indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Deutsche Elf

Theo kämpft gegen die Profiwelt

Oliver Fritsch | Samstag, 23. Oktober 2004 Kommentare deaktiviert für Theo kämpft gegen die Profiwelt

Vor dem DFB-Bundestag – Thomas Kistner (SZ 23.10.) versucht, Licht hinter die Kulissen der deutschen Fußball-Macht zu spenden: „In Osnabrück wird die Doppelspitze installiert, alles andere ist offener denn je – weil sportpolitische Verhandlungsmasse. Die DFL stellte kurz vor den endgültigen Beschlüssen plötzlich alle Vereinbarungen in Frage, das DFB-Präsidium hetzte von einer Krisensitzung in die nächste. Es geht um alles, es geht um die Vorherrschaft. Und der Bundestag soll zeigen, wie fest der 59-jährige Amateurkandidat Zwanziger im Sattel sitzt. Die Liga will von der Schwächephase an der DFB-Spitze profitieren, sonst hätte sie MV im Sommer fallen lassen – als „lame duck“ aber, als lahme Ente, ist er hilfreicher. Unklar bleiben dabei die Pläne des wendigen Ex-Ministers: Der hat einen Putschversuch überstanden zu einer Zeit, da sich seine öffentlichen Sympathiewerte in den Niederungen von Hautausschlag eingependelt hatten – warum sollte 2006 Schluss sein? Insofern heißt die wahre Doppelspitze MV und Hackmann, Theo kämpft gegen die Profiwelt. Hackmann und die Liga wollen verhindern, dass die Zuständigkeit fürs A-Nationalteam nach 2006 an den DFB-Chef zurückfällt. Um die Option zu wahren, hat der DFB eine vierköpfige Arbeitsgruppe Nationalelf installiert: MV, Hackmann, Zwanziger und DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt – hier wird der Machtkampf entschieden. Aus Zwanzigers Sicht ist die Vierer-Gruppe gleichberechtigt, Beschlüsse müssten „gemeinsam gefasst oder im Fall einer Pattsituation vom DFB-Präsidium getroffen“ werden. Aus Sicht von MV und Hackmann indes gibt es eine Rangfolge in diesem Quartett: MV übt die „Federführung“ aus, was das bei ihm heißt, hat er beim VfB Stuttgart und anderswo gezeigt und ihm den Ruf des Solisten eingetragen – und Hackmann fordert, alleiniger Stellvertreter des Federführers zu sein. Was Zwanziger und Schmidt die Rolle gut informierter Zaungäste ließe. Doch geht es nicht nur darum, Zwanziger vor der WM auszubremsen. Die kurze Zeitspanne ist ja geregelt, wichtiger ist die Machtverteilung danach.“

Partner und Gegenspieler

Wird die DFB-Doppelspitze harmonieren? Roland Zorn (FAZ 23.10.) ist skeptisch: „Tatsächlich reicht der korrekte Zwanziger in puncto Leutseligkeit nicht an Mayer-Vorfelder heran, der andererseits die Instrumentarien der Macht noch entschieden besser beherrscht als sein Kollege. Geschickt wie schon so oft, wenn der affärenerprobte Politiker und Funktionär mit dem Rücken zur Wand stand, findet er plötzlich Gefallen an dem neuen Geschäft des Herrschens und Teilens. „Diese Lösung kann meiner Meinung nach zur Dauerlösung werden. In der Aufteilung der Führungsaufgaben liegt ein wahrer Kern, denn wenn einer für alle Aufgaben zuständig sein soll, übersteigt das seinen Zeithorizont gewaltig.“ Zwanziger aber übersieht die Steilvorlage des in seiner Omnikompetenz beschnittenen Partners: „Nach 2006 wird das Aufgabenfeld eines DFB-Präsidenten wieder überschaubar sein, und man wird das wieder auf eine Person zuschneiden können.“ (…) Wie überzeugend die Liaison zweier älterer Herren auf Zeit wirkt, wird sich schon an diesem Samstag bei der Wahl des neuen DFB-Schatzmeisters zeigen: Mayer-Vorfelder favorisiert seinen langjährigen Freund Wilfried Straub, den Vorsitzenden der Geschäftsführung der DFL, Zwanziger steht eindeutig hinter der Kandidatur von Heinrich Schmidhuber, dem Präsidenten des Bayerischen Fußball-Verbandes. Daß Zwanziger seine Kontakte zur Basis wieder einmal hat spielen lassen, dürfte sicher sein. Mayer-Vorfelder muß also gleich zu Beginn der Regierungszeit des neuen DFB-Herrendoppels von neuem mit einer Niederlage rechnen. Bei einem Stimmenverhältnis von 164:92 dürfte sich der Bundestag für den „Amateur“ Schmidhuber und gegen den „Profi“ Straub entscheiden. Zwanziger ist sehr zuversichtlich, daß der Weg für Schmidhuber längst geebnet sei. Mayer-Vorfelder weiß, daß er es in Zukunft mit einem Partner und Gegenspieler zugleich zu tun bekommen wird.“

Kommentare

Comments are closed.

  • Quellen

  • Blogroll

  • Kategorien

  • Ballschrank

104 queries. 0,549 seconds.