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Bundesliga

Bochums Bumerang

Oliver Fritsch | Montag, 18. Oktober 2004 Kommentare deaktiviert für Bochums Bumerang

Der 8. Bundesliga-Spieltag im Pressespiegel: „harmonische Zusammenarbeit in Stuttgart“ (FAZ) – „Mainz, wie es singt und lacht, Bremen, wie es schweigt und grollt“ (FAZ) – kein Glanz in München – Optimismus in Berlin – „der überschwänglich gefeierte Uefa-Cup-Einzug Bochums erweist sich als Bumerang“ (taz)

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VfB Stuttgart-Borussia Dortmund 2:0

Harmonische Zusammenarbeit

Peter Heß (FAZ 18.10.) hält den VfB für stärker als im letzten Jahr: “In diesem Herbst sprechen drei Dinge dafür, daß sich der Stuttgarter Höhenflug bis in den Frühsommer fortsetzt. Zum einen kostet der Uefa-Cup weniger Konzentration und Energie als die Champions League, zum anderen steht das Verhältnis Trainer/Mannschaft auf einer gesünderen Grundlage. Außerdem sind die jungen Wilden noch reifer geworden. Während Magaths Regentschaft mehr auf dem Prinzip Befehl und Gehorsam basierte, der Alleinherrschaftsanspruch des Trainer-Managers nicht nur Kräfte freisetzte, sondern auch blockierte, legt Matthias Sammer Wert auf eine harmonische Zusammenarbeit. Die Leistungssteigerungen von Mittelfeldspieler Hleb und von Stürmer Cacau sind die augenfälligsten Auswirkungen von Sammers Methode. Ansonsten spielt die Mannschaft so, wie sie es von Magath beigebracht bekam: diszipliniert, engagiert, mit viel Gefühl für Raum, Zeit und Tempo.“

FSV Mainz-Werder Bremen 2:1

Wie im Film!, ruft Ulrich Hartmann (SZ 18.10.): „Bei Zorro war es immer so: Am Ende jeder Fernsehfolge hatten die Bösewichter den guten Mann mit der Peitsche im Schwitzkasten und drohten ihm die Maske vom Gesicht zu reißen. Man hat gedacht: Diesmal haben sie ihn. Und dann? Nichts. Zorro entkam, rettete sich irgendwie doch noch aus der Bredouille und ritt als moralischer Sieger von dannen, geradewegs hinein in die nächste Folge, in der ihm genau das Gleiche passieren würde. Gerettet in letzter Sekunde. Das Genre nannte man Cliffhanger. Bei den Heimspielen des FSV Mainz 05 ist es meistens so: Zwischendurch stecken die Spieler vom Aufsteiger ganz schön in Schwierigkeiten, dann droht ihnen die erste Heimniederlage in ihrer ersten Bundesliga-Saison. Man denkt dann immer: Diesmal erwischt es sie. Und dann? Nichts. Die Mainzer verlieren nicht, meistens drehen sie das Spiel sogar noch, tanzen als moralische Sieger vor ihren berauschten Fans und freuen sich strahlend auf das nächste Heimspiel, in dem ihnen das Gleiche widerfährt. Gerettet in letzter Sekunde. In Mainz ist der Fußball wie eine turbulente Fernsehserie. (…) Das hat nichts damit zu tun, dass die Mainzer technisch versierte Fußballer wären. Das sind sie nämlich nicht. Sie spielen viele Fehlpässe, legen sich die Bälle oft zu weit vor, sind langsamer als viele Kontrahenten und offenbaren weitere technische Mängel. Aber was sie ziemlich perfekt demonstrieren, sind Stellungsspiel, Raumaufteilung und Pressing. Die Gegner können sich nicht entfalten, finden wenig Lücken, haben kaum Raum zur Kreativität.“

Fußball ist relativ einfach

Roland Zorn (FAZ 18.10.): „Selten schmallippig und wortkarg verließen die spät, aber richtig gestürzten Meister die Karnevalshochburg. Mainz, wie es singt und lacht, das waren die jubilierenden Sieger, Bremen, wie es schweigt und grollt, das waren die über sich selbst wütenden Verlierer des Tages. (…) Allofs wie Schaaf lamentierten nicht lange herum, daß Werder kurz vor der Pause ein einwandfreier Treffer von Charisteas wegen Abseits aberkannt wurde; sie beschwerten sich auch nicht darüber, daß Niclas Weiland keineswegs im passiven Abseits stand, als dessen Kollege Auer das Siegtor erzielte; vielmehr empfahlen sie ihren früh saturierten Meistern den nimmermüden Elan der Rheinhessen zur Nachahmung. „Fußball ist relativ einfach“, sagte Allofs, „die Mainzer Mannschaft ist taktisch gut geschult, spielt Pressing, hat eine hohe Laufbereitschaft. Vor allem gibt sie in keiner Phase auf, das ist der entscheidende Punkt.“ Werder dagegen, nach Charisteas‘ Führungstreffer nicht hungrig genug auf den Nachschlag, habe „den Gegner laufen lassen, statt ihn zu stellen“, wie Schaaf bemängelte. Allzudeutlich war den Grün-Weißen anzumerken, daß sich eine Reihe von Profis schon für das Champions-League-Duell beim RSC Anderlecht zu schonen begann, als noch nichts gewonnen war. Und so kam es wie so oft im Fußball.“

of: Das Siegtor von Benjamin Auer, bei dem Niclas Weiland dem Torhüter die Sicht erschwerte, provoziert erneut eine Debatte um passives Abseits auf allen Kanälen. Dabei stand Weiland nicht im Abseits, weder im passiven noch im aktiven; der rechte Verteidiger der Bremer, von den TV-Kameras nicht abgebildet, stand näher zur Torlinie.

Bayern München-Schalke 04 0:1

Früher war mehr Lametta – Elisabeth Schlammerl (FAZ 18.10.): „Der FC Bayern München war der Zeit wieder einmal ein wenig voraus, oder vielmehr ein Sponsor des Klubs war es. Der hatte auf der Tartanbahn vor der Haupttribüne einen üppig geschmückten Weihnachtsbaum aufstellen lassen, gleich neben dem Biergarten eines anderen Sponsors, in dem zwei sommerlich bekleidete Schaufensterpuppen an einen Tisch gesetzt worden waren. Ein wenig skurril, aber im Gegensatz zum Spiel amüsierte diese Szenerie die meisten Zuschauer wenigstens. Denn das einzige, was geglänzt hat beim deutschen Rekordmeister, waren die Kugeln am Weihnachtsbaum. (…) Für Ralf Rangnick hat die Top-Form von Asamoah in dieser Saison vor allem mit dessen Fitness zu tun. „Daran hat mein Vorgänger Jupp Heynckes einen großen Anteil.“ Der dritte Sieg im dritten Spiel unter seiner Regie gibt Rangnick Hoffnung, daß sich die Mannschaft nun stabilisiert hat. Vor allem in der Abwehr. In München blieben die Schalker zum ersten Mal in dieser Saison ohne Gegentreffer.“

Daniel Pontzen (Tsp 18.10.) bohrt nach: „Zum Ende eines sehr entbehrungsreichen Arbeitstages hätte Felix Magath doch noch einiges von dem sehen können, worauf er zuvor 90 Minuten lang vergeblich gewartet hatte. Bevor er den Presseraum verließ, in dem er gerade noch nach Erklärungen für die Darbietung seiner Mannschaft gesucht hatte, schaute er auf das Fernsehgerät über dem Ausgang, aus dem die Sportschau flimmerte. Einige Sekunden lang blieb sein Blick auf dem Bildschirm haften, dann senkte Magath den Kopf und machte sich auf in den Feierabend. Zu sehen waren Ausschnitte aus dem Spiel seines Ex-Vereins VfB Stuttgart und dabei gab es Angriffe, Torschüsse, schönes Kombinationsspiel – eben all das also, was ihm seine Mannschaft hartnäckig vorenthalten hatte.“

Kommt der da an mit seinem Täschchen

Wer? Jörg Schallenberg (taz 18.10.): „Mit Roy Makaay stand lediglich eine Spitze im Kader, auf den Nachwuchsstürmer Paulo Guerrero hatte Magath dankend verzichtet, weil der Peruaner nach seinem Nationalmannschaftsdebüt zu spät wieder in München eintraf: „Wenn wir auf so einen Spieler angewiesen sind, sieht es schlecht aus. Kommt der da an mit seinem Täschchen nach dem Abschlusstraining …“ – der Rest blieb Kopfschütteln. Neben Guerrero ärgerte sich Magath am meisten über Sebastian Deisler, der eine Art zweite Spitze spielen sollte, sich aber ständig ins Mittelfeld zurückfallen ließ, um dort den Ball zu fordern. Pech nur: Wenn er ihn bekam, war vorne niemand, den er noch anspielen konnte. Als Konsequenz seiner taktischen Taubheit musste Deisler schon in der Pause Platz machen.“

Philipp Selldorf (SZ 18.10.) lobt Schalkes Abwehr: „Keine einzige seriöse Torchance hatten die Münchner gehabt. So hatten sich die Schalker Chefplaner das wohl vorgestellt, als sie im vergangenen Winter ihre Entwürfe für die Saison 2004/2005 realisierten. Aus Bremen angelten sie den Innenverteidiger Mladen Krstajic, einen Fußballsoldaten der Eliteklasse, und aus Stuttgart den Brasilianer Marcelo Bordon, der dank seiner überaus stabilen Bauweise auch in einer durchgehenden Rinderherde die Standfestigkeit wahren würde. Die auf einfacher Logik beruhenden Berechnungen sahen vor, durch die Kombination zweier herausragender Innenverteidiger einen panzerfesten Abwehrwall konstruiert zu haben, die Tatsachen ergaben jedoch eine vom X-Faktor bestimmte Wirklichkeit. Schalkes Deckung produzierte Fehler und kassierte Gegentore in einer Reichhaltigkeit, wie es mit den braven Abwehrleuten Kläsener, van Kerckhoven, Hajto und Waldoch nie geschehen war. Man war einander noch ziemlich fremd, Teams wie Rostock, Kaiserslautern, Mönchengladbach und Wolfsburg nutzten das gern aus, und unter anderem deshalb musste Jupp Heynckes seinen Posten aufgeben. Schlechter Trost für ihn, dass sich nun zusammenfügt, was zusammenpasst.“

Hertha BSC Berlin-Bayer Leverkusen 3:1

Schlechte Laune in Leverkusen empfindet Matthias Wolf (FAZ 18.10.): “Carsten Ramelow war der einzige, der selbstkritische Worte fand. Seine Kollegen hasteten an den Fragestellern vorbei. Eine gewisse Feigheit, die zum mutlosen Spiel paßte und auch Klaus Augenthaler nicht entgangen war: „Die sitzen jetzt alle in der Kabine, und ich muß wieder Rede und Antwort stehen – obwohl ich die Tore nicht verhindern konnte.“ Nur noch zynische Worte fand er für seine Profis, deren Darbietung er „wie einen Stich ins Herz“ empfinde. Er werde „einen Antrag stellen“, daß künftig jede Partie live nach Brasilien übertragen werde. „Denn dann“, so der aufgewühlte Trainer, „gehe ich davon aus, daß wir wieder eine Galavorstellung abliefern.“ Es brodelt in Augenthaler. Solche Schwankungen habe er noch nie erlebt von einem Team. „Das ist ein Wellental von ungewöhnlichen Ausmaßen.“ In Berlin deutete er an, daß er nicht weiter tatenlos zusehen wird.“

Optimismus in Berlin, fühlt Matti Lieske (taz 18.10.): “Mit dem Sieg ist bei den Herthanern endgültig die Gewissheit eingekehrt, dass sich der Horror der vergangenen Saison mit dem Abstiegskampf bis zum Schluss in dieser Spielzeit nicht wiederholen wird. Stattdessen darf man sich getrost nach oben orientieren, zumindest wenn die Protagonisten des Erfolgskurses gesund bleiben.“

VfL Bochum-Hansa Rostock 0:1

Der überschwänglich gefeierte Uefa-Cup-Einzug erweist sich als Bumerang

Bochumer Herbst – Holger Pauler (taz 18.10.): „“Opel gehört zu Bochum wie der VfL“, war auf dem Transparent zu lesen, das die Spieler vor der Partie hoch hielten. „Bochum kämpft für Opel“, erwiderten die Fans. Kratzen, Beißen, Grätschen war angesagt. Leider blieb davon während des Spiels nicht mehr allzu viel übrig. (…) Zu leblos und apathisch wirkten die Spieler. Nirgends jemand zu erkennen, der Mannschaft, Verantwortliche und Umfeld aus der Depression heraus führen kann. Es scheint, als hätten die Negativerlebnisse der letzten Wochen irreparable Schäden im Gesamtgefüge VfL Bochum verursacht. Anders sind sowohl die Leistungen der Spieler, als auch das mehr als unsensible und aggressive Verhalten der Fans nicht erklärbar. Der vor Monaten überschwänglich gefeierte Uefa-Cup-Einzug erweist sich als Bumerang. Und die Opelaner müssen sich die Unterstützung wohl woanders holen. Der VfL hat momentan seine eigenen Probleme.“

Auch der Genosse Trend spielt gegen Bochum, als trüge er das Trikot des Gegners

Richard Leipold (FAZ 18.10.) ergänzt: “Gegen die auswärts abermals gut organisierten Hanseaten wirkten die Bochumer, als hätten sie das Spielen verlernt. Die VfL-Profis kochen auf Sparflamme, und es fällt ihnen schwer, was vor ein paar Monaten noch wie von selbst lief. Nicht einmal in ihrer Spezialdisziplin Standardsituationen können sie sich auf ihre alte Stärke verlassen, die ihnen im Vorjahr allein 29 Tore ermöglichte. „Die Mannschaft steckt in einem Tief“, sagt Torhüter Rein van Duijnhoven. Dieser Befund ist das Ergebnis eines schleichenden Prozesses, der schon ein paar Wochen andauert, zunächst aber ignoriert wurde. Es fing an mit zweifelhaften Schiedsrichterentscheidungen, die manchen Punkt kosteten, setzte sich fort mit vermeidbaren Fehlern und gipfelte vorerst im selbstverschuldeten Scheitern in der letzten Minute der ersten Europapokalrunde. Seitdem spielt auch der Genosse Trend gegen Bochum, als trüge er das Trikot des Gegners.“

Hamburger SV-Arminia Bielefeld 0:2

Das Gesicht zur Faust geballt

Markus Jox (taz 18.10.) leidet mit Toppmöller: „Es war ein Abgang ohne Worte. Unmittelbar nachdem Schiedsrichter Wolfgang Stark abgepfiffen hatte, stürmte Klaus Toppmüller durch den Spielertunnel in Richtung Kabine. Wortlos und das Gesicht zur Faust geballt stapfte der Mann an der hinter einer Absperrung geiernden Medien-Meute vorbei und würdigte diese keines Blickes. Und kein Reporter wagte es Toppmöller anzusprechen. Die Luft in den Katakomben der AOL-Arena war nicht nur dick, sie war bleihaltig. Auf der Pressekonferenz musste sich der bediente Toppmöller dann auch noch von Gästetrainer Uwe Rapolder öffentlich Honig um den Bart schmieren lassen: die Höchststrafe. „Noch nie in dieser Saison sind wir auswärts so unter Druck gesetzt worden wie in der ersten Halbzeit vom HSV“, schwadronierte der Coach des Aufsteigers, der nun drei Auswärtsspiele hintereinander gewinnen konnte. Toppis Team sei „moralisch absolut intakt“ und „gut organisiert“, ging die Demütigung weiter.“

Arminia hatte ein System, der HSV nicht

Ein gerechtes Ergebnis, findet Frank Heike (FAZ 18.10.): „Es war ein Lehrstück des modernen Fußballs, wie eine Mannschaft der Namenlosen aus Bielefeld gegen ein mit Nationalspielern gespicktes Hamburger Team verdient gewann: Arminia hatte ein System, der HSV nicht. Er hatte nie eines unter Toppmöller. Insofern ist die Entlassung richtig. Die Bielefelder Tore drückten die Überlegenheit der Arminia kaum aus. Die zusammengestückelte Hamburger Mannschaft, die aus überschätzten (Rahn, Mpenza), formschwachen (Takahara, Schlicke, van Buyten, Boulahrouz) und nicht bundesligatauglichen Profis (Moreira) besteht, versuchte zu kämpfen, aber es gibt beim HSV einfach kein Konzept, und die Selbstzufriedenheit ist groß. (…) Der Moselaner Toppmöller und der einst große HSV, es war eben doch ein Mißverständnis, mochte die Idee der Bindung des Bauchmenschen „Toppi“ an den seit Jahren gesichtslosen HSV bei der Verpflichtung auch Charme gehabt haben.“

1. FC Nürnberg-SC Freiburg 3:0

Armin Grasmuck (FAZ 18.10.) ist enttäuscht von Freiburg: „Freiburg präsentierte sich während der 90 Minuten enttäuschend, zu keiner Phase ambitioniert, den Ball auf die gewohnt brillante Art zirkulieren zu lassen. Auch fehlte der nötige Biß. Die Abwehr stand schlecht, sie ließ sich mehrfach auf billigste Weise übertölpeln. Nach vorne ging rein gar nichts: Ein Schuß, kurz nach der Halbzeit, war die magere Ausbeute.“

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