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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Interview

Die Journalisten brauchen mich mehr als ich sie

Oliver Fritsch | Montag, 7. März 2005 Kommentare deaktiviert für Die Journalisten brauchen mich mehr als ich sie

Sergej Barbarez mit Frank Heike (FAS 6.3.)
FAS: In Hamburg pendelten Sie als einziger wirklicher Star jahrelang zwischen Held und Versager. Wie halten Sie das aus?
SB: Meine engsten Freunde und die Familie haben nichts mit Fußball zu tun, das ist schon mal wichtig, um auf andere Gedanken zu kommen. Außerdem kommt mit der Zeit die Erfahrung, nicht mehr jeden Tag in die Zeitung zu gucken. Mit den Journalisten muß man zusammenarbeiten. Ich bin ein Typ, der sich merkt, was sie schreiben, ich habe meine Einschätzung über diese Personen. Die Journalisten brauchen mich mehr als ich sie. Ich muß mit 32 Jahren nicht jeden Tag in der Zeitung stehen. Das brauche ich nicht mehr.
FAS: Sie haben einige Kollegen boykottiert.
SB: Ja, die Bild-Zeitung. Ich habe ein Jahr lang nicht mit ihnen gesprochen. Ich weiß, daß ich diesen Krieg nicht gewinnen kann. Aber ich habe dadurch viel Respekt gewonnen. Viele sehen mich anders seitdem, auch in der Mannschaft.
FAS: Wie konnte das gehen? Die Bild-Zeitung ist doch bei jedem Training.
SB: Ich bin einfach an ihnen vorbeigegangen. Mit anderen habe ich gesprochen, sie haben zugehört und abgeschrieben. Aber damit kann sich eine Zeitung wie die Bild natürlich nicht zufriedengeben. Das war ein Problem für sie. Es sollte sogar ein Gipfeltreffen stattfinden, das habe ich aber auch abgelehnt. Dann haben wir irgendwann wieder gesprochen, und es war wieder okay. (…) Es gab eine Homestory, das war noch bei Union Berlin, 1995. Vor zwei Jahren hat die Sportbild die Bilder gedruckt, weil sie keine neuen hatten. (…)
FAS: Sie haben gesagt, Gefühle spielten keine Rolle mehr im großen Geschäft mit der Bundesliga.
SB: Es wird jedes Jahr schlimmer. Fußball ist eine reine Geldmaschinerie geworden. Die menschliche Seite spielt keine Rolle mehr. Alle nehmen sich wichtig, auf dem Feld und außerhalb. Ich habe irgendwann kapiert, worum es geht: Du mußt Erfolg haben, um beliebt zu sein. Den Fans ist es egal, was in den Hotels vor den Spielen passiert oder in der Kabine oder ob du zwei Jahre Tabletten gegen Schmerzen nimmst, um zu spielen. Es zählt wirklich nur das Ergebnis.
FAS: Welche Rolle spielen die Medien?
SB: Ich sehe es jedes Jahr, wie die jungen Spieler Probleme haben, wenn die ersten negativen Schlagzeilen kommen. Dann bricht bei ihnen eine Welt zusammen. Ich sehe morgens, wenn sie in die Kabine kommen, sofort in ihren Gesichtern, was in der Zeitung über sie stand. Ich selbst habe erst in meiner Dortmunder Zeit negative Schlagzeilen produziert. Durch diese Erfahrung habe ich die andere Seite des Fußballs erlebt.

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