Interview
Afrikaner leiden hier unter Fremdheit
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| Donnerstag, 13. Januar 2005Dietmar Demuth, Vereinstrainer in Ghana, mit Thilo Thielke (Spiegel 10.1.)
Spiegel: Welche Erkenntnisse haben Sie mitgebracht für künftige Trainerjobs?
DD: Dass sich die deutschen Proficlubs mehr um die Spieler kümmern müssen, die sie aus Afrika holen. Kaum ein Bundesligatrainer kann sich vorstellen, wie unterschiedlich die Welten sind. Erst mit den Monaten in Ghana habe ich begriffen, wie Afrikaner unter der Isolation in Deutschland leiden müssen. Diese jungen Burschen vermissen ihre Familien, die Wärme, ihren Fufu – einen Brei aus Kochbananen und Maniok. Was habe ich damals beim FC St. Pauli manchmal geschimpft, wenn ein Spieler wie der Kongolese Jean-Clotaire Tsoumou-Madza viel zu spät vom Heimatbesuch zurückkam. Heute weiß ich, wie schwierig das Reisen auf diesem Kontinent ist. Nur, dass Jean-Clotaire glaubte, als Häuptlingssohn nicht immer trainieren zu müssen, verzeihe ich ihm nicht so leicht.
Spiegel: Deutsche Vereine argumentieren gern, die Afrikaner müssten sich eben den Spielregeln des Profigeschäfts anpassen.
DD: Das ist doch absurd: Die geben manchmal Millionen für diese hochtalentierten Spieler aus, verfrachten sie auf einen anderen Kontinent und überlassen sie dann sich selbst. Diese Spieler leiden unter der Fremdheit, aber sie verlieren nie ein Wort darüber, weil sie zu schüchtern sind. Wer unglücklich ist, kann auch nicht selbstbewusst auf dem Fußballrasen stehen. Da muss von den Clubs mehr Betreuung geleistet werden, ein Trainer allein kann das nicht. Ich hatte in Deutschland manchmal Spieler aus zehn Ländern und Kulturkreisen um mich versammelt.
Spiegel: Was unterscheidet die Fußballer in Ghana sportlich von den Deutschen?
DD: Die sind technisch eigentlich alle besser, richtige Straßenfußballer eben. Nur schießen können sie nicht, weil sie barfuß spielen und sich eine falsche Schusstechnik angewöhnen.
SZ-Interview mit Jens Jeremies