Bundesliga
Ansammlung von Durchschnittsspielern
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| Montag, 7. März 2005Stefan Hermanns (Tsp 7.3.) befasst sich mit der Lage in Freiburg: „Dass sich die Wut vor allem gegen den Trainer richtet, liegt daran, dass Finke mehr ist als eine Symbolfigur. Das System Finke sieht keine Stars vor – außer Finke selbst. Die Mannschaft ist eine Ansammlung von Durchschnittsspielern, aus denen der Trainer in guten Jahren ein überdurchschnittlich funktionierendes Kollektiv geformt hat. Dauerhafter Fortschritt ist nicht zu erkennen. Guten Jahren folgen schlechte, und Finke verteidigt die Schwankungen mit den nachteiligen Rahmenbedingungen in Freiburg. Der SC positioniert sich daher als Ausbildungsverein, doch der Philosophie des Cheftrainers folgend reproduziert diese Ausbildung immer nur neuen Durchschnitt. Nie hatten junge Spieler in Deutschland größere Chancen in die Nationalmannschaft zu kommen als jetzt unter Jürgen Klinsmann. Vom SC Freiburg aber ist noch keiner dabei gewesen.“
Stillstand
Uwe Marx (FAZ 7.3.) ergänzt: „Wie es um den Sportclub Freiburg bestellt ist, in guten wie in schlechten Zeiten, war früher einmal in einem Satz zusammenzufassen: Alle Macht geht vom Volker aus. Von Volker Finke, dem Architekten, Baumeister und Verwalter des Bundesligastandorts im Breisgau. Inzwischen muß das vereinspolitische Kurzmanifest um einen Zusatz ergänzt werden: Auch alle Ohnmacht geht vom Volker aus. Finke ist angeschlagen, er hat die Saison innerlich abgehakt. (…) Bei dem ausgewiesenen Ausbildungsverein herrscht seit langem Stillstand. Eine erschreckend lange Reihe junger Spieler hat sich hier nicht weiterentwickelt. Andere mußten gehen, weil der Trainer sie für nicht gut genug befand. Einer, der Abschied nehmen mußte, war der jetzige Mainzer Fabian Gerber, der neben seinem Treffer den Elfmeter herausholte. Aber nicht nur die Spieler, auch das Freiburger Spiel verharrt im Mittelmaß. Schon in der vergangenen Saison schaffte der SC ohne einen einzigen Auswärtssieg den Klassenverbleib – ein bemerkenswertes Zeichen von Schwäche für Verein und Liga. Die fehlende Klasse hat Tradition. Freiburg ist im Grunde seit anderthalb Jahren nicht mehr bundesligareif.“
Finke darf absteigen, solange er in Würde absteigt
Christian Zaschke (SZ 7.3.) richtet den Blick auf die Freiburger Zukunft: „Immer sind die Freiburger zurückgekehrt, und immer haben sie mit ihrer Art des Fußballspiels viele Freunde gewonnen. Im Kern der von Finke erschaffenen Struktur sitzt er selbst, das wurde im Klub und in dessen Umfeld so akzeptiert. Grundlage dieser Akzeptanz ist ein unbedingtes Vertrauen zu Finke, das davon ausgeht: Wenn er mit der Mannschaft absteigt, dann stiege auch jeder andere mit der Mannschaft ab – und nur er steigt mit der Mannschaft wieder auf. Zumindest bei einigen Fans ist dieses Vertrauen erschüttert, was daran liegen mag, wie Freiburg in dieser Saison auftritt. (…) Finke genießt eine einzigartige Freiheit: Er darf absteigen, solange er in Würde absteigt.“
Die FR (7.3.) schildert die Höhepunkte des Spitzenspiels zwischen Bayern und Bremen: „Für Verwirrung und Belustigung sorgte beim Münchner Gähn-Gipfel der vierte Schiedsrichter. Jochen Drees unterlief ein Wechselfehler, der auf den Rängen für Heiterkeit und auf dem Platz für Verwirrung sorgte: Als Felix Magath Paolo Guerrero aufs Spielfeld schicken wollte, leuchtete auf Drees‘ Anzeigetafel die Nummer 22 für den auszuwechselnden Spieler auf. Die 22 hat bei Bayern Ersatztorhüter Michael Rensing, doch der saß – in eine Decke gehüllt – auf der Bank. Co-Trainer Seppo Eichkorn eilte Drees zur Hilfe und beorderte Claudio Pizarro, den 14er, vom Spielfeld.“
Wüst und hart
Klaus Hoeltzenbein (SZ 7.3.) rümpft de Nase: „Kurz vor Abpfiff war’s, da fiel der FC Bayern zurück in die Prähistorie des Fußballs. In jene graue Vorzeit, als Fußball noch kein komplexes Spiel war mit Finten, Fallrückziehern und einem Kurzpassspiel in Schallgeschwindigkeit. In der einfach nur wüst und hart nach allem getreten wurde, gegen das sich treten ließ, wie von Asterix und seinen Galliern nach dem Steiß der Römer. Und wie es Oliver Kahn vollzog, als er den Ball hoch und weit in den Winterhimmel drosch. Oft schon haben die Münchner Bayern mit diesem schnörkellosem Hauruck einen Erfolg begründet, allein vier Champions-League-Tore folgten unmittelbar auf einen solchen Monster-Abschlag des Torwarts des FC Bayern. Kein Klub der Welt versteht sich besser auf diese simple Form der Attacke. (…) Freunde der Ästhetik kommen in dieser Kultur der „Arbeitssiege“ (Magath) eindeutig zu kurz.“
Unterkühlte Auseinandersetzung zweier Spitzenteams ohne Spielfreude
Roland Zorn (FAZ 7.3.) hat mit 61000 Zuschauern neunzig Minuten gefroren: „Von der großen Revanche für die 1:3-Niederlage am 8. Mai 2004, nach der Werder seine vierte deutsche Meisterschaft ausgerechnet im Olympiastadion feiern konnte, war nur vorher die Rede gewesen. Das war damals, zumindest aus Bremer Sicht, ein Feiertag; diesmal herrschte nichts als angespannte Alltagsatmosphäre in der winterlichen Arena. Als einige Zuschauer per Schneeballweitwurf ihr Mütchen an den Bremern kühlen wollten, wurden sie vom Stadionsprecher sofort zurückgepfiffen. Prompt kehrte die emotional unterkühlte Auseinandersetzung zweier Spitzenteams ohne erkennbare Spielfreude zurück in das klinische Klima, das diese Partie von Beginn an überlagert hatte.“
Glück, Wille, Lust – all diese Zutaten sind zurückgekehrt
Ronny Blaschke (BLZ 7.3.) erkennt Hansa Rostock nicht wieder: „Und sie wehren sich doch. Es geht aufwärts für Hansa, nicht nur in der Tabelle, auch spielerisch bot der Auftritt eine Umkehr aller Trends. Das Glück, nach dem die Rostocker so lange vergeblich gefahndet hatten, der Wille, die Lust, all diese Zutaten sind zurückgekehrt. Warum? Das wussten die Rostocker selbst nicht zu erklären. Die Leistung barg nach Monaten der Depression den gleichen Überraschungseffekt wie Schneefall in der Sahara. Rade Prica küsste nach dem Spiel das Wappen an seinem Trikot, die Fans feierten den Sieg wie den Klassenerhalt, in ihrem Internetforum hofieren sie ihn als Fußballgott. Vor Wochen wurde er noch wüst beschimpft. Mittlerweile verkörpert er die Rostocker Hoffnung. Obwohl sie wohl zu spät kommt.“
Sieger des Tages: wieder einmal Thomas Doll
Ein geglückter Torwartwechsel in Hamburg – Frank Heike (FAZ 7.3.): „Ruhe ausstrahlen, das kann Stefan Wächter ohnehin besser als der zappelige, oft übermotivierte Martin Pieckenhagen. Den hatte er wegen dessen Kreuzbandriß im Jahr 2003 abgelöst, als ein Niemand, der solide hielt. Mehr nicht. Es gab zu Saisonbeginn keinen Grund zu wechseln, wäre da nicht Pieckenhagens besondere Stellung in der Mannschaft als respektierter und wortgewaltiger Profi gewesen. Über eine großartige Lobby verfügte Wächter nicht beim HSV. Es mußte erst der nur nach Leistungsprinzipien aufstellende Doll kommen, bis Wächter wieder eine Chance erhielt. So war nicht Wächter der Sieger des Tages oder der Torschütze Daniel van Buyten, sondern wieder einmal Thomas Doll.“
Selbst der Fromme kann der Versuchung erliegen
Martin Hägele (SZ 7.3.) schildert den Seelenkonflikt Cacaus, der ein Tor erzielt, obwohl ein Gegenspieler verltzt am Boden liegt: „„Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach“ gehört zu den wichtigsten Losungen in der Bibel. Weshalb dieser Spruch im Neuen Testament auch doppelt hervorgehoben wird, sowohl Matthäus als auch Markus wussten, dass selbst der Fromme der Versuchung erliegen kann. Claudemir Jeronimo Barreto, der mit Künstlernamen Cacau heißt, gehört zu den bekennenden Christen, und er möchte in seinem zweiten Leben Pastor werden, wie der Brasilianer diese Woche einer Sport-Zeitschrift anvertraut hat. Auf die berufliche Herausforderung („Ich will fair sein, nie betrügen, und meine Tore widme ich Jesus Christus“) bereitet sich der 23-jährige Torjäger noch auf der Fahrt ins Stadion mit seiner portugisischen Biblia de Estudo em Cores vor, absatzweise und nach Themen hat er dort Stellen eingefärbt, aus denen er sich den Leitspruch für die entsprechende Partie aussucht. (…) Cacau schämte sich wirklich, und mit seiner – glaubwürdig vorgetragenen – Reue wird er dann doch wieder zu einem Beispiel für Fairplay.“
Bielefällt
Eine Randnotiz von Hans-Joachim Leyenberg (FAZ 7.3.): „Zur Halbzeitpause hatten sich jene Herrschaften, die die Anzeigetafel bedienen, noch die sinnige Formulierung „Bielefällt“ einfallen lassen. Ein Wunsch, der just in Erfüllung ging, als Pinto darniederlag und das Gros der Spieler damit rechnete, daß der Ball ins Seitenaus befördert werde. So wie es nun mal Usus ist.“