Interview
Interviews mit Robert Huth und Winnie Schäfer
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| Mittwoch, 17. November 2004Robert Huth (Tsp): “Mir hat es geholfen, dass ich mich früh allein durchzusetzen hatte“ – Winfried Schäfer (taz): „Der Trainer ist nur so stark wie ihn der Vorstand macht“
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Meine Mutter konnte mich am Abend nicht in die Arme nehmen, das hat mich abgehärtet
Robert Huth mit Stefan Hermanns & Michael Rosentritt (Tsp 17.11.)
Tsp: Hatten Sie keine Bedenken, allein nach London zu gehen?
RH: Na klar gab es Bedenken, aber die habe ich zu verdrängen versucht. Natürlich war Heimweh ein Thema. Und dann sage ich nur: Freunde, die schätzt man dann, wenn man sie nicht mehr um sich hat. Damals war ich naiv. Ich habe geglaubt, nach einer Woche einen neuen Freundeskreis aufgebaut zu haben.
Tsp: Hat Ihnen Ihre Mutter nicht abgeraten?
RH: Und ob, meine Mutter hatte ihre eigene Meinung. Aber sie wusste auch, dass ich ein vernünftiger Sohn bin, der weiß, was er macht. Ihr größtes Problem war, dass ich Deutschland verlasse. Das bereitete ihr Herzschmerzen.
Tsp: Ihr Herz hängt jetzt am FC Chelsea, Sie haben Ihren Vertrag bis 2008 verlängert.
RH: Das war eine Entscheidung mit Kopf und Herz. Vier Jahre bin ich jetzt dort. Da gewöhnt man sich schon an einen gewissen Lifestyle, an das Flair Londons, an die Art, wie dort Fußball gespielt wird und wie mir meine Mitspieler begegnen.
Tsp: Reifen Fußballer in England schneller?
RH: Mir hat es geholfen, dass ich mich dort recht früh allein durchzusetzen hatte. Das hat mich als Sportler und als Persönlichkeit geschult. Man musste sich auf das Wenige konzentrieren, was man hatte. Meine Mutter konnte mich am Abend nicht in die Arme nehmen. Das hat mich abgehärtet.
Tsp: Was haben Sie Ihrer Mutter schon über Chelseas Eigentümer, den russischen Milliardär Abramowitsch, erzählt?
RH: Meine Mutter kann sich bis heute nicht vorstellen, was das für eine Person ist. Sie liest in der Zeitung, dass er unheimlich viel Geld hat und angeblich aus dem Fenster schmeißt. So stimmt das nicht. Wir haben einen sehr guten Eindruck von ihm. Herr Abramowitsch kommt nach Heimspielen in die Kabine, egal wie das Ergebnis war. Dann setzt er sich und versucht, ein bisschen zu reden. Aber sein Englisch lässt noch nicht viel zu.
Tsp: Kommt Abramowitsch allein in die Kabine oder mit Bodyguards?
RH: Er hat ein, zwei Leute dabei, aber Bodyguards kommen bei uns prinzipiell nicht in die Kabine. Wenn er reinkommt, gibt er jedem die Hand, er kennt alle persönlich. Er probiert, sich zu integrieren.
Der Trainer ist nur so stark wie ihn der Vorstand macht
Winfried Schäfer mit Ole Schulz (taz 17.11.)
taz: Kurz nach ihrer Vertragsverlängerung wurden Sie in den Ettlinger Gemeinderat gewählt. Was genau macht der Kommunalpolitiker Schäfer?
WS: Wir von der Bürgergemeinschaft „Für Ettlingen“ haben erkannt, dass wir etwas tun müssen, weil in der Innenstadt immer mehr Geschäfte schließen – das große Kaufhaus, der einstige Mittelpunkt Ettlingens, folgt beispielsweise demnächst. Wir haben gemerkt, dass wir nicht immer nur schimpfen können, sondern selbst Hand anlegen müssen.
taz: Welchem politischen Lager ist die Wählergemeinschaft „Für Ettlingen“ zuzurechnen?
WS: Keinem. Im Grunde bin ich ja CDU-Mann, aber wenn man merkt, dass die CDU hier nur blockiert, dann muss man das ändern. Wenn jetzt die Grünen kommen mit einem Supervorschlag, dann bin ich der Erste, der sagt: Das ist ne tolle Sache, das hilft Ettlingen. Ich bin weder links noch rechts, sondern für das, was für Ettlingen gut ist.
taz: Im Gegensatz zu den jungen Trainern à la Klinsmann oder dem Portugiesen Mourinho von Chelsea gehören sie eher zur Riege der „alten Hasen“. Was macht einen guten Trainer aus?
WS: Er muss fleißig und ehrlich sein – und Ahnung vom Fußball haben [Wissen wäre besser, of]. Aber das Wichtigste ist: Der Trainer ist nur so stark wie ihn der Vorstand macht. Im Übrigen muss ein guter Trainer nicht unbedingt dreimal Meister geworden sein, er kann eine Mannschaft auch dreimal vorm Abstieg gerettet haben. Außerdem muss er die A- und B-Jugend seines Vereins kennen. Das ist die Basis. Ich kannte alle meine Jugendspieler. Kahn oder Scholl, das waren ja alles meine Jungs.