Interview
Vielleicht ist der liebe Uli schon ein bißchen zu lange bei den Bayern
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| Montag, 14. Februar 2005Klaus Augenthaler mit Gerd Schneider (FAS 13.2.)
FAS: Leiden Sie noch sehr unter der 0:2-Niederlage bei den Bayern?
KA: Ich kann mich gar nicht erinnern, daß ich eine Niederlage so lange verdauen mußte. Es ist eine Aufbruchstimmung hier in Leverkusen, man träumt vom Titel, und mit einem Sieg wären wir bis auf drei Punkte an der Spitze drangewesen. Und dann fahren wir da hin und geben so die Punkte ab! Ich habe keine Überzeugung bei unseren Spielern gesehen. Es war für uns noch nie so einfach, in München zu gewinnen. Und wenn ich dann höre, daß die Bayern in der zweiten Hälfte ihr bestes Spiel in dieser Saison gemacht haben sollen, ja dann Mahlzeit! Das war doch ein Grottenkick.
FAS: Könnte es sein, daß Ihr Erregungspotential bei den Bayern, Ihrem früheren Klub, höher ist als bei anderen Gegnern?
KA: Natürlich, das spielt eine Rolle. Aber was mich geärgert hat, war die Art, wie wir verloren haben. Leider ist es bei uns so, daß unsere Spieler wie paralysiert sind, wenn sie nur das Dach vom Olympiastadion sehen. Außerdem sind dieses Mal auch Dinge abgelaufen, die nicht okay waren. Der Uli Hoeneß macht in der Pause meine Spieler an, daß sie Schauspieler wären. Ein Witz! Vielleicht ist der liebe Uli schon ein bißchen zu lange bei den Bayern.
FAS: Gibt es immer noch ein Bayern-Syndrom in der Bundesliga? Erstarren manche Teams vor Ehrfurcht vor den großen Bayern?
KA: Daran hat sich nichts geändert. Das war eine Erfahrung nach meinem Weggang von den Bayern, das haben mir auch viele andere Trainer bestätigt: Immer wenn man nach München ins Olympiastadion gefahren ist, hat man, drastisch gesagt, die Hosen voll gehabt. Das ist nicht nur Respekt, sondern da ist auch Angst dabei.
FAS: Träumen Sie davon, daß Sie als Trainer mit Ihrer Mannschaft so einen Sonderstatus erreichen?
KA: Ich denke, daß wir bei Bayer Leverkusen auf einem guten Weg sind. Bayer hat ja auch schon vor meiner Zeit hier große Spiele abgeliefert. Aber der Unterschied ist: Wenn die Bayern Zweiter sind, fühlen sie sich als große Verlierer. So ein Denken brauchten wir hier auch.
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