WM 2006
Nur zu demonstrieren, daß Deutschland eine perfekte WM organisieren kann, reicht nicht
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| Freitag, 19. November 2004BDI-Präsident Michael Rogowski mit Nico Fickinger (FAZ/Wirtschaft 18.11.)
FAZ: Unter dem Arbeitstitel „1. FC Deutschland 06″ wollen Politik und Wirtschaft im Jahr der WM gemeinsam für den Standort Deutschland werben. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) koordiniert die Kampagne. Noch vor dem Anpfiff ist die Partie schon ins Gerede gekommen. Stört Sie das?
MR: Wir sollten im Moment den Ball flach halten. Noch sind wir im Trainingslager, nicht auf dem Platz. Wir stehen noch ganz am Anfang von Überlegungen, wie wir das Großereignis Fußball-WM zum Anlaß nehmen können, zwei Ziele zu erreichen: ein positives Bild von Deutschland nach außen zu transportieren und zugleich eine positive Stimmung im Land zu befördern.
FAZ: Aber Sie laufen mit rot-grünem Trikot auf das Spielfeld? Wozu brauchen Sie die Regierung?
MR: Wir haben schon vor geraumer Zeit festgestellt, daß die Regierung am gleichen Thema arbeitet und daß es auch in vielen Bundesländern ähnliche Projekte mit der gleichen Zielrichtung gibt. Eine solche Bündelung der Interessen ist nicht nur im Interesse von Politik und Wirtschaft, sondern der Gesellschaft. Um es in der Fußballsprache zu sagen: Es wäre doch Wahnsinn, wenn jeder seinen eigenen Ball durch die Gegend kickt. So schießt man den Ball nicht ins richtige Tor.
FAZ: Dennoch wird Ihnen vorgehalten, die Imagekampagne sei eine Steilvorlage für die Bundesregierung.
MR: Ein solches Standort-Marketing ist eine nationale Aufgabe. Kann man Klinsmann Wahlkampfhilfe vorwerfen, wenn unsere Mannschaft 2006 gewinnt? (…) Wir brauchen ein positives, herzliches Image – und etwas, das mit dem Thema Innovation in Verbindung gebracht wird. Nur zu demonstrieren, daß Deutschland eine perfekte WM organisieren kann, reicht nicht.
FAZ: Ist die Verbindung mit dem Thema Fußball glücklich, wenn man an die jüngsten Leistungen unserer Nationalmannschaft denkt?
MR: Die WM ist der Anlaß, weil die Welt auf unser Land blickt. Aber transportieren müssen wir etwas anderes. Außerdem wollen wir unsere Botschaften ja auch schon 2005, ein Jahr vor der WM, senden. Und wir hoffen, daß die Kampagne sich so etabliert, daß sie auch nach der WM noch weiterläuft.
Geschenkt
Anstoß, das neue Fußball-Kultur-Magazin – Andreas Platthaus (FAZ/Medien 19.11.) kann das Entzücken, das ihn bei der Lektüre ergriffen hat, gut verstecken: “Kaum beklagt sich die Bundestagsfraktion der Union in einer Kleinen Anfrage über das unklare Konzept eines „angemessenen Deutschlandbildes“, das doch das Kulturprogramm zur WM 2006 vermitteln solle, da erscheint die erste Ausgabe von Anstoß. Und deshalb hätte sich die Bundesregierung ihre Antwort sparen können, daß der für das Kulturprogramm verantwortliche Künstlertausendsassa André Heller und sein Team doch sehr wohl eine „Kernbotschaft“ hätten, nämlich: „Deutschland ist ein weltoffenes, sympathisches, tolerantes, modernes Land und damit ein würdiger Gastgeber.“ Besser hätte sie im Plenum einfach ebenjenen „Anstoß“ ausgelegt. Anstoß ist „die Zeitschrift des Kunst- und Kulturprogranms zur Fifa WM 2006″; erscheinen soll sie insgesamt sechsmal, redaktionell betreut wird sie vom Literaturkritiker Jochen Hieber, und sie ist am Kiosk zu haben für eine Schutzgebühr von fünf Euro oder sogar kostenlos unter anstoss@artevent.at. Das ist, ob gratis angefordert oder moderat bezahlt, jedenfalls geschenkt für eine überformatige bildreiche Publikation von 284 Seiten, die allerdings alle Textbeiträge doppelt abdruckt, einmal deutsch, einmal englisch, denn das Motto der Veranstaltung lautet ja „Zu Gast bei Freunden“, und seinen Gästen hat ein Freund zumindest insofern entgegenzukommen, daß er die eigenen tiefen Gedanken auch in ein verständliches Idiom bringt. Die Vorstellung, ein nicht des Deutschen kundiger Weltbürger, der sich schon so weit überwunden hat, daß er ein Magazin mit dem rätselhaften Namen „Anstoß“ erwirbt, stieße darin auch noch auf das unübersetzte Peter-Handke-Poem „Die Aufstellung des 1. FC Nürnberg vom 27. 1. 1968″, hatte zweifellos etwas Bedrückendes. Nun aber gibt es das Gedicht auch als „The Line-Up of 1. FC Nuremberg on 27-1-1968″.”