Ball und Buchstabe
Der WM-Standort Deutschland ist angeknockt
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| Donnerstag, 27. Januar 2005Fall Hoyzer – Thomas Kistner (SZ 27.1.) fürchtet weitere schlechte Nachrichten und sorgt sich um den deutschen Fußball: „Der Verdacht steht massiv im Raum, dass Teile des deutschen Profibetriebs unter die Knute einer Wettmafia geraten sind, die mit einem Repertoire arbeitet, wie es der gewöhnliche Fan nur aus Fernsehkrimis kennt. Wobei dieser Teil, das besitzt eine bittere Logik, in der zweiten und dritten Liga angesiedelt ist, wo sich weitflächig und dauerhaft betrügen ließe. Denn nur in der Bundesliga werden die Referees durch jene Kameras vor wiederholtem Betrug geschützt, die ihnen gern peinliche Fehlpfiffe nachweisen: passiert das öfter, ist er weg vom Fenster. In den unteren Ligen schaut keiner genau hin – nicht mal die Schiedsrichterzunft selbst, wie deren Chef Hellmut Krug einräumt. Höchste Zeit, das Blickfeld zu erweitern. Der WM-Standort Deutschland ist angeknockt. Wer ihn nicht auf die Bretter schicken will, muss ans Ausmisten gehen: Nicht mit Ehrenamtlichen, mit wirklich professionellen Kräften.“
Stefan Hermanns (Tsp 27.1.) blickt in Hoyzers Zeugnisse: „Im internen Leistungsprofil des DFB für die Saison 2003/04 lag Hoyzer im oberen Drittel der Zweitligaschiedsrichter. Dann kam der Absturz. Am Ende der aktuellen Vorrunde fand sich Hoyzer laut Krug in der Rangliste ganz unten wieder. Eine solche Entwicklung muss nicht zwangsläufig auf Manipulationen hindeuten.“
Schwer zu überschauen und unbekanntes Terrain für die Justizbehörden
Gerd Schneider (FAZ 27.1.) spricht mit den Ermittlern im Fall Aue/Oberhausen: „Was die Arbeit der Staatsanwälte so schwierig macht, ist die Wettszene im Sport: schwer zu überschauen und zudem unbekanntes Terrain für die Justizbehörden. Zunächst gehe es erst einmal darum zu verstehen, „wie Wetten ablaufen“, so die Juristin Gisela Gold-Pfuhl. Viel haben die Ermittler offenbar nicht in der Hand, um Licht ins Dunkel zu bringen. Auf der Suche nach Ansätzen und Ideen werte man Zeitungsartikel aus, so die Auskunft. Erst recht erschwert werden die Recherchen durch die Tatsache, daß auch ausländische Wettbüros im Spiel sind. Sogar die Wettszene in Asien soll involviert sein.“
Würden höhere Bezahlung und bessere Ausbildung der Schiedsrichter, wie nun gefordert, helfen, Betrug vorzubeugen, Benedikt Voigt (Tsp 27.1.)? „Verhindern würde es nichts. Die Schiedsrichter sind bereits gut bezahlt. 3000 Euro pro Bundesligaspiel, 1500 Euro pro Zweitligaspiel sind eine angemessene Entlohnung für eine 90-minütige Betätigung, die zugegebenermaßen eine große psychische Belastung darstellt. Wer betrügen will, lässt sich von einigen Euro zusätzlich nicht abhalten. Er will das große Geld. Auch sind die Schiedsrichter bereits gut ausgebildet. Als Halbprofis stehen sie an der Schwelle zum Profitum.“