Ball und Buchstabe
Mutmaßlicher Großganove
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| Donnerstag, 25. November 2004Spanische Schmähungen – ukrainische Farbenlehre – Spekulation über eine Kandidatur Ricardo Terra Teixeiras, „mutmaßlicher Großganove“ (BLZ) als Fifa-Präsident
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Zeit für zivile Verhaltensregeln
Paul Ingendaay (FAZ 25.11.) widmet sich den möglichen Ursachen der Schmähungen in Spanien, besonders in Madrid: „Mehrere Faktoren könnten zusammengekommen sein und ein unappetitliches Gebräu angerichtet haben. Zum einen gibt es tatsächlich einen radikal fremdenfeindlichen Madrider Fanclub, die „Ultrassur“, an deren ideologischer Nähe zu den Neonazis kein Zweifel besteht und die Haß säen, solange man sie läßt. Hier wäre Real Madrid aufgefordert, sich von den verrufensten Fans zu trennen. Zum zweiten neigt das Umgangsspanisch zu kräftigen Farben und ähnelt bisweilen der Pöbelei – was man nicht ganz so ernst nehmen sollte, wie es in der Übersetzung klingt. Und zum dritten herrscht im Land ein gewisser Mangel an Weltläufigkeit und Neugierde aufs Fremde, und das nicht trotz, sondern neben der vielbeschworenen Multikulturalität Madrids oder der zunehmenden Erfahrung Spaniens mit Wirtschaftsimmigranten. Es wäre jetzt die Zeit nicht für hektische Überreaktionen oder sentimentale Solidaritätsbekundungen mit englischen Fußballmillionären, sondern für zivile Verhaltensregeln im Stadion, die sich nötigenfalls erzwingen lassen. Dazu müßte der spanische Fußballverband erstens die Augen öffnen. Und zweitens handeln.“
Die dpa (24.11.) erklärt die ukrainische Farbenlehre: „Die politischen Turbulenzen nach den Präsidentschafts-Wahlen in der Ukraine waren auch zwischen Dynamo Kiew und dem AS Rom spürbar. Die Polizei sorgte für eine politisch genehme Farbgebung. Während die Demonstranten für Oppositionsführer Viktor Juschtschenko die Hauptstadt in ein Meer von Orange tauchten, wurde den Fans beim Einlass ins Stadion jeder noch so kleine orangefarbene Stoffzipfel abgenommen. Anhänger, die blau-weiße Schals trugen, durften passieren: Die Klubfarben von Dynamo Kiew sind die gleichen wie die Wahlkampffarben von Ministerpräsident Viktor Janukowitsch. Vereinschef Grigori Surkis gilt als Unterstützer von Janukowitsch. Großer Jubel kam auf, als der weiße Ball auf dem verschneitem Grund durch einen orangefarbenen ersetzt wurde.“
Mutmaßlicher Großganove
Jens Weinreich (BLZ 25.11.) schildert die Spekulation über eine Kandidatur Ricardo Terra Teixeiras als Fifa-Präsident: „Lange ist nicht mehr offen gestritten worden im Fußball-Weltverband. Seit jenem fulminanten Frühjahr 2002, als Fifa-Exekutivmitglieder den Präsidenten Joseph Blatter vor Gericht zerren wollten, als dann aber Blatter gegen Issa Hayatou (Kamerun) die Präsidentenwahl gewann. Seither präsentierte sich die Fifa-Familie mitunter so einig wie einst das Politbüro der KPdSU. Der Fifa-Kongress hat Blatter vor einem Jahr in Doha/Katar sogar eine Verlängerung der Amtszeit um ein Jahr bis 2007 genehmigt. Offiziell wollte man damit einen neuerlichen Wahlkampf kurz vor der WM 2006 in Deutschland vermeiden; inoffiziell wurden natürlich weiter Messer gewetzt, so wie es guter Brauch ist in diesem bizarren Verbund. Dafür, dass es wieder enorm spannend wird in der Fifa, bürgt schon die stetig wachsende Reisetätigkeit. Sogar Blatters Vorgänger João Havelange, unverwüstlicher Fußball-Cäsar, präsentiert sich im 89. Lebensjahr in juveniler Verfassung. Viele Wochen tourte er mit seiner Gefährtin durch die Welt, und es ging nicht etwa nur darum, in Edelboutiquen Geld zweifelhaften Ursprungs auszugeben. Havelange hat alle Register gezogen, um der Fifa seinen ehemaligen Schwiegersohn Ricardo Terra Teixeira als Blatters Nachfolger anzudienen. Ausgerechnet Teixeira, den mutmaßlichen Großganoven, der bislang noch mit beinahe jedem Verbrechen (Korruption, Waffenhandel, Drogenhandel, unerlaubtes Glücksspiel) in Verbindung gebracht wurde; der bisher aber auch mit List, Glück und Scheckgewalt einen langjährigen Gefängnisaufenthalt vermeiden konnte.“