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Interview

Werder ist Meister und Pokalsieger geworden, für mich sind die nicht besser als wir

Oliver Fritsch | Samstag, 16. Oktober 2004 Kommentare deaktiviert für Werder ist Meister und Pokalsieger geworden, für mich sind die nicht besser als wir

Markus Babbel im Interview mit Martin Hägele & Ludger Schulze (SZ 16.10.)
SZ: Sie haben ein Nervenleiden überwunden, das Guillain-Barré-Syndrom. Wie kommt man dazu?
MB: Es entsteht durch eine Immunschwäche, ausgelöst durch das Pfeiffersche Drüsenfieber. Der Körper produziert Antikörper gegen das Virus, das schon gar nicht mehr vorhanden ist. Dadurch werden die Nervenenden angegriffen, die Muskeln bekommen keine Impulse und hören auf zu arbeiten. Ich hatte noch Glück: Bei mir ging es nur so weit, dass ich bis zu den Knien kein Gefühl mehr hatte, permanentes Kribbeln in den Fingern, ein Teil der Gesichtshälfte war gelähmt. Bei anderen kann das bis zum Atemstillstand führen.
SZ: Kam das plötzlich?
MB: Bei mir war das ein schleichender Prozess. Ich dachte erst, das Kribbeln seien leichte Durchblutungsstörungen. Aber nach 14 Tagen hab ich gedacht, da stimmt doch was nicht, und beschloss, nach München zum Spezialisten Prof. Roman Haberl zu gehen. Ich bin gerade noch rechtzeitig ins Flugzeug gestiegen.
SZ: Wann konnten Sie sich denn wieder einigermaßen normal bewegen?
MB: Nach etwa zehn Wochen. Wahnsinn war, wie ich vor einem Spiegel auf einem Laufbahn ging – wie ein Roboter. Du weißt, wie es geht, das Gehen, aber du kannst es nicht umsetzen.
SZ: Gab es mal einen Punkt, an dem Sie aufgeben wollten?
MB: Komischerweise nie. Ich hab mich auch nie gefragt, warum ich, warum kein anderer. Ich will da eine Geschichte erzählen: Im Krankenhaus hat mich ein neunjähriges Kind besucht, Fan von Bayern München, Leukämie, Überlebenschance 50 Prozent. Der Bub kam mit seinem Schal und einer Freude, da hab ich mir gedacht: Na, so schlecht geht es dir ja gar nicht. Für mich war immer klar, dass ich wieder zurück komme, zumal ich vom Verein (FC Liverpool) großartig unterstützt wurde. Wie ernst die Krankheit ist, wurde mir erst im Nachhinein bewusst. (…)
SZ: Wie ist Ihr Bild vom VfB Stuttgart?
MB: Uneingeschränkt positiv. Ich hatte es mir schwieriger vorgestellt, was die Leute betrifft, wie sie mich beäugen als früheren Bayern-Spieler. Es gab nie etwas wie Ablehnung. Philipp Lahm hat da gute Vorarbeit geleistet.
SZ: Und sportlich?
MB: Ich habe zu einem ganz passablen Spiel gefunden, wir stehen ganz gut da hinten, zusammen mit Martin Stranzl.
SZ: Trauen Sie Ihrer Mannschaft zu, dem FC Bayern München in dieser Saison den Kampf anzusagen?
MB: Ich bin gewohnt, Titel zu gewinnen, in München wie in Liverpool. Diesen Anspruch habe ich auch hier. Der VfB ist eine Topmannschaft, wir sind eine Einheit und haben Spitzenspieler. Und in Zvonimir Soldo haben wir einen Führungsspieler, der den Laden zusammenhält. So einen habe ich selbst bei Bayern nicht erlebt. Werder ist letztes Jahr Meister und Pokalsieger geworden, und für mich sind die nicht besser als wir.

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