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Bundesliga

Ablenkungsmanöver von eigenen Schwächen

Oliver Fritsch | Montag, 21. Februar 2005 Kommentare deaktiviert für Ablenkungsmanöver von eigenen Schwächen

Volker Finke vermutet hinter den Schiedsrichterentscheidungen für Bochum eine Art Wiedergutmachung; Roland Zorn (FAZ 21.2.) bestreitet das: „Die führende Klasse des deutschen Fußballs hat eine Saisonphase erreicht, in der mit allerlei Psychospielchen der Gegner eingeschüchtert oder der Schiedsrichter milde gestimmt werden soll. Daß der VfL Bochum das seiner Meinung nach schreiende Unrecht, das diesem redlichen Klub angetan worden sei, Szene für Szene auf der vereinseigenen Website beschrieben hat, ist allerdings bizarr. So werden die alten Rollenklischees bedient – nach dem Motto: Die Großen bekommen alles geschenkt, die Kleinen dagegen nichts außer Mitleid. Daß sich die Schiedsrichter von solchen Behauptungen beeinflussen ließen, ist bis heute nicht erwiesen – so wie auch der angebliche Bonus des FC Bayern München in Streitfällen oft genug eher dazu dient, eigene Niederlagen schöner zu reden als die objektive Wirklichkeit zu beschreiben. Doch an der Masche vom benachteiligten Kellerkind wird, seit es die Bundesliga gibt, eifrig gestrickt. (…) An einem Tag, da die vom Hoyzer-Skandal gebeutelten Schiedsrichter endlich wieder alte Klasse bewiesen, wirkten die Nachreden der Trainer wie Ablenkungsmanöver von eigenen Schwächen.“

Knut Kircher konnte gar nicht anders

Christoph Biermann (SZ 21.2.) hingegen stimmt Finke zu: „Durch seine so lauten wie berechtigten Klagen hatte Bochums Trainer ein lauwarmes Planschbecken für Fehlentscheidungen angerichtet. An den Wochenenden zuvor waren dem VfL Bochum nämlich in Dortmund und gegen Bielefeld je ein Tor zu Unrecht aberkannt und ein Elfmeter verweigert worden; zwölf Punkte im Laufe der gesamten Saison, so hatte der Coach vorgerechnet, würden dem VfL Bochum aufgrund von Fehlern der Refeeres fehlen. So konnte Schiedsrichter Knut Kircher irgendwie gar nicht anders, als das Stolpern von Trojan durch ein Foul verursacht zu sehen und entschied auf Elfmeter.“

Christoph Schurian (taz 21.2.) ergänzt: “Tatsächlich war dem Ruhrpottspiel im winterlichen Schauerwetter eine selten parteiische Medienwoche vorausgegangen, in der auch die Bild-Zeitung die angeblich chronisch benachteiligten Bochumer unterstützte. Als ob Fußballspiele nicht von Zufällen und Tatsachenentscheidungen geprägt werden, sondern sich wie eine Rechenaufgabe summieren, kursieren dazu „wahre“, sprich: von Fehlentscheidungen bereinigte Tabellen.“

Diskutieren Sie in der Südkurve über die Frage: Hat Volker Finke recht? Hat derjenige, der am lautesten für seine Interessen trommelt, die Gunst der Schiedsrichter auf seiner Seite?

Zurück bleibt ein aufrichtiger Klub

Andreas Burkert (SZ 21.2.) bedauert den voraussichtlichen Abstieg Hansa Rostocks: “Rostocks Profis sind halt auch nur Fußballer, sie verstehen kaum, was der FC Hansa den Menschen zwischen Erfurt und Warnemünde bedeutet. Sie stammen ja nicht von dort. Im Sommer ziehen die meisten weiter, und zurück bleibt ein aufrichtiger Klub, der ein Jahrzehnt lang dem Abschwung Ost trotzte und Hoffnung gab. Gescheitert ist Hansa wohl am ewigen Glauben an die kostengünstigen ArvidssonPerssonMöhrlesson, ihr Glaube war lange so verlässlich wie die Rückkehr der Wellen. Wenigstens Schulden hat dieser ehrenwerte Irrtum nicht produziert.“

Blümchenwelt ade

Ronny Blaschke (BLZ 21.2.) wirft ein: „Die Bundesliga-Ära wird nach zehn Jahren also vorerst zu Ende gehen, daran zweifelt niemand mehr. Dass dies schon im Februar so gut wie feststeht, bringt den FC Hansa in Bedrängnis. Das Image des besonnenen, fast schüchternen Vereins, das über Jahre aufgebaut wurde, droht in wenigen Wochen zu zerfallen. Jene Leitmotive, die Harmonie, das Familiäre, sind vorübergehend außer Kraft gesetzt, es gibt: Unstimmigkeiten zwischen Vorstand und Aufsichtsrat; abstruse Verschwörungstheorien gegen den DFB; Spieler wie Marcus Lantz und Thomas Rasmussen, die sich während des Trainings an die Gurgel gehen; oder wie Razundara Tjikuzu, der sich unter der Woche betrinkt, das Training schwänzt und fristlos entlassen wird. All das hatte es jahrelang nicht gegeben, die Blümchenwelt drehte sich blendend.“

Niveau eines laschen Trainingspartners

Elisabeth Schlammerl (FAZ 21.2.) erschrickt über die Leistung Borussia Dortmunds beim 0:5 in München: „Der ehemalige Champions-League-Sieger war nicht einmal ein richtiger Gegner. Die Westfalen erreichten gerade einmal das Niveau eines laschen Trainingspartners. Die desolate spielerische Vorstellung paßte zum Gesamtbild, das der Verein in diesen Tagen abgegeben hat.“

German Wings

In Dortmund verzichtet man, wie wir von Heinz-Wilhelm Bertram (BLZ 21.2.) erfahren, auf Mahlzeiten in 10000 Metern Höhe: „Sie sparen beim BVB, neuerdings sogar an sich selbst. Erst am Spieltag war Reinhard Rauball zusammen mit Michael Meier in München eingeflogen, und zwar mit dem Billig-Anbieter German Wings. Immerhin, ein Mitreisender wusste zu berichten, dass es noch für die Business Class gereicht hatte, „sie saßen sogar in Reihe eins, auf Platz eins und zwei“. Auf dem sportlichen Sektor reicht es dagegen nur noch zu Platz zwölf.“

Fertigung von Toren in industriellen Mengen

„Weil bei Werder egal ist, wer spielt, träumen die Bremer von drei Titeln“, stellt Javier Cáceres (SZ 21.2.) nach dem 4:1 in Hannover fest: „Dass Werder einst neun Punkte Rückstand auf den Tabellenführer hatte, liegt gefühlt länger zurück als Bremens Hanse-Beitritt. Dafür rückt deutschlandweit ins öffentliche Bewusstsein, dass Werder bei wieder solider Abwehrarbeit mit 49 Treffern aus 22 Spielen in der Sparte Fertigung von Toren in industriellen Mengen wieder führend ist.“

Humorlos

Die Mainzer ändern Strategie und Stimmung – Roland Zorn (FAZ 21.2.): „Es galt, positiv zu denken, optimistisch zu bleiben – und das alles ohne den Pappnasenplunder, der sonst zum schmückenden Beiwerk der Mainzer Fußballfassenachtsaufführungen gehört. Diesmal rannten, grätschten, preßten und foulten die Mainzer völlig humorlos im Sinn ihrer harten Survivalstrategie. Und auch das Publikum war längst nicht mehr so freundlich wie sonst gegenüber manchem Stadionbesucher.“

Teamarbeit im Vordergrund

Christian Görtzen (FAZ 21.2.) deutet Hamburger Signale: „Der Hamburger Tanzkreis ist mehr als nur der Ausdruck zurückgewonnener Freude, er dient auch als Gruß an die Konkurrenz. Hier ist eine Mannschaft auf dem Vormarsch, die den strapazierten Begriff von elf und noch mehr Freunden alles andere als altmodisch findet. Mittendrin im Ring, mit einem breiten Lachen auf den Lippen, zeigt auch Thomas Doll, der Drehbuchautor der Hamburger Erfolgsstory, was er mal in der Tanzschule gelernt hat. Während beim VfL Bochum in dessen erfolgreichen Tagen nur Trainer Peter Neururer dem Publikum seine Schritte präsentierte, steht beim HSV auch nach dem eigentlichen Dienstschluß die Teamarbeit im Vordergrund. Gemessen an der Leistung in den neunzig Minuten zuvor, wäre ein verstohlener Gruß an die Fans allerdings angemessener gewesen, denn für einen Freudentanz war sie eigentlich zu dürftig. Nur mit viel Glück hatte es gegen eine couragiert auftretende Kaiserslauterer Elf gereicht.“

Trainerstimmen zum 22. Spieltag, sueddeutsche.de

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