Ball und Buchstabe
Korruption, der Misswirtschaft und der Mauschelei
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| Donnerstag, 17. Februar 2005Christian Zaschke (SZ 17.2.) hält Sepp Blatters Seitenhieb auf den Radsport für dreist: „Dass ausgerechnet Blatter inmitten des Fußball-Skandals auf den Radsport verweist – das ist mindestens erstaunlich. Falls Sie nun, liebe Radsportler, sich munitionieren wollen für eine Entgegnung, sei Ihnen dies an die Hand gegeben: Seit dem Tag seiner Wahl, dem 8. Juni 1998, begleiten Blatter Vorwürfe der Korruption, der Misswirtschaft und der Mauschelei. In jener Wahlnacht im Pariser Hotel Meridien kursierten geldgefüllte Kuverts, die insbesondere bei den afrikanischen Fifa-Delegierten landeten. Das sei so vereinbart gewesen, meinte Blatter zunächst, weil es sich um Not leidende Verbände gehandelt habe. Später wollte er davon nichts mehr wissen. Als Blatter mal einen Zeugen brauchte, der einen anderen Zeugen als korrupt bezeichnete, tauchte ein gewisser Lucien Bouchardeau aus Niger auf. Dem hatte Blatter zuvor in einem „humanitären Akt“ 25 000 Dollar von seinem Privatkonto überwiesen, und dass Bourchadeau Schiedsrichter war, sei hier wirklich nur am Rande erwähnt.“
Matti Lieske (taz 17.2.) wiegt die Bedeutung der Rüge Franz Beckenbauers: „Selbst die New York Times schlagzeilte gestern „Beckenbauer: ,Skandal schadet Deutschland‘“. Besondere Brisanz erhalten die Tiraden des obersten Fußballbewahrers der Nation dadurch, dass er mit seiner Polemik gegen die DFB-Doppelspitze direkt in den Machtkampf eingegriffen hat, der gerade im Verband tobt. Fast alle wollen dort Gerhard Mayer-Vorfelder loswerden oder seine Tätigkeit zumindest auf repräsentative Aufgaben im Rahmen der WM reduzieren. (…) Dass er im Oktober überhaupt noch einmal gewählt wurde, hatte er den in der DFL organisierten Vertretern der Profivereine zu verdanken. Vor allem diese sind nun gefordert, dem Beispiel Beckenbauers zu folgen und dem widerspenstigen Fußball-Patriarchen klar zu machen, dass es hohe Zeit ist, die Ära Mayer-Vorfelder im deutschen Fußball endgültig zu beenden.“
Mehr Ernsthaftigkeit, mehr Strenge und mehr Nachprüfbarkeit
Roland Zorn (FAZ 17.2.) befasst sich mit Sorge und Not der deutschen Schiedsrichter: „Das Leben schreibt leider andere Geschichten als im Poesiealbum der Schiedsrichter bis vor kurzem vorgesehen. Wo die Männer in Schwarz seit ewigen Zeiten scheinbar unbeeindruckt, unantastbar und sowieso unbestechlich ihres moralisch aufgeladenen Amtes walteten, macht sich heute Unsicherheit, Verzagtheit, ja Angst vor der nächsten schrecklichen Entdeckung und peinlichen Enthüllung breit. (…) Noch ist die Gruppe der aufrichtigen Schiedsrichter in Deutschland mehrheitsfähig, und das eindeutig. Die Lage ist dennoch erschreckend genug, um die größer werdende kleine Schar der Übeltäter im zu vernachlässigenden Schuldbezirk der Randgruppensünder verorten zu können. Volker Roth und alle, die in seinem Schiedsrichterausschuß guten Willens bleiben, sind nun um so dringender aufgefordert, die Charakter- und Lebensschulung der nächsten Generation an Unparteiischen mit mehr Intensität, mehr Ernsthaftigkeit, mehr Strenge und mehr Nachprüfbarkeit in Angriff zu nehmen.“
„Steckt hinterm schwarzen Schaf ein Herdentrieb“, FAZ
Affäre in der Affäre
Thomas Kistner (SZ 17.2.) kritisiert die Aufarbeitung der Krise durch die Schiedsrichterfunktionäre: „Koop wurde öffentlich vorverurteilt, ausgerechnet von denen, die das am wenigsten tun dürften. So werden die Auftritte des Schiedsrichterausschusses zur Affäre in der Affäre. (…) Der Eindruck, dass mit dem Schiedsrichterwesen einiges im Argen liegt, bestätigt sich dramatisch, wenn man die ungeklärten Vorgänge an jenem schicksalhaften 21. Januar betrachtet, als Hoyzer erstmals beim DFB zum Rapport antrat. Warum wurde er unter einem Vorwand dorthin gelockt, warum empfing ihn anstelle des Kontrollausschussleiters Hilpert ein Tribunal des Schiedsrichter-Ausschusses? Warum wurde Hoyzer von diesem Gremium zum Austritt aus dem Zuständigkeitsbereich des DFB gedrängt – und Präsident Zwanziger erst später über die ungeheuerlichen Vorgänge informiert? Ist Hoyzers Ablaufschilderung richtig, dass ihm an jenem 21. Januar ein Pressetext als Druckmittel vorgelegt wurde, der ihn des Betrugs bezichtigte – und als Alternative eine Erklärung, nach der er sich künftig ganz einem zeitintensiven Studium widmen und deshalb aus der Schiedsrichterei zurückziehen wolle – heimlich, still und leise?“
FR-Interview mit Stefan Trautmann