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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

WM 2006

Die Weltmeisterschaft quillt aus den zwölf Stadien

Oliver Fritsch | Donnerstag, 2. Dezember 2004 Kommentare deaktiviert für Die Weltmeisterschaft quillt aus den zwölf Stadien

Michael Reinsch (FAZ 1.12.) befasst sich mit der Diskussion über öffentliche WM-Parties: „Gut möglich, daß sie bei der Fifa und bei der Rechteagentur Infront nicht so recht geahnt hatten, was für eine Wucht das öffentliche Interesse an der WM 2006 in Deutschland entwickeln würde. Sie hörten Markt und dachten an Vermarktung. Die Rede war aber von Marktplätzen als Bühne des öffentlichen Lebens. Plötzlich fordert die Politik für das Volk seinen Anteil an dem Ereignis, das den Sommer 2006 prägen soll: WM-Parties mit Videowänden und Bierbuden in jeder Stadt! Peer Steinbrück schimpfte auf dem Boulevard über die Zögerlichkeit der Fifa und drohte, die Feiern zum Thema aller Ministerpräsidenten zu machen. Aus dem Kanzleramt ist zu hören, man habe das Thema im Blick, auch wenn man sich noch nicht äußere. Die Sportminister der Länder taten bei ihrer Konferenz in Halle so, als drohten die Deutschen von der Weltmeisterschaft im eigenen Land ausgeschlossen zu werden. Es folgte die kaum verhohlene Aufforderung von Franz Beckenbauer, Volksfeste vor Bildschirmen zu feiern; man könne ja nicht jedes Dorf kontrollieren. Gut möglich, daß sie nun erst verstanden haben, die Herren der Rechte, welche Dimension ihre Veranstaltung entwickelt. Die Fußball-Weltmeisterschaft quillt aus den zwölf Stadien, die für sie gebaut worden sind, und sie drängt aus dem Fernsehen in der guten Stube und der Eckkneipe. Von Dresden bis Bremen, von Saarbrücken bis Schwedt wollen Fußballfans gemeinsam die Spiele sehen und die Ergebnisse feiern.“

Katastrophenbewältiger meets Bundeshonigkuchenpferd

Fritz Tietz (taz 2.12.) blickt durch: „Vor der Bundestagswahl 2002 ließ er die halbe Ostzone fluten, nur um sich hernach als gummibestiefelter Katastrophenbewältiger beim deutschen Stimmvieh dicke tun zu können. Im Wahljahr 2006 muss Gerhard Schröder nicht zu derart drastischen Methoden greifen. Längst hat er zur Absicherung seiner Wiederwahl den deutschen Titelgewinn bei der WM angeordnet. Wie ihn das Hochwasser seinerzeit erneut ins Kanzleramt spülte, so wird ihm das dieses Mal im Sog der WM-Begeisterung gelingen; so jedenfalls Schröders Kalkül und langfristig gehegter Plan. (…) So viele Wahlversprechen kann Schröder gar nicht machen, als dass damit jener positive Wählereffekt auch nur annähernd erreicht würde, der ihm als Regierungschef des Ausrichterlandes quasi automatisch und vergleichsweise unaufwendig zufällt: Hier eine fernsehgerechte Händeschüttelei mit irgendwelchen Fifa-Greisen, dort ein eigens zur TV-Schau aufgesetztes Mitfiebergesicht im Stadion, dazu nach Spielende ein launiges Statement bei Poschi und anschließend ein spontaner Besuch im deutschen Kabinentrakt samt einem Super-Laune-Foto mit dem frisch gebackenen Bundeshonigkuchenpferd Jürgen Klinsmann. Das bringt die Wählerstimmen.”

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