“

Ich bin sicher, viele Leute denken, dass ich nicht genug Hirn habe

Beckham foult, ein Ereignis – Sabine Rennefanz (BLZ 14.10.): „Es sah nach einer kindischen Racheaktion aus. Oder, wie die Verschwörungstheoretiker unter den britischen Journalisten vermuteten, ein Ablenkungsmanöver von neuen Affärengerüchten. Denn pünktlich zum Qualifikationsspiel hatte eine Sonntagszeitung die Geschichte einer Kosmetikerin gedruckt, die Beckham angeblich nicht nur Selbstbräunungscreme auftragen durfte. „Werde endlich erwachsen, Becks!“, forderte die Zeitung Guardian in einem Kommentar. Doch wie wenig hatten die Journalisten den Mann verstanden: Er habe sich absichtlich verwarnen lassen, erklärte David Beckham. „Ich wusste, ich würde ein paar Wochen ausfallen, also dachte ich: Lass uns die Gelbe Karte wegräumen. Ich bin sicher, viele Leute denken, dass ich nicht genug Hirn habe, um so clever zu sein. Aber ich habe das Hirn. Ich spürte die Verletzung. Also foulte ich Thatcher.“ Doch diese Erklärung, einmalig in Englands Fußball, verstand man noch weniger. Der einstige Nationalheilige brachte halb England gegen sich auf.“

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