WM 2006
Im Jahre 2006, ahnt man, soll die Nachkriegszeit nun endgültigst enden
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| Montag, 20. Dezember 2004Der Politik-Chef der FAS Thomas Schmid kommentiert die Instrumentalisierung der WM durch Gerhard Schröder: „Der Kanzler muß sich nicht besonders verstellen, um auch 2006 die nationale Karte zu spielen. Noch nie hatte er mit der Kultur der Bescheidenheit etwas am Hut, die zur Grundausstattung der Bonner Republik gehört hat. Auch das Erinnern und Gedenken hält er für Gedöns, auf das eine selbstbewußte Nation doch endlich verzichten könne. Aufs schönste verbindet sich das für ihn mit dem Männer-Thema Fußball, bei dem – so mag er hoffen – Angela Merkel wie der Hund vor der Metzgerei draußen bleiben muß. Und nicht einmal ein einziger Grüner hat auch nur die leiseste Kritik angemeldet an der faktischen Indienstnahme der WM für nationale Wahlzwecke. Die Chuzpe, mit der der Kanzler dem Öffentlichwerden der miserablen Flick-Collection seinen Segen gab, wird im Fußballjahr seine Fortsetzung, womöglich seine Vollendung finden. Im Jahre 2006, ahnt man, soll die Nachkriegszeit nun endgültigst enden. (…) Die Opposition, die sich mit einer Patriotismus-Kampagne herumquält, wird Rot-Grün das Rühren der nationalen Trommel schwerlich vorwerfen können.“
Wir sind noch wer
Michael Horeni (FAS 19.12.) beschreibt Forschung und Lehre Jürgen Klinsmanns: “Bei den ersten Sitzungen mit der Mannschaft versuchte der Quereinsteiger mit einer Powerpoint-Präsentation, den Spielern die gesellschaftliche Bedeutung ihres sportlichen Beitrags für 2006 zu vermitteln. Alle drei deutschen Titelgewinne setzte die Teamführung zu zeithistorischen Ereignissen in Beziehung. 1954: die allmähliche Rückkehr von Adenauer-Deutschland in die Weltgemeinschaft. 1974: die gesellschaftliche Veränderung der Republik sowie die Ostverträge unter Brandt. 1990: Der Titel als erstes emotionales Gemeinschaftserlebnis der Kohl-Ära in Zeiten der Wiedervereinigung. Damals hätten sie vor und während des Turniers vor allem ihren Sport gesehen und kaum über den Rand hinausgeschaut – und es gab auch niemanden, der das Bewußtsein für die gesellschaftliche Bedeutung geschärft hätte. 2006 wird das anders sein. (…) Selbstbewußtsein soll her, sagt der Bundestrainer. Daher gilt sowohl für Klinsmann als auch die Imagekampagne des FC Deutschland 06 das Aufbruchmotto von 1954 – allerdings mit einer klitzekleinen Änderung. Ein halbes Jahrhundert später wird aus „Wir sind wieder wer“ ganz einfach: „Wir sind noch wer.““