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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

WM 2006

Beispiel für die Halbwertzeit der Grundsatzpositionen

Oliver Fritsch | Dienstag, 2. November 2004 Kommentare deaktiviert für Beispiel für die Halbwertzeit der Grundsatzpositionen

Thomas Kistner (SZ 2.11.) befasst sich nach der Auslosung mit der Aufwertung des Confederations Cups, der „zur Mini-WM verklärten Veranstaltung“: „Jürgen Klinsmann war zur Auslosung aus Kalifornien herbeigejettet und flog noch am Abend zurück. Ein Thrombose-fördernder Aufwand für eine Veranstaltung, die hierzulande nur Umstände halber große Aufmerksamkeit genießt. (…) Gut, dass das Ereignis nicht mehr König-Fahd-Pokal heißt. Als solcher firmierte Anfang der neunziger Jahre diese Erfindung der damals finanziell wenig solide gebetteten Fifa, und Saudi-Arabiens Herrscher hatte eigens dafür eine Mordsarena aus dem Wüstensand stampfen lassen. So liefert nun der jähe Wirbel um den Confederations Cup hierzulande ein Beispiel für die Halbwertzeit der Grundsatzpositionen, die Funktionäre im Fußballgeschäft vertreten: Die Brandrede von heute verkehrt sich in ihr Gegenteil, wenn sich morgen die Interessenslage dreht. Erinnert sei daran, dass der nun mit Pomp zelebrierte Erdteil-Pokal bisher aus deutscher Sicht die Nullnummer unter den internationalen Wettbewerben war. Ein Turnier, dass man so nötig brauchte wie Zahnschmerzen und das sich, anlässlich des bisher einzigen deutschen Mitwirkens, in eine Lachnummer verwandelte. 1999 musste Teamchef Erich Ribbeck auf Beckenbauers Geheiß mit seiner Auswahl kurz vor Beginn der Bundesliga-Saison durch Mexiko touren. Eine reine Goodwill-Aktion, Deutschland buhlte um die WM 2006, es galt, keine Fehler zu machen und die Fifa gnädig zu stimmen. So begab sich, dass zahlreiche Stammspieler alte Blessuren wiederentdeckten und Ribbeck mit einem Ensemble ins Land der Kakteen jetten ließ, das er teilweise selbst nur aus dem Fernsehen kannte, Akteure wie Ronald Maul oder Heiko Gerber kamen zu Länderspielehren. Die C-Prominenz blamierte sich bis auf die Knochen und schied in der Vorrunde aus. (…) So ändert sich die deutsche Fußballrealität, klüger wäre vielleicht, die Vorteile dieses besonderen Turniers klar zu benennen. Das ist der Ernstfall-Test für Klinsmanns Kicker, die sich in keinen Qualifikationsspielen unter Wettkampfstress entwickeln und zusammenfinden können. Und vor allem der organisatorische Probelauf für fünf WM-Stadien in Frankfurt, Nürnberg, Köln, Hannover und Leipzig. Wenn dort auch noch die elektronische Zugangsberechtigung per Mikrochips funktioniert, kann die WM kommen. Gleich, wie die sportive Ernstfallsimulation namens Confederations Cup ausgeht.“

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