indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Internationaler Fußball

Operettenhaftes Adieu

Oliver Fritsch | Mittwoch, 3. November 2004 Kommentare deaktiviert für Operettenhaftes Adieu

Von Raphael Honigstein (taz 3.11.) erfahren wir, dass Berti Vogts ein Statement zu seinem Rücktritt geschrieben hat – und was davon zu halten ist: „Sein Schritt wurde allseits mit großer Erleichterung aufgenommen – „Berti erlöst uns“, titelte der Daily Record lapidar – und hätte ein einigermaßen würdevoller Schlusspunkt nach 32 hochgradig unproduktiven Monaten sein können, zumal Vogts nach Informationen der Times ein nettes Abschiedssalär von 750.000 Euro ausgehandelt hat. Aber der 57-Jährige bestand leider darauf, auf der Internetseite des schottischen Verbandes einen melodramatischen Abschiedsbrief zu veröffentlichen, in dem er Anfeindungen durch einen Teil der Fans und eine Hetzkampagne von Boulevard-Journalisten „mit nur begrenztem Fußballverstand“ für seine Demission verantwortlich machte. Das Schreiben erinnerte den seriösen Scotsman in seinem weinerlichen Ton fatal an Richard Nixons paranoide Rücktrittsrede 1974, in der ebenfalls die Medien als Hauptschuldige bezeichnet wurden. Vogts operettenhaftes Adieu erzählt von einem „schweren Herzen“ und „großen Zögern“ vor der Entscheidung (…) Die Schotten wissen sehr wohl über die mangelnde Qualität ihres Fußballs Bescheid. Aber „die Art und Weise, ja“ (Vogts), in der in 31 Spielen nur 8 Siege erzielt wurden, war verheerend. Zahlreiche Systemänderungen und kapriziöse Aufstellungen hatten das Vertrauen der Öffentlichkeit früh getrübt, nicht selten liefen Spieler während des Matches zu Vogts-Assistent Tommy Burns, um zu fragen, wo denn ihre genaue Position sei. Was Vogts nie verstand: Die Schotten können schon auf Grund ihrer Geschichte traditionell sehr gut mit Niederlagen umgehen – solange sie nur das Gefühl haben, dass einfach nicht mehr drin war. Vogts typische Kommunikationsprobleme, verschärft durch sein bestenfalls rudimentäres Englisch, verhinderten, dass seine Männer je zu größeren Taten befeuert wurden. Sein Team blieb regelmäßig unter seinen arg begrenzten Möglichkeiten. „McBerti“ verschanzte sich schon vor dem Anpfiff hinter einem Berg von Gründen für die drohende Niederlage und verzog sich in den letzten Wochen in eine defensive Trotzstellung, die im Norden der Insel gar nicht gut ankam.“

Kommentare

Comments are closed.

  • Quellen

  • Blogroll

  • Kategorien

  • Ballschrank

104 queries. 0,603 seconds.