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Ball und Buchstabe

Der Feind im Tor

Oliver Fritsch | Donnerstag, 4. November 2004 Kommentare deaktiviert für Der Feind im Tor

Nicht nur die Queen ehrt Bert Trautmann, den Gentleman – Heinz Stalder (NZZ 4.11.): „Die englische Königin liess ihn anlässlich ihres Staatsbesuches in Deutschland mit einem OBE (Order of the British Empire) auszeichnen. Der Deutsche Bernd Carl Trautmann diente während des Zweiten Weltkrieges in der Wehrmacht als Fallschirmjäger, kam wegen angeblicher Sabotage vor Kriegsgericht, entkam der Erschiessung durch eine waghalsige Flucht, wurde von den Russen gefangen genommen, konnte erneut fliehen, worauf ihn zuerst die Franzosen, dann die Amerikaner wieder einfingen. Schliesslich kam der „Ausbrecherkönig“ in englische Gefangenschaft, wo er mit dem ihm zum Markenzeichen gewordenen Satz „Hello Fritz – what about a cup of tea?“ empfangen worden sein will. Er kam ins Kriegsgefangenenlager in Ashton bei Manchester und machte dort in Internierten-Spielen als äusserst beweglicher und mutiger Torhüter auf sich aufmerksam. Nach dem Krieg blieb er in England, spielte zuerst mit St. Helens Town, bevor er 1949 bei Manchester City unterschrieb. Obwohl die fussballbegeisterten Engländer den stets auf striktes Fairplay bedachten Deutschen mochten und ihm wegen vier im gleichen Spiel gehaltener Penaltys auch eine reservierte Bewunderung zollten, ging es für die Mancunians und Supporter des Traditionsklubs an der Maine Road dennoch nicht an, dass ein „Feind“ im Tor stand. Die Klubleitung wurde mit Protestbriefen bombardiert, und über 40 000 Leute gingen auf die Strasse, um ihrem Zorn über die Verpflichtung des ehemaligen deutschen Soldaten Luft zu machen. Trautmann, der seinen Namen für die Engländer einfacher in Bert abänderte, wurde anfänglich in den Stadien aufs Wüsteste beschimpft und häufig bespuckt. Dass er sich gegen diese Erniedrigungen einzig mit seinen sportlich unnachahmlichen Mitteln zur Wehr setzte, Verständnis für die Vorurteile zeigte und mit seinem untadeligen Verhalten auf dem Spielfeld und in seinem Privatleben mehr für die Verständigung und Aussöhnung der einst verfeindeten Länder tat als alle Politiker und Diplomaten, wurde bald einmal auch von den aufgebrachtesten Fans festgestellt und gewürdigt.“

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