Ball und Buchstabe
Gemischte Gefühle
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| Donnerstag, 21. Oktober 2004Was darf und soll man in der Öffentlichkeit über Sebastian Deisler und seine Krankheit sagen, Holger Wormer (SZ 21.10.)? „Die einen sind froh, endlich eine Gallionsfigur im Kampf gegen eine Tabu-Krankheit zu haben, die anderen empfinden die öffentliche Darstellung einer prominenten Krankengeschichte als großes Risiko: Der Umgang mit dem Fall Deisler ruft bei Medizinern gemischte Gefühle hervor. In die Kritik gerät dabei nicht zuletzt einer von Deislers behandelnden Ärzten, Florian Holsboer vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München. Er hatte sich in Interviews ausführlich zu depressiven Erkrankungen geäußert, am Dienstag aber auf seine ärztliche Schweigepflicht verwiesen. (…) „Wenn ein Arzt über die Krankheit seines Patienten in den Massenmedien redet, ist das äußerst problematisch“, sagte Felix Tretter, Psychiater und Chefarzt am Bezirkskrankenhaus Haar bei München. „Sehr leicht werden dabei individuelle Aspekte der Krankheit des Einzelnen mit allgemeinen Hintergrund-Informationen vermischt“, warnt er. Dem Patienten selbst könnten solche Äußerungen sehr schaden. (…) Andere Fachleute wollen in dem Auftreten von Deislers Arzt wenig Verwerfliches erkennen: „Wir waren nach der Pressekonferenz im vergangenen Jahr regelrecht begeistert“, sagt der Depressions-Experte Herbert Pfeiffer, der ebenfalls am Bezirkskrankenhaus Haar arbeitet und sich in einem „Verein zur Unterstützung affektiv Erkrankter“ engagiert. „Die Krankheit wird in der Öffentlichkeit sonst viel zu oft totgeschwiegen“.“