Bundesliga
Amerikanische Träume
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| Dienstag, 2. November 20041. FC Kaiserslautern-Arminia Bielefeld 2:1
Wie im Film – Thomas Klemm (FAZ 2.11.): „Wenn sich Hollywood für Fußball interessieren würde, sähe das filmische Heldenepos wohl so aus: Der Trainer einer nicht übermäßig begabten, erfolglosen, aber unermüdlich kämpfenden Erstliga-Mannschaft steht kurz vor dem Scheitern seiner ehrlichen Arbeit; sein Schicksal entscheidet sich in einem einzigen Spiel, das hochdramatisch verläuft, weil sein Team kurz vor Schluß in Rückstand gerät und den intern beliebten Coach zu verlieren droht. Der Held scheint geschlagen – da kommt ein von ihm eingewechselter, zuvor bei den Fans nicht allzu beliebter Spieler daher und wendet urplötzlich alles zum glücklichen Ende. Der Trainer würde sich bei jedem Fußballprofi inniglich bedanken und über seine Sieger sagen: „Sie haben bewiesen, daß sie mit mir arbeiten wollen.“ So würde es in Hollywood sein, und so war es auf dem Betzenberg. Amerikanische Träume haben aber im Profigeschäft des Weltfußballs wenig Platz, das weiß der seit 19 Jahren als Trainer tätige Kurt Jara und wollte deshalb nichts von einem dauerhaften Happy-End wissen. Er sei in der Pfalz „immer etwas umstritten und werde es auch bleiben“, sagte der Österreicher, dessen Schonfrist bei den „Roten Teufeln“ sich nach dem auf glückliche Weise zustande gekommenen 2:1 wohl nur etwas verlängert hat.“
Nun wird es eben die nächste Niederlage sein, die Jaras Pfälzer Episode beenden
Selim Teber, bei den Fans scheinbar so unbeliebt wie sein Trainer, schießt zwei Tore. Martin Hägele (SZ 2.11.) schildert die Stimmung in Kaiserslautern, an seiner Prognose vom Samstag festhaltend: „Der Fußball-Berg drohte zu explodieren. Doch die Begeisterung hielt nicht lange. Die Leute wurden bald wieder nachdenklich. Und dafür gibt es genügend Gründe. Warum einer, der unter den drei Fußball-Lehrern Andreas Brehme, Eric Gerets und Kurt Jara nicht einmal auf 20 Kurzeinsätze gekommen war, auf einmal befreiende Tore schießt und vielleicht den Weg zum Klassenerhalt aufzeigen kann? Warum war dieser Teber ein Jahr lang verliehen worden zu Austria Salzburg? Weil er vom SV Waldhof kommt, ein Stigma, das unter eingefleischten FCK-Freunden automatisch das Feindbild aufruft? (…) Wer das Spiel und die näheren Umstände genauer analysiert, kann sich vom Resultat und den Glaubensbekenntnissen nicht blenden lassen. Nun wird es eben die nächste oder übernächste Niederlage sein, die Jaras Pfälzer Episode beenden. In der Stadionzeitung konnte der wackelige Trainer schwarz auf weiß nachlesen, wie es um das Vertrauen seines Vorstandsvorsitzenden Rene C. Jäggi bestellt ist: „Schnellschüsse in personeller Hinsicht werden nicht zwingend Volltreffer, sind keine Allheilmittel und garantieren nicht die erhoffte Wende zum Erfolg. Sicher ist nur, dass Maßnahmen dieser Art viel Geld kosten. Und in dieser Hinsicht ist der 1. FC Kaiserslautern nach wie vor nicht auf Rosen gebettet.“ Diese Sätze lassen sich leicht interpretieren: Hätte der FCK ein paar Euro mehr im Portemonnaie, wäre Jara wohl jetzt schon fort.“
Hansa Rostock-1. FC Nürnberg 0:2
Die Wut der Vereinschefs fokussiert sich auf die Mannschaft
Hansa, der Tabellenletzte, kämpfe um seinen Trainer, stellt Matthias Wolf (BLZ 2.11.) fest: “Das Gesicht versteinert, ertrug er stoisch die sechste Heimniederlage in Folge. Wenn man einmal als Trainer Enttäuschung zeigt, wird einem das gleich als Schwäche ausgelegt“, sagte er. Schlünz spielte damit auf die Interpretationen seiner Aussagen nach dem 1:3 in Mainz an. Er müsse überlegen, was das Beste für den Verein sei, hatte er erklärt – und Spekulationen über einen Rücktritt genährt. Er selbst war es auch, der bereits vor einem halben Jahr sagte, sobald Hansa in Gefahr sei, würde er seinen Platz für einen anderen Trainer räumen. Worte, die ihn nun einholen. Ebenso wie seine Sätze vor einigen Jahren, als er den Posten des Cheftrainers mehrmals ablehnte. Mit Hinweis auf das seiner Ansicht nach unerträgliche Sensationsgehabe in der Bundesliga. Doch vor einem Jahr hat sich Schlünz anders entschieden. Sein Salär wurde auf rund 450 000 Euro per annum angehoben. Schmerzensgeld in diesen Tagen. (…) Es wirkt, als kämpfen in Wahrheit nur Fans und Vorstand für Schlünz, der seit 37 Jahren Vereinsmitglied ist. „Außer Juri könnt Ihr alle geh’n!“, rief die Masse. Auch die Bosse sendeten bemerkenswerte Signale, ganz gegen den Trend. Die Wut der Vereinschefs, fast alle mit Schlünz befreundet, fokussiert sich auf die Mannschaft. Die stand, in fast identischer Zusammenstellung, am elften Spieltag der vergangenen Saison auch auf Platz achtzehn – und wurde am Ende noch Neunter.“
Woche für Woche hat er den Frust seiner Mannschaft geschluckt
Ronny Blaschke (SZ 2.11.) ergänzt: „Der FC Hansa ist derzeit wohl der einzige Verein im deutschen Profifußball, indem sich nur der Trainer gegen den Trainer aussprechen kann. Ausnahmslos stehen die Vereinsoberen hinter Schlünz, sie kennen ihn seit der Sandkastenzeit. Bei den Fans würde der 43-Jährige auch nach einem Abstieg Heldenschutz genießen. Selbst die Bild-Zeitung, die den Vorgängern Armin Veh und Friedhelm Funkel kritisch gegenüberstand, appellierte an die Spieler: Kämpft um Juri!“ (…) In der Trainingsmethodik gibt es keine Zweifel, doch im Umgang mit den Profis scheint der Kumpeltyp immer weniger Gehör zu finden. Schlünz gibt im Training den lieben Onkel von nebenan, der von jedem Spieler geduzt werden darf. Woche für Woche hat er den Frust seiner Mannschaft geschluckt.“