Deutsche Elf
Südkorea-Deutschland 3:1
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| Montag, 20. Dezember 2004Weltlicher Natur
Diese Niederlage hat offenbar ihr gutes – Jan Christian Müller (FR 20.12.) schreibt, was genau: „Selbst gediegene Blätter, die sich für gewöhnlich ein Mindestmaß an kritischer Distanz belassen hatten, scheinen dem großen Meister seit geraumer Zeit bedingungslos zu folgen. Enthusiastisch wurden sogar brav erlaufene Siege wie gegen den zerstrittenen Haufen kamerunischer Kicker gefeiert, gerade so, als könnte Klinsmann dank seiner in Amerika erlangten übernatürlichen Kräfte des ewigen Optimismus die vermeintlichen EM-Versager zu Kraft strotzenden Multifunktions-Helden mutieren lassen. Gemach. Seit gestern weiß die Nation, dass Klinsmanns Kraft ganz weltlicher Natur ist und eine deutsche Nationalmannschaft auch nach der Total-Operation an Kopf und Beinen Fußballspiele verlieren kann.“
Überhöhung
Michael Horeni (FAZ 20.12.) fügt hinzu: “Der Zeitpunkt der ersten Niederlage hätte kaum günstiger sein können. Jenseits aller vorweihnachtlichen Milde: Angesichts des jederzeit erkennbaren Engagements sowie der schwierigen Bedingungen dürfte der erste Rückschlag auch die allmählich überbordende Begeisterung um den Reformer Klinsmann auf ein realistischeres Maß reduzieren. Oliver Bierhoff hatte schon vor der Partie leicht besorgt die Überhöhung des Bundestrainers nach dessen beachtlichen ersten Erfolgen registriert.“
Ruhig haben sie reagiert
Christian Zaschke (SZ 20.12.) gefällt die Reaktion der Verlierer: „Klinsmann hat in den ersten fünf Spielen unter seiner Regie so viel Kredit gesammelt, dass er sich diese Niederlage leisten konnte – dass sie sein Modell nicht im Mindesten in Frage stellt. Mit Spannung hatte das Umfeld darauf gewartet, wie Chef und Spieler reagieren würden, wenn sie einmal verlören. Ruhig haben sie reagiert, versprochen, ihre Lehren zu ziehen und unbeirrt weiterzugehen auf dem langen Weg zur WM 2006.“
Er bleibt ein Kulturschock für den deutschen Fußball
Michael Rosentritt (Tsp 20.12.) auch: „Jetzt endlich ist es raus. Jürgen Klinsmann hört sich nach einer Niederlage genau so an wie nach einem Sieg. (…) Für den deutschen Fußball bleibt der 40-jährige Bundestrainer ein Kulturschock. Selbst und wohl gerade in der Niederlage. In der Öffentlichkeit gibt er den liebenswerten, den anständigen Chef, bei dem es keine Verlierer gibt. Nur darf ihn niemand unterschätzen. Intern zieht er seine Linie durch, hart und unbeirrbar.“
Sorge um Bänder, Sehnen und Knochen
Ludger Schulze (SZ 20.12.) beschreibt die Spielweise der Sieger: „Vor zwei Jahren kegelte Ballack mit seinen 1:0 die Koreaner aus dem Turnier im eigenen Land, acht Jahre zuvor hatten sie beim Turnier in den USA ebenfalls eine Niederlage erlitten. Mitunter fuhrwerkten sie so rustikal herum, dass man an einen Rachefeldzug dachte und sich Sorge um Bänder, Sehnen und Knochen machte. Als Fabian Ernst Schiedsrichter Subkhiddin Mohd Salleh daran erinnerte, dass in seiner Hemdtasche Verwarnungskarten stecken, entgegnete der Mann aus Malaysia, Gelbe Karten gebe es in solchen Spielen nicht.“
Land der Kampfsportarten
Martin Hägele (taz 20.12.) befasst sich mit dem Weh-Weh Kevin Kuranyis: „Die Lippe war aufgeplatzt, und ein Knie tat weh. Man hätte dem lieben Kevin vielleicht erklären sollen, dass in diesem Land die meisten Kampfsportarten erfunden worden sind. Und dass diese brodelnde Betonschüssel von Busan als Mekka des koreanischen Fußballs gilt.“
WamS: Robert Jaspert, Co-Trainer Südkoreas