Interview
2002 waren wir wichtig
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| Dienstag, 7. Dezember 2004Reiner Calmund im Interview mit Michael Ashelm (FAS 5.12.)
FAS: Was empfinden Sie als alter Leverkusener, daß Berlin nun 2006 WM-Basis der deutschen Elf wird?
RC: Ich bin nicht mehr Entscheidungsträger in Leverkusen, mir steht nicht mehr zu, das grundsätzlich zu besprechen. Aber mir tut die Entscheidung weh, obwohl ich für die Position von Klinsmann Verständnis habe. Als objektiver Fußballfachmann begrüße ich Klinsmanns egoistische Sichtweise, denn egoistisch muß er ja sein, um seine Ideen durchzuziehen. Aber das Prozedere des DFB kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. (…) Deutschland hatte kaum Chancen, den WM-Zuschlag zu bekommen. Die erste Sitzung des Bewerbungskomitees fand in Leverkusen statt, die Bayer AG gab als erstes Unternehmen einen Zuschuß zur Initialzündung, hat die Sache immer stark unterstützt. Dann folgte noch der Input mit Daum und Völler als Teamchef, das hat Bayer Leverkusen auch zusätzliches Geld gekostet. Alle waren am Ende glücklich, daß der Kompromiß mit dem WM-Trainingslager in Leverkusen zustande kam, auch der DFB hat das gefeiert, darüber gibt es schriftliche Vereinbarungen und ein Wort unter Männern. Ich weiß, daß man in Leverkusen jetzt nicht zufrieden ist, wie das gelaufen ist.
FAS: Fehlt Leverkusen die Lobby, hat der Standort doch keine herausragende Bedeutung im deutschen Fußball?
RC: Die Lobby richtet sich nach dem Moment. 2002 waren wir wichtig. Da haben wir mit sechs Leverkusenern in der Nationalmannschaft die WM-Relegation geschafft und sind Vizeweltmeister geworden. Plus Trainer Völler, plus dem ganzen Input von unserer Seite, ich gehörte zum Arbeitskreis Nationalmannschaft. Da hast du natürlich eine andere Lobby. Die Welt verändert sich, und Leverkusen ist ein bißchen abgerutscht.