Bundesliga
Dem Jugendkult verfallen
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| Montag, 25. Oktober 2004Thomas Doll, ein Vertreter der neuen Trainergeneration – Christian Eichler (FAZ 25.10.) befasst sich mit seinem Einstand: „Die Liga wird immer jünger. Aber nur auf der Bank. Mit Thomas Doll sitzt dort nun der dritte „U 40″-Trainer. Den Altersdurchschnitt der Trainer hat er auf den niedrigsten der Bundesliga-Geschichte gebracht: 46. (…) Junge Besen kehren gut. Es wirkt wie ein Spiegelbild der paradoxen Realität der anderen, der wirklichen Arbeitswelt: Alle sollen länger arbeiten, aber niemand will ältere Arbeitskräfte. Von krisenfernen Nischen abgesehen, wie in Freiburg der solitäre Volker Finke, mit 56 Alterspräsident der ersten Trainergilde, gilt das auch für die Bundesliga, einst geprägt durch Altmeister von Happel bis Rehhagel, nun dem Jugendkult verfallen. Die Jungen sind der rapide wachsenden Nervosität des Trainerjobs besser gewachsen, diesem Relais der widerstrebenden Interessen und Emotionen von Klub, Team, Management, Medien, Fans. Die Älteren sind es immer öfter nicht mehr – zuletzt Klaus Toppmöller. Er scheiterte an der Unfähigkeit zu Krisenmanagement. Toppmöllers Empörung darüber, beim HSV habe „jeder Spieler einen eigenen Pressesprecher“, klang wie die Kapitulation einer alternden Führungskraft vor der veränderten Realität seiner Branche. Der jüngeren Trainergeneration ist es längst selbstverständlich, daß ihre Arbeit in ein Medienumfeld eingebettet ist, in dem sie ihre Spieler so präzise führen muß wie auf dem Spielfeld: Technik und Taktik nicht nur am Ball, auch am Mikrofon. Und die strengsten Regeln gelten für den Trainer selbst: nie schlecht reden über Team, Klub, Kollegen.“
Philipp Selldorf (SZ 25.10.) zieht die Grenze des Einflusses eines Trainers: „Unser Bedauern gilt Bert van Marwijk, dem es ergeht wie einem betrogenen Touristen: Versprochen wurde ihm ein Fünf-Sterne-Haus in schönster Lage, vorgefunden hat er eine trostlose Bude, in der täglich neue Reparaturen anfallen. Mittlerweile herrscht akute Einsturzgefahr. Zwar ist van Marwijk als Cheftrainer naturgemäß nicht unbeteiligt am Dortmunder Unglück, aber ihm bleibt der Einfluss versagt, auf die ruinierte Statik seines Klubs einzuwirken. Und die Finanz- und Führungskrise des BVB lässt sich ohne bemühte Nachsicht als höhere Gewalt klassifizieren, der das sportliche Geschehen unterworfen bleibt. Es sind ortsübliche Umstände, welche die Arbeit der Trainer jenseits des Beherrschbaren prägen. Still leidet Felix Magath in München darunter, dass seine jahrelang verwöhnten Jungs ständig aufs Neue Antrieb brauchen, um zur gehobenen Leistung zu finden. Den vormaligen HSV-Coach Klaus Toppmöller hat die berüchtigte Diva Sergej Barbarez so sehr in den taktischen Irrsinn getrieben, dass er den Angreifer ins Abwehrzentrum beorderte (tags darauf wurde Toppmöller entlassen, und am Samstag gab Barbarez rennend und grätschend der Jugend ein Vorbild). Ralf Rangnick muss derweil in Schalke feststellen, dass seine Dispositionen für Ailton ein dauerhaftes Politikum darstellen, weil der Angreifer dermaßen zum Star stilisiert worden ist, dass er sich selbst dafür hält.“
Felix Meininghaus (FTD 25.10.) schüttelt den Kopf: „In Dortmund scheinen fast alle das Ausmaß der Misere begriffen zu haben. Bis auf einen Beteiligten, der weiterhin in einem Paralleluniversum zu leben scheint: Der scheidende Präsident Gerd Niebaum schreibt im Stadionheft, es gelte nun, „die fähigsten Kräfte zu bündeln. Michael Meier und ich können uns nun ausschließlich darauf konzentrieren, die Konsolidierungsanstrengungen fortzuführen.“ Große Worte für einen, der den höchsten Schuldenberg in der Geschichte der Bundesliga zu verantworten hat.“
Bildstrecke 9. Spieltag, sueddeutsche.de
Stimmen zum 9. Spieltag, sueddeutsche.de
Europas Fußball vom Wochenende, NZZ